Freitag, November 15

Die amerikanischen Geheimdienste sollen künftig von Tulsi Gabbard koordiniert werden. Es ist schwer, sich eine ungeeignetere Person für dieses Amt vorzustellen. Gabbard ist nicht nur eine Isolationistin, sondern plappert auch ständig russische Propaganda nach.

Der künftige amerikanische Präsident Donald Trump liebt den kräftigen Paukenschlag – und über mangelnden Nachhall kann er sich diesmal nicht beklagen. Seine Ankündigung, den rechtsgerichteten Provokateur Matt Gaetz zum Justizminister und die einstige Demokratin Tulsi Gabbard zur Direktorin für nationale Geheimdienstfragen zu machen, sendet Schockwellen durch Washington. Mit Blick auf die internationale Sicherheitspolitik ist vor allem die Nomination Gabbards alarmierend.

In diesem Amt wird die 43-jährige frühere Kongressabgeordnete alle 17 amerikanischen Nachrichtendienste koordinieren und einen riesigen Apparat beaufsichtigen. Dazu fehlen ihr die nötigen Qualifikationen; sie blickt zwar auf eine Militärkarriere zurück, hat aber keinen direkten Bezug zur Welt der Geheimdienste und leitete nie eine grössere Organisation. Das Hauptproblem liegt allerdings auf einer anderen Ebene. Gabbard hat sich einen Namen damit gemacht, Diktatoren rund um die Welt in Schutz zu nehmen, anstatt die von ihnen ausgehenden Bedrohungen anzuerkennen. Über das Putin-Regime spricht sie, als ob sie von einem Spickzettel Moskauer Propagandisten ablesen würde.

Am linken und rechten Rand zugleich

Nach dem Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 brachte sie kein Wort der Kritik über die Lippen. Stattdessen ging die Hawaiianerin mit der Botschaft an die Öffentlichkeit, nun müsse man die Geopolitik beiseitelegen und sich dem «Geist von Aloha» verschreiben. Das passte zum naiven Pazifismus einer Politikerin, die noch 2016 die Präsidentschaftsbewerbung des Sozialisten Bernie Sanders unterstützt hatte. Doch Gabbard propagiert noch wesentlich perfidere Positionen.

Sie beschuldigt die Regierung Biden, den Krieg in der Ukraine verursacht zu haben, weil Washington die «legitimen Sicherheitsinteressen» Russlands missachtet habe. Ihrer alten Partei, die sie 2022 verliess, wirft sie vor, unter der Fuchtel von Kriegstreibern zu stehen. Immer wieder verbreitet sie Verschwörungstheorien aus der Moskauer Lügenküche, etwa jene, dass die USA sich die Zerstörung Russlands zum Ziel gesetzt hätten und in der Ukraine Biowaffenlabore finanzierten. Kein Wunder, werden solche Aussagen in Moskau und Peking freudig aufgenommen.

Das Recht des künftigen Präsidenten, Schlüsselpositionen mit loyalen Gefolgsleuten zu besetzen, ist unbestritten. Aber Trump übernimmt mit seinem Amtseid auch die Pflicht, die nationalen Interessen über alles zu stellen. Jemanden wie Gabbard an die Spitze der amerikanischen Geheimdienste zu hieven, ist verantwortungslos und eine Gefahr für das Land. Es wirkt, als habe der Kreml das grosse Los gezogen und sei kurz davor, eine Einfluss-Agentin im Nervenzentrum der gegnerischen Weltmacht zu installieren.

Noch nie übte dieses Führungsamt jemand aus, der von solcher Verachtung für die Arbeit der Geheimdienste getrieben war. Endlose Konflikte innerhalb dieses Apparats sind programmiert, aber wahrscheinlich droht noch mehr: die Verzerrung geheimdienstlicher Einschätzungen nach politisch-ideologischen Vorgaben und die zunehmende Hemmung ausländischer Dienste, einen offenen Informationsaustausch mit den Amerikanern zu pflegen. Sogar der illegale Abfluss von Geheiminformationen an Russland lässt sich unter der Putin-Apologetin Gabbard nicht ausschliessen.

«Säuberungsaktion» für Trump wichtiger als Kompetenz

Trump rühmt sich gerne, nahe an Volkes Stimmung zu sein. Doch nur eine kleine Minderheit im Land sehnt sich nach einer prorussischen Politik. Gabbard stiess bei ihrer Präsidentschaftsbewerbung vor vier Jahren auf breite Ablehnung. Trump geht es nicht um das Volk, sondern darum, Gefolgsleute auf zentralen Machtpositionen zu platzieren, um sich die Bürokratie zu unterwerfen. Was er vorhat, verhehlt er ja nicht: Er wolle den «inneren Feind» bekämpfen, kündigte er im Wahlkampf an, und den Sicherheitsapparat von «allen korrupten Akteuren säubern».

Trump-Verharmloser argumentierten in der Vergangenheit oft damit, dass der Republikaner schon aus Eigeninteresse fähiges Personal um sich scharen werde. Die Nomination von Senator Marco Rubio als Aussenminister scheint diese Sicht zu stützen, doch die Berufung dubioser Gestalten wie Gaetz und Gabbard belegt das Gegenteil. Sie zeigt letztlich, dass man Trump beim Wort nehmen muss – er scheut sich nicht, seinen extremen Ankündigungen Taten folgen zu lassen.

Vor einer staatspolitischen Reifeprüfung steht damit der amerikanische Senat. Er kann Trumps gefährlichste Ernennungen ganz einfach ablehnen – es reicht dafür das Rückgrat von 4 der künftig 53 republikanischen Senatoren. Nur schon die Tatsache, dass man sich dessen nicht sicher sein kann, verweist auf die krisenhaften Zustände in Washington. Versagt der Senat bei diesem Test, stehen Amerika turbulente Zeiten bevor.

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