Samstag, November 30

Der designierte US-Präsident hat den Handelspartnern Mexiko und Kanada mit Strafzöllen gedroht. In Mexiko reagiert man selbstbewusst: mit der Androhung von Gegenmassnahmen. Doch einen Handelskrieg mit den USA kann sich Mexiko nicht leisten.

Die mexikanische Präsidentin Claudia Sheinbaum und der designierte amerikanische Präsident Donald Trump waren sich nach ihrem Telefonat am Mittwoch nur in einem Punkt einig: Er habe eine «wonderful conversation» mit Sheinbaum geführt, sagte Trump, während sie von einer «excelente conversación» sprach. Doch die oberflächlich netten Worte konnten nicht darüber hinwegtäuschen, wie unzufrieden man in Mexiko ist.

Trump hatte am Montag angekündigt, als eine seiner ersten Amtshandlungen am 20. Januar einen Zoll von 25 Prozent auf alle Waren aus Mexiko und Kanada zu erheben. Dieser werde so lange in Kraft bleiben, bis keine illegal einreisenden Migranten und keine Drogen mehr über die Grenzen kämen, insbesondere kein Fentanyl. An dieser in Mexiko hergestellten Droge starben zuletzt jährlich bis zu 75 000 Amerikaner. Im vergangenen Jahr wurden zudem rund 2,5 Millionen illegale Grenzübertritte an der Südgrenze der USA registriert.

Die Androhung von Zöllen ist heikel, denn Mexiko und Kanada sind Partner der USA im Freihandelsabkommen USMCA, das auf Drängen Trumps ab 2018 als Nachfolgerin des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (Nafta) ausgehandelt wurde. Das United States-Mexico-Canada Agreement ist so erfolgreich, dass Mexiko im vergangenen Jahr China als wichtigsten Handelspartner der USA abgelöst hat.

Sheinbaum beschied Trump schroff, man werde auf jeden Zoll mit eigenen Zöllen antworten. Trumps Zölle würden einen Handelskrieg auslösen, der die Grundlagen der bilateralen Handelsbeziehungen zerstören könnte. Mexikos Wirtschaftsminister Marcelo Ebrard mahnte, die Zölle könnten 400 000 Arbeitsplätze in den USA vernichten und die Inflation dort anheizen.

Bruch des USMCA-Abkommens

Trumps Zölle wären ein klarer Bruch des USMCA-Abkommens, erklärt der Ökonom Marcos Arias von der Beratungsfirma Deloitte in Mexiko-Stadt. Derzeit lote Mexiko aus, mit welchen Zöllen es reagieren könnte. Sheinbaum dürfte sich dabei am Vorgehen der Regierung ihres Vorvorgängers Enrique Peña Nieto orientieren, die Mitte 2018 von Trump erlassene Strafzölle auf Stahl und Aluminium gekontert hatte.

Die mexikanischen Gegenzölle fokussierten damals auf Produkte aus amerikanischen Gliedstaaten, welche die Republikaner regierten, um so Druck auf Trumps Regierung aufzubauen. Der Wirtschaftsminister Ebrard prüfe nun, wie man Ähnliches erreichen könne, ohne einen Handelskrieg zu riskieren, so Arias.

Ein solcher wäre für Mexiko weitaus gravierender als für die USA. Rund 80 Prozent aller mexikanischen Exporte gehen in die USA, während die USA nur 15 Prozent ihrer Exporte nach Mexiko ausführen. In einem möglichen Handelskrieg bekämen die USA also nur eine Grippe, Mexiko aber eine Lungenentzündung, so Arias.

Mexikos gigantisches Plus in der Handelsbilanz

Ob es Trump tatsächlich nur um Drogen und Migration geht, ist unter mexikanischen Experten umstritten. Diese Themen könnte Trump auch als Hebel nutzen, um die turnusmässige Überprüfung des USMCA 2026 zu einer Neuverhandlung auszuweiten. Ihn stören sowohl die chinesischen Investitionen in Mexiko als auch das hohe amerikanische Handelsbilanzdefizit gegenüber Mexiko von 150 Milliarden Dollar. Beides dürfte er mit einem neuen USMCA lösen wollen.

Allerdings sind die in Mexiko produzierenden amerikanischen Unternehmen in hohem Masse für das Defizit verantwortlich, allen voran die Autobauer GM, Stellantis und Ford, die von hier aus den amerikanischen Markt beliefern. Das Defizit ist also das Ergebnis der einzigartigen Verflechtung der beiden Volkswirtschaften, für deren Lieferketten die Zölle Gift wären. Entsprechend gaben die Aktienkurse der drei Autobauer nach Trumps Drohung deutlich nach.

Sheinbaum beisst zurück

Für Entspannung sorgte das Telefonat zwischen Trump und Sheinbaum trotz den netten Worten nicht. Vielmehr folgte ein Fernduell um die Interpretation des Gesprächs. Sheinbaum habe versprochen, die durch Mexiko ziehenden Migranten davon abzuhalten, in die USA zu kommen. Sie werde die Grenze für sie schliessen, behauptete Trump.

Sheinbaum sah das anders. Sie werde die Grenze zu den USA nicht schliessen. Sie habe Trump vielmehr erklärt, dass Mexiko die Migranten bereits daran hindere, die amerikanische Grenze zu erreichen. Die Zahl der dort ankommenden Migranten sei im laufenden Jahr bereits um 75 Prozent gesunken. Dass sich jetzt eine Migrantenkarawane in Richtung USA bewege, wie Trump behauptet, verneinte sie. Die Probleme der illegalen Migration und des Drogenkonsums würden mit Drohungen oder Strafzöllen nicht gelöst.

Sheinbaum macht die USA für das Erstarken der mexikanischen Drogenbanden mitverantwortlich. «Siebzig Prozent der illegalen Waffen, die in Mexiko von Kriminellen beschlagnahmt wurden, stammen aus den USA», erklärte sie in jüngster Zeit. «Wir produzieren diese Waffen nicht und konsumieren auch keine synthetischen Drogen.»

In Mexiko wird gerne darauf verwiesen, dass die USA selbst für die Eindämmung des Drogenkonsums ihrer Bürger verantwortlich seien. Zudem drängt Mexiko seit langem darauf, dass die USA den Schmuggel von Schusswaffen nach Mexiko unterbinden. «Tragischerweise sterben gerade in unserem Land Menschen durch die Gewalt, die aus der Befriedigung des Drogenbedarfs in Ihrem Land resultiert», sagte Sheinbaum.

Mit solch harten Worten macht sie deutlich, dass sie Trump nicht so leicht entgegenkommen wird wie ihr Vorgänger López Obrador. «Da sie eine Frau ist, wird sie härter und ernsthafter auftreten müssen, um Trump zu beeindrucken», glaubt der Ökonom Arias. Zu erwarten sei eine durchsetzungsfähige Präsidentin, die sich nicht scheue, den USA harte Antworten zu geben.

Gleichzeitig muss sie bei den Themen Migration und Drogen pragmatisch vorgehen, um Gefahren für das USMCA abzuwenden. Sollte Trump tatsächlich Zölle erheben, müsse sie versuchen, diese auf wenige Produkte und eine möglichst kurze Dauer zu beschränken. «Wir können aber nicht ausschliessen, dass Trump noch weitere Überraschungen für uns bereithält», sagt Arias. Sein Temperament sei unberechenbar.

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