Donnerstag, Januar 23

Die Biden-Regierung bekämpfte mit umfassenden DEI-Programmen den systematischen Rassismus und andere soziale Ungerechtigkeiten. Donald Trump räumt nun auch damit auf: Er beurlaubte die zuständigen Beamten.

Im Wahlkampf hat Donald Trump versprochen, der «wokeness», der «linken Indoktrination» und dem «Gender-Wahnsinn» ein Ende zu setzen. Nun lässt er diesen Worten Taten folgen. Mit einer Verordnung erklärte er am Montag Joe Bidens Programme zur Förderung der «Diversität, Chancengleichheit und Inklusion» (Diversity, Equity and Inclusion, DEI) für «illegal». Jedes Jahr seien Milliarden für DEI ausgegeben worden. «Aber anstatt Vorurteile zu reduzieren und die Inklusion zu fördern, verstärkt DEI eine feindselige Voreingenommenheit und zwischenmenschliche Konflikte», heisst es in einer Erklärung. In einem zweiten Dekret hielt Trump fest, dass seine Verwaltung aufgrund der «biologischen Wahrheit» nur zwei Geschlechter anerkennt: ein männliches und ein weibliches.

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Am Dienstag wies Trumps Regierung sämtliche Behörden an, ihre DEI-Büros zu schliessen, die für die Initiativen zuständigen Beamten in den bezahlten Urlaub zu schicken und sämtliche DEI-Inhalte von ihren Websites zu entfernen. Zudem sollten sie bis zum Freitag einen Plan für Entlassungen in diesem Bereich vorlegen.

Getrieben von der Antirassismus-Bewegung

Überraschend ist dieses Vorgehen nicht. Trump unterzeichnete am Ende seiner ersten Amtszeit im September 2020 bereits eine Verordnung, die der DEI-Bewegung im Grunde eine zunehmende Radikalisierung vorwarf. Unter anderem verstärke ihre Ideologie das Vorurteil, dass Weisse unverbesserliche Rassisten und Unterdrücker seien. Anstatt Diskriminierungen zu verhindern, würden Ausbildungsseminare zur Förderung der Diversität und Inklusion damit selbst zur Diskriminierung beitragen.

Nachdem der Afroamerikaner George Floyd im Mai 2020 unter dem Knie eines weissen Polizisten erstickt war, entstand in den USA eine breite Antirassismus-Bewegung. DEI-Initiativen existierten in Amerika zu diesem Zeitpunkt seit Jahrzehnten. Das von Präsident Lyndon Johnson 1964 unterzeichnete Bürgerrechtsgesetz verbot die Diskriminierung aufgrund der Hautfarbe, des Geschlechts oder der Religion einer Person. Doch der Mord an Floyd verstärkte den Eindruck, dass die schwarze Bürgerrechtsbewegung der sechziger Jahre nicht viel erreicht hat. Dazu trug auch Trumps Regierung bei, die überwiegend aus weissen Männern bestand.

Auf der Welle dieser Antirassismus-Bewegung wurde Joe Biden 2020 ins Weisse Haus gewählt. Bereits im Wahlkampf versprach er, bei einer Vakanz eine schwarze Frau für den Supreme Court zu nominieren. Mit Kamala Harris nahm er sich eine dunkelhäutige Frau als Vizepräsidentin zur Seite. Und mit der stellvertretenden Gesundheitsministerin Rachel Levine bekleidete erstmals eine Transgender-Frau ein solch hohes Regierungsamt. Biden machte es zu seiner Priorität, das bunteste Kabinett der amerikanischen Geschichte zu formen.

Die erste Verordnung, die Biden vor vier Jahren unterzeichnete, war die «Executive Order 13985». Die Verordnung beklagte die «unerträglichen Kosten des systematischen Rassismus». Und sie machte es zur Verantwortung der Regierung, in all ihrem Tun für soziale Gerechtigkeit und Fairness zu sorgen – nicht nur gegenüber dunkelhäutigen Menschen, sondern auch allen anderen «historisch unterversorgten, marginalisierten und durch andauernde Armut und Ungleichheit negativ betroffene» Personen oder Gemeinschaften.

Zu den benachteiligten Gesellschaftsgruppen zählte die Verordnung indes nicht nur dunkelhäutige und andere nichtweisse Personen, sondern etwa auch Transgender-Personen, Homosexuelle, Behinderte oder in ländlichen Gebieten lebende Menschen. Bidens Regierung beauftragte alle Bundesbehörden damit, mögliche Barrieren und Programme zu identifizieren, welche die Chancengleichheit und Fairness behindern. Zugleich verlangte sie die Entwicklung einer Methode, wie «Equity» überhaupt gemessen werden kann. Und sie verlangte, bei den Staatsausgaben nach Möglichkeiten zu suchen, um die Fairness zu fördern und «historische Fehler» auszumerzen.

Ein Diversity Officer für jede Behörde

Im Juni 2021 unterzeichnete Biden eine weitere Verordnung, um DEI auch innerhalb der Bundesverwaltung zu fördern. Sie verpflichtete jede Behörde dazu, einen CDO – Chief Diversity Officer – einzusetzen. Unter anderem wurden die Verwaltungsstellen dazu angehalten, engere Partnerschaften mit historisch afroamerikanisch geprägten Universitäten einzugehen, um vermehrt Personal von dort zu rekrutieren. Zudem mussten die einzelnen Departemente über ihre DEI-Fortschritte berichten und dazu auch die notwendigen Daten erheben. Auch die formulierten Ziele erscheinen dabei sehr divers: In einem Bericht von 2022 werden etwa die Förderung einer gendergerechten Sprache, der Zugang von Transgender-Personen zu medizinischen Therapien oder die vermehrte Beschäftigung von früheren Häftlingen genannt.

Während einige Vorgaben durchaus sinnvoll erscheinen, sind andere umstritten. Die DEI-Richtlinien unter Biden beeinflussten etwa auch die Vergabe von Covid-Hilfsgeldern. So klagten 2021 weisse Bauern dagegen, dass Washington 4 Milliarden Dollar ausgeben wollte, um die Schulden von «sozial benachteiligten», nichtweissen Bauern zu begleichen. Sie fühlten sich diskriminiert und waren vor Gericht damit erfolgreich. Oft sind die Initiativen zudem teuer und ihr Nutzen schwer zu messen: Gemäss der konservativen Organisation «Parents Defending Education» hatte Bidens Bildungsministerium in den vergangenen vier Jahren rund eine Milliarde Dollar für DEI-Initiativen ausgegeben.

Trumps Regierung verspricht nun, sich bei der Anstellung von Mitarbeitern, Beförderungen oder der Vergabe von Staatsaufträgen allein auf das Leistungsprinzip zu stützen. Es gehe darum, zu amerikanischen Werten wie der «individuellen Würde, harter Arbeit und Exzellenz» zurückzukehren.

Die Wähler scheint Trump damit auf seiner Seite zu haben. Biden wollte mit seiner Politik benachteiligten Minderheiten etwas Gutes tun. Doch seine Wählerbasis schätzte dies offenbar nicht besonders. Afroamerikaner und Latinos stimmten im November zwar immer noch mehrheitlich für die Demokraten und ihre Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris. Aber Trump steigerte seine Stimmenanteile bei diesen Wählergruppen markant.

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