Sonntag, Dezember 22

Der Softbank-Gründer Masayoshi Son steckte lange in der Krise. Nun hofiert der Japaner den künftigen US-Präsidenten Donald Trump und meldet sich mit dem Versprechen gigantischer Investitionen in den USA auf der Weltbühne zurück.

Donald Trump und den Japaner Masayoshi Son verbindet seit Jahren eines: Geld, viel Geld. Als Trump 2016 erstmals die Präsidentschaftswahl gewann, war der Chef des Technologieinvestors Softbank einer der ersten CEO, die ihm ihre Aufwartung machten. 50 Milliarden Dollar an Investitionen versprach Son damals. Jetzt, acht Jahre später, hat er sein Versprechen verdoppelt.

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Die Botschaft war klar: Nach Jahren der Krise kehrt einer der schillerndsten Unternehmer der Welt als Grossinvestor auf die Weltbühne zurück. «Heute freue ich mich, ankündigen zu können, dass Softbank 100 Milliarden Dollar in Amerika investieren und mindestens 100 000 amerikanische Arbeitsplätze schaffen wird», sagte Trump bei einem eindrücklichen Empfang von Son in seinem Golf-Resort Mar-a-Lago kurz vor Weihnachten.

Son sei einer der «grossartigsten Menschen», lobte Trump seinen Gast. «Diese historische Investition ist ein monumentaler Vertrauensbeweis für die Zukunft Amerikas.» Sie werde dazu beitragen, künstliche Intelligenz und andere aufstrebende Technologien in den USA zu entwickeln. Umgekehrt sparte auch Son nicht mit Lob für seinen Gastgeber. «Mein Vertrauen in die amerikanische Wirtschaft ist mit seinem Sieg enorm gestiegen.» Es habe sich glatt verdoppelt, scherzte er.

Der ungewöhnliche Einwanderersohn fordert die Welt heraus

Son krönt mit seiner Investitionsoffensive seine Karriere als schwer fassbare japanische Legende. Immer wieder fragen sich Investoren, wer oder was Son eigentlich ist. Dabei ist eine Antwort: Son ist ein Hybrid. Der heute 67-Jährige war schon immer ein wagemutiger Unternehmer und Investor, Softbank schon immer eine Mischung aus Unternehmen und Investmentfonds.

Gleichzeitig ist Son ein interkultureller Grenzgänger. Er kann in Japan ebenso agieren wie im Silicon Valley oder in China. Dabei geniesst er hier wie dort als Aussenseiter Freiraum für unangepasstes Handeln.

Son ziehe die Mächtigen der Welt an, schrieb der Autor Lionel Barber kürzlich in seiner Son-Biografie. Dies geschehe durch «eine verführerische Mischung aus Bescheidenheit und Arroganz, gesundem Menschenverstand und einer wahnsinnigen Risikobereitschaft, für die nationale Grenzen, technologische Grenzen und ethische Grenzen dazu da sind, überschritten zu werden».

Der Hang zu Risiko und Eigenständigkeit zeigte sich schon in Sons Jugend. Als Sohn koreanischer Einwanderer war er in Japan ein Aussenseiter. Als solcher wagte er, was viele für unmöglich hielten. So lud sich der damals 16-Jährige 1972 selbst zu Den Fujita ein, einem japanischen Manager, der McDonald’s nach Japan gebracht hatte.

Nachdem er sein Management-Idol telefonisch nicht hatte erreichen können, buchte er einen Flug nach Tokio und klopfte persönlich bei Fujita an. Seine Entschlossenheit zahlte sich aus. Der Star-Manager empfing ihn und gab ihm einen Rat: Mach etwas mit Computern, und geh nach Amerika.

Sons 50-Jahres-Plan: von den USA über Japan in die Welt

Son folgte dem Rat. Gegen den Widerstand seiner Familie zog er nach Kalifornien, schloss dort die Highschool ab und studierte Computerwissenschaften. In Kalifornien verdiente er seine erste Million Dollar, als er mit 19 Jahren das Patent für einen elektronischen Übersetzer an den japanischen Elektronikkonzern Sharp verkaufte und japanische Videospiel-Automaten importierte.

Damals will er auch einen 50-Jahres-Plan aufgestellt haben. «Diesen Plan habe ich nie geändert», sagte er einmal. Die grössten Chancen sah er für sich in Japan, wo er grosse Wachstumschancen für sich als unangepassten, aber flexiblen globalen Grenzgänger ausmachte. 1981 gründete Son Softbank als Vertriebsgesellschaft für Computersoftware und -zeitschriften. Bald darauf begann er, auch in andere Unternehmen zu investieren. Seitdem ist es seine erklärte Mission, die Welt durch Informationstechnologie zu revolutionieren und die Menschen glücklich zu machen.

Zwischen Boom und Krise – ein Leben als Achterbahnfahrt

Auf seinem Weg stiess Son immer wieder auf grosse Herausforderungen. Mit der Internetblase Ende der 1990er Jahre wurde er zu einem der reichsten Männer der Welt. Als sie platzte, verlor er 97 Prozent seines Vermögens. Er habe sich damals mit den Fingerspitzen an der Klippe festgehalten, sagte er vor ein paar Jahren. Aber Son gab nicht auf. Einige Zeit später stieg er mit eigenem und geliehenem Geld zu neuen Höhen auf.

In China entdeckte er die Online-Handelsplattform Alibaba, deren globale Expansion ihn erneut schwerreich machte. Er kaufte Mobilfunknetze in Japan und den USA und 2016 den britischen Chipdesigner Arm. Dieser macht heute einen Grossteil von Softbanks Vermögen aus.

Bei seinem Treffen mit Trump im Jahr 2016 plante Son den nächsten grossen Sprung. Mit Partnern aus den Golfstaaten gründete er seinen ersten Mega-Investmentfonds, den Softbank Vision Fund, der ihn von einer japanischen Legende zum grössten Tech-Investor der Welt machte.
100 Milliarden Dollar standen ihm zur Verfügung, um sich im grossen Stil bei damaligen Startups wie dem Mobilitätsdienstleister Uber oder dem Bürovermittler WeWork einzukaufen. Ein zweiter Vision Fund folgte – bis er erneut in die Krise schlitterte.

Zu hohe Bewertungen, die WeWork-Pleite und zu allem Überfluss der Kurssturz der Technologieaktien nach Ausbruch der Corona-Pandemie rissen Softbank jedoch immer wieder tief in die Verlustzone. Das brachte dem Unternehmen Kritik von Investoren ein. Zu undurchsichtig seien die Entscheidungen, die der Mann an der Spitze oft allein treffe. 2019 wehrte er sich mit einer Erklärung für sein Verhalten. Vergleiche mit anderen Legenden wie dem Microsoft-Gründer Bill Gates wies er damals weit von sich.

«Das sind alles nur Geschäftsleute», sagte er einigen kritischen Grossinvestoren. Er sei an 100 Unternehmen beteiligt und kontrolliere das gesamte Ökosystem. «Der richtige Vergleich für mich ist Napoleon, Dschingis Khan oder der chinesische Kaiser Qin», schloss er. «Ich bin kein CEO. Ich baue ein Imperium auf.»

Kommt nun Sons dritter Frühling?

Pünktlich zu Trumps zweiter Amtszeit scheinen sich die Unternehmen in seinem Imperium zu erholen. In der ersten Hälfte des Geschäftsjahres von Softbank, das im September endete, waren die Vision Funds wieder im Plus, die Bilanz auch.

Investierte er früher in Internetaktien, konzentriert er sein Geld nun auf KI-Startups. Das Ziel ist dasselbe: Son will ein Imperium aufbauen, einen Schwarm agiler Unternehmen, die mit Softbank die Welt verändern.

Glaubt man Trump, ist das Geld für neue grosse Sprünge jedenfalls wieder da. Beim Besuch in Mar-a-Lago fragte er seinen Gast jedenfalls prompt, ob er die Investitionszusage nicht auf 200 Milliarden Dollar erhöhen könne. «Er kann es sich leisten, glauben Sie es oder nicht.»

Auch die Rating-Agentur Moody’s sieht Softbank wieder optimistischer. Zwar hatte Softbank den Rating-Vertrag mit Moody’s gekündigt, nachdem die Prüfer die Kreditwürdigkeit des Unternehmens auf Ba3, also Ramschstatus, herabgestuft hatten. Doch trotz Sons Protesten bewertet die Agentur Softbank weiter – und hat nun den Ausblick von «stabil» auf «positiv» angehoben. Auch dies zeigt – der Japaner ist wieder obenauf. Die grosse Frage ist, ob Son dauerhaft Erfolg haben oder mit dem möglichen Platzen der KI-Blase wieder abstürzen wird.

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