Montag, November 17

Donald Trump hat im Wahlkampf viel versprochen. Davon wird er nur einen Teil umsetzen können. Die Extreme werden durch die Realpolitik geglättet werden.

Donald Trump hat seit seinem klaren Wahlsieg vor drei Wochen keine Zeit verschwendet. Bereits steht sein Wunschkabinett weitgehend fest. Und Trump nimmt mit aggressiven Ankündigungen bereits Einfluss auf die amerikanische Aussen- und Zollpolitik. Doch auch ein triumphierender Wahlsieger Donald Trump wird nicht alles erreichen können, was er in seinem Wahlkampf versprochen hatte.

Zum einen hat er sich – wie jeder Politiker – dabei tief in Widersprüche verstrickt, die eine Umsetzung aller Ziele unmöglich machen. Zum anderen war sein Wahlsieg zwar beeindruckend breit über fast alle Swing States verteilt. Aber er war zugleich knapper, als seine selbstbewusste Rhetorik vermuten liesse. Die neuesten Daten zeigen landesweit den Gewinn von maximal nur knapp der Hälfte der Stimmen an. Der Vorsprung auf die demokratische Kandidatin Kamala Harris war mit rund 1,6 Prozentpunkten deutlich knapper als bei Bidens Sieg 2020. Damals betrug er das Dreifache. Trump kann nicht auf einer Welle der Popularität reiten, die ihn gegen alle Widerstände des politischen Alltags Washingtons tragen würde.

Kulturkampf und Machtpolitik

Trumps Nominationen für sein Kabinett geben einige Hinweise, dass er sich dessen durchaus bewusst sein dürfte. Bisher haben vor allem seine unorthodoxen Kandidaten Schlagzeilen gemacht, die geringe Sachkompetenz für das vorgeschlagene Amt, extreme politische Ansichten oder beides zusammen auf sich vereinen. Diese Personen sollen überwiegend Ämter oder Ministerien führen, welche im amerikanischen Kulturkampf exponiert sind und nun entsprechend geprägt werden sollen.

Dazu gehört das Bildungsministerium, dessen Abschaffung Trump im Wahlkampf angekündigt hatte. Er begründet dies mit dem Subsidiaritätsprinzip, manche seiner Anhänger streben damit eine Beeinflussung der Bildungspolitik im Sinne religiöser oder ideologischer Ziele an. Oder das Verteidigungsministerium, das vom nominierten TV-Moderator Pete Hegseth von allen Spuren einer angeblich woken Gesinnung gesäubert werden soll.

Oder es geht um Positionen, welche die Macht Trumps festigen und den politischen Gegner schwächen sollen. Dazu gehört das Justizministerium, welches die loyale frühere Justizministerin in Florida, Pam Bondi, zusammen mit ehemaligen Anwälten Trumps von einer angeblichen Politisierung durch die Demokraten befreien soll. Oder die einflussreiche Position der Geheimdienstkoordinatorin, die mit der opportunistischen Russland-Freundin Tulsi Gabbard besetzt werden soll. Sie soll die amerikanischen Geheimdienste überwachen, denen Trump aus persönlichen Gründen zutiefst misstraut.

Das sind alles Posten und Ziele, welche eingefleischten Trumpisten, aber nicht einer Mehrheit der Wähler wichtig sind. Der Hauptgrund für Trumps Sieg war nicht der Kulturkampf oder der Machtkampf mit der Justiz. Trumps Sieg war in erster Linie der hohen Inflation und der enormen irregulären Einwanderung der letzten Jahre zu verdanken. Die schmerzliche Erfahrung des Kaufkraftverlusts trieb die Wähler in Scharen in die Arme der Republikaner. Da konnte die demokratische Kandidatin Kamala Harris noch so optimistische Wahlkampfauftritte veranstalten, den Makel der Geldentwertung wurde sie nie los.

Die Wirtschaft hat Priorität

Dass Trump mit seiner Zollpolitik und hohen Haushaltdefiziten eine die Preise noch viel stärker in die Höhe treibende Politik versprach als Harris, schien die Wähler nicht zu stören – sie trauten ihm dennoch den vorteilhafteren Einfluss auf ihr Portemonnaie zu. Wird Trump seine schädlichen Versprechungen voll durchziehen? Einiges spricht dagegen. Zwar hat er mit Handelsminister Howard Lutnick einen loyalen Anhänger seiner Zollpolitik nominiert. Doch er stellt ihm mit Scott Bessent einen erfahrenen Manager von der Wall Street für das mächtigere Finanzministerium gegenüber. Beide wissen, wie problematisch hohe Zölle sind.

Ein wichtiges und populäres Wahlversprechen Trumps ist die Eindämmung der illegalen Einwanderung. Mit Tom Homan hat er zu diesem Zweck einen kampferprobten Loyalisten und Hardliner zum Beauftragten für Grenzfragen nominiert. Wie Trumps jüngste Drohungen gegenüber Kanada und Mexiko deutlich machen, soll auch die Handelspolitik in den Dienst dieses Ziels gestellt werden. Doch die wirtschaftlichen Realitäten dürften den Spielraum stark einengen.

Die faktische Kündigung des Freihandelsabkommens mit den zwei wichtigsten Handelspartnern hätte enorme negative Auswirkungen auf amerikanische Arbeitsplätze, Einkommen und die Geldwertstabilität. Dasselbe gilt für die von Trump versprochene massenhafte Ausweisung von Millionen illegaler Aufenthalter, die in vielen amerikanischen Branchen und Regionen dringend benötigt werden. Mit Marco Rubio hat Trump zudem einen erfahrenen und angesehenen Politiker für den Posten des Aussenministers nominiert. Er dürfte von Trumps Powerplay strapazierte Beziehungen zu wichtigen Partnern wieder zu glätten suchen.

Kulturkampf und Wirtschaft werden die Prioritäten Trumps für seine zweite Präsidentschaft sein. Ersteres dient der Befriedigung seiner loyalsten Anhänger, wird insgesamt aber eher wenig Schaden anrichten. Letzteres wird Priorität haben – und weitaus wichtiger für die USA sein.

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