Donnerstag, Januar 23

Die hohen Börsengewinne machen die Investoren-Legende Jim Rogers immer skeptischer. Er hat seine Aktien weitgehend verkauft und setzt auf Gold, Silber und Rohstoffe. Von Bitcoin und Co. hält er wenig.

Die Aktienbörsen sind im Höhenrausch. Der amerikanische Standardwerte-Index S&P 500 hat im vergangenen Jahr 23 Prozent an Wert gewonnen, der deutsche DAX und der japanische Nikkei jeweils rund 19 Prozent und der chinesische CSI-300-Index knapp 15 Prozent. Viele Börsen sind auch stark ins neue Jahr gestartet.

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Für den legendären US-Hedge-Fund-Investor Jim Rogers sind die starken Kursgewinne ein Warnsignal. Er rechnet mit einer schweren Rezession in den USA und einem erneuten Comeback der Inflation. «Wir waren Zeugen des historisch längsten Aufschwungs in den USA, dieser dürfte nun zu einem Ende kommen», sagt er.

Rezession der US-Wirtschaft befürchtet

Wie die Geschichte oft gezeigt habe, folgten auf lange Aufschwungsphasen zumeist schwere Rezessionen. Das US-Bruttoinlandprodukt (BIP) wachse bereits durchgehend seit 2009, wenn man vom kurzen Abschwung während der Covid-Pandemie absehe. «Die US-Wirtschaft ist zu lange ohne Rezession geblieben.» Der wirtschaftliche Abschwung dürfte aus Rogers’ Sicht letztlich die ganze Welt erfassen.

Mit seiner Warnung vor einem scharfen Abschwung der US-Wirtschaft steht Rogers derzeit ziemlich alleine da. Nach dem starken Wachstum der US-Wirtschaft in den vergangenen Jahren gehen viele Ökonomen von einer Fortsetzung aus. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat am Freitag mitgeteilt, die amerikanische Wirtschaft dürfte unter Präsident Donald Trump in diesem Jahr mit 2,7 Prozent wachsen – und damit 0,5 Prozentpunkte mehr als bisher angenommen.

«Kursrückgang an der Börse ist überfällig»

Der 82-jährige Rogers warnt auch seit Jahren vor einer starken Korrektur am Aktienmarkt – abgesehen von dem Rücksetzer im Jahr 2022 ist diese ebenfalls ausgeblieben. «Bullenmärkte an der Börse dauern oft länger, als man erwartet», sagt er dazu. An der Börse sei es seit dem Jahr 2009 mehr oder minder kontinuierlich nach oben gegangen. Nun sei ein deutlicher Kursrückgang an den Aktienbörsen überfällig.

Er jedenfalls habe seine Aktienanlagen in den meisten Märkten weltweit verkauft, darunter auch in den USA. Nun warte er auf niedrigere Einstiegskurse, sagt der Börsenexperte, der 1970 zusammen mit George Soros den Hedge-Fund Quantum Fund gegründet und schon in jungen Jahren ein Vermögen gemacht hat.

Hohe Gewinne der US-Technologieaktien als Warnsignal

Rogers sieht mehrere Hinweise dafür, dass der Aktien-Boom nun zu Ende gehen könnte. Seiner Erfahrung nach steigen in guten Börsen-Zeiten viele Anleger ein, und eine gewisse Sorglosigkeit macht sich breit, die sich anschliessend rächt.

Als Warnzeichen sieht Rogers die massiven Kursgewinne der US-Technologieaktien, insbesondere der sogenannten «Magnificent Seven». Dazu gehören die Tech-Konzerne Apple, Nvidia, Microsoft, Amazon, die Google-Mutter Alphabet, der Facebook-Konzern Meta sowie Tesla. «Die Bewertungen der Big-Tech-Aktien sind sehr hoch», sagt Rogers. Es werde für die Tech-Unternehmen zunehmend schwieriger, schnell genug zu wachsen, um solche Bewertungen zu rechtfertigen.

Zudem sei es nicht gesund, dass die Anleger dermassen stark auf eine kleine Gruppe von Unternehmen konzentriert seien. In der Tat haben die Technologieriesen in Börsenindizes wie dem S&P 500 und auch dem Welt-Aktienindex MSCI World ein enormes Gewicht. Mit den massiven Kursgewinnen hat sich dieses in den vergangenen Jahren immer weiter vergrössert. Im MSCI World kamen die sieben Werte per Ende 2024 auf ein Gewicht von fast 24 Prozent.

Auch die geopolitischen Entwicklungen beobachtet Rogers mit Sorge. An der Börse hätten die Kriege in Gaza und der Ukraine bisher wenig Auswirkungen gehabt, weil die Folgen der Konflikte für die Wirtschaft überschaubar seien. Rogers befürchtet, die Spannungen könnten sich aber noch ausweiten und die geopolitische Situation könnte sich weiter verschlechtern.

Dabei könnte seiner Meinung nach auch US-Präsident Trump eine negative Rolle spielen. «Trump wird neue Probleme in der Welt schaffen», sagt Rogers. Gerade im Verhältnis mit China könnte dies auf Dauer Probleme geben. «Die chinesische Regierung wird nicht akzeptieren, dass Trump immer weiter auf China einschlägt.»

Hohe Schulden als Problem

Des Weiteren macht sich Rogers Sorgen wegen des riesigen Schuldenbergs, den die Staaten angehäuft haben. Dabei nennt er abermals die USA als Negativbeispiel. Dort sind die Bundesschulden per Ende 2024 auf fast 98 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) gestiegen, 2008 lagen sie laut der Bank Helaba noch bei weniger als 40 Prozent. Das Budgetdefizit des Bundes betrug im vergangenen Jahr hohe 6,4 Prozent des BIP.

Rogers rechnet bald mit erneut deutlich steigenden Inflationsraten. Dazu dürfte auch die Politik der US-Regierung unter Trump beitragen, erwartet er. Die geplanten Strafzölle dürften die Inflation anheizen, da sie Waren verteuern. Die US-Inflation ist nach ihren Nach-Corona-Höhen wieder zurückgegangen, liegt aber weiterhin oberhalb des 2-Prozent-Ziels der US-Notenbank. Im Dezember vergangenen Jahres ist die US-Inflationsrate von 2,7 auf 2,9 Prozent gestiegen.

US-Finanzminister Bessent war einst sein Praktikant

Auch die geplante Fiskalpolitik der neuen US-Regierung dürfte sich als inflationstreibend erweisen, erwartet Rogers. Es sei davon auszugehen, dass die US-Regierung die Staatsausgaben noch weiter erhöhen und viel Geld ausgeben werde – wie dies fast alle Politiker gerne täten. «Es ist ein Weg, um indirekt Wählerstimmen zu kaufen», sagt Rogers. Diese wenig schmeichelhaften Worte dürften wohl auch dem von Trump als neuer US-Finanzminister ausgewählten Scott Bessent nicht gefallen. Der 62-jährige ehemalige Hedge-Fund-Manager war einst über ein Praktikum bei Rogers in den 1980er Jahren in die Finanzwelt eingestiegen.

Im Jahr 1992 arbeitete Bessent bei der Hedge-Fund-Gesellschaft des Investors George Soros und war Teil des Teams, das am sogenannten Schwarzen Mittwoch mit Wetten gegen das britische Pfund den Austritt Grossbritanniens aus dem Europäischen Währungssystem (EWS) erzwang und einen Gewinn von 1 Milliarde Dollar erzielte.

Rogers erinnert sich an Bessent: Der designierte US-Finanzminister habe damals «nicht viel über die Finanzmärkte gewusst», sei aber sehr lern- und wissbegierig gewesen. Der ausgebildete Politologe habe sich damals neu orientiert. Als voraussichtlicher US-Finanzminister habe Bessent eine sehr schwierige Aufgabe vor sich. Bessent hat sich in Interviews für eine Reduktion des US-Budgetdefizits und der amerikanischen Staatsschulden ausgesprochen.

Kritik an der SNB

Rogers geht zudem davon aus, dass auch die Zentralbanken wieder eine sehr laxe Geldpolitik verfolgen dürften, wenn sich die Wirtschaftsentwicklung abschwäche. Nach dem Anstieg der Inflation als Folge der Corona-Krise hätten führende Zentralbanken zwar die Leitzinsen erhöht. «Dies war aber längst nicht genug, um die Inflation zu besiegen», sagt der US-Investor.

Das jahrelange Gelddrucken der Notenbanken wirke nach. «Die Zinsen sind zu niedrig und müssen steigen», sagt er. Entweder werde die US-Notenbank wieder die Leitzinsen erhöhen, oder der Markt werde höhere Zinsen erzwingen. «Die Märkte sind im Allgemeinen schlauer als das Fed», sagt Rogers.

Im Zusammenhang mit der Geldpolitik führender Zentralbanken kritisiert der US-Investor auch die Schweizerische Nationalbank (SNB), und zwar vor allem deren Aktienkäufe. «Dies sollte eine Notenbank nicht tun», sagt Rogers. «Die SNB hat sich verändert, früher hätte sie dies nicht gemacht.» Bei einem Börsen-Crash würden Aktien stark an Wert verlieren. Dass die SNB in der Schweiz bald schon wieder Negativzinsen einführen wird, glaubt er indessen nicht. Wenn die Inflation zurückkomme, ändere sich die Situation.

Zurückhaltung gegenüber Aktien

Rogers ist gegenüber Aktien derzeit sehr zurückhaltend, er selber halte momentan nur Aktienanlagen in China und Usbekistan. Der Börsen-Veteran bleibt sich damit treu, hat er doch in der Vergangenheit die Wachstumschancen in Asien stets betont und das 21. Jahrhundert als «asiatisches Jahrhundert» bezeichnet.

Der als Rohstoff-Anleger bekannte Rogers sieht indessen Opportunitäten bei Rohwaren. Die Preise vieler Rohstoffe seien historisch gesehen niedrig. Möglicherweise stehe sogar ein neuer Rohstoff-Zyklus bevor, obwohl sich die Wirtschaft aus Rogers’ Sicht deutlich abschwächen dürfte. In Zeiten von billigem Geld suchten Anleger nach Realwerten wie Rohstoffen. Zudem brauche die Wirtschaft Energie.

Privatanlegern, die an der Preisentwicklung von Rohstoffen teilhaben möchten, empfiehlt Rogers den Kauf von Exchange-Traded Funds (ETF) auf Rohstoffindizes. Dadurch streut man die Anlagerisiken auf mehrere Rohwarenmärkte. «Wer sich aber in einem Rohstoffmarkt gut auskennt, kann auch einen ETF auf diesen speziellen Markt kaufen», sagt Rogers.

«Gold ist teuer geworden»

Auch die Edelmetalle Gold und Silber seien in Krisenzeiten eine gute Wahl. Zurzeit hält er vor allem Silber für attraktiv, da dessen Preis noch deutlich unter seinem Höchststand notiert. Er halte zwar sowohl Silber als auch Gold, nach dem jüngsten Rally sei Gold aber etwas teuer geworden.

Von Kryptowährungen hält Rogers wenig. «Im Gegensatz zu Rohstoffen haben Kryptowährungen keinen praktischen Nutzen und sind keine Realwerte», sagt er. Er halte sich von Krypto-Anlagen fern. Wer aber ein guter Händler sei und sich gut bei digitalen Assets auskenne, könne dort eine Menge Geld verdienen.

Börsen-Veteran und Rohstoff-Experte Jim Rogers

Der 1942 geborene US-Investor Jim Rogers verdiente als Geschäftspartner des Financiers George Soros bereits früh ein Vermögen. Mit ihm gründete er 1970 den Hedge-Fund Quantum Fund. Rogers gilt als Rohstoff-Experte. Seit 2007 lebt er in Singapur.

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