US-Präsident Trump will erreichen, dass möglichst viele Güter in den USA hergestellt werden. Wie andere Politiker verkennt auch er etwas Grundsätzliches: Arbeitsteilung macht reich.
Donald Trump wirbelt mit seiner Handelspolitik die Weltwirtschaft durcheinander. Im Kern verfolgt er damit eine Idee: Es sei notwendig und richtig, dass möglichst viele Güter wieder in den USA selbst hergestellt werden. Firmen sollen die Produktion in die USA verlagern. Das hiesse im Extremfall: Keine Spielzeuge und Smartphones mehr aus China, keine Computerchips aus Taiwan, kein Wein aus Frankreich, keine Autos aus Deutschland, keine Medikamente und kein Käse aus der Schweiz.
Traum vom industriellen Comeback
Trump huldigt der Vorstellung, dass nur einheimische Güter gute Produkte seien. Er ist damit nicht allein. Viele Politiker finden Importe schlecht.
Auch in der Schweiz sind protektionistische Vorstellungen weit verbreitet. Nur Schweizer Milch sei gute Milch, meinen zum Beispiel grosse Teile von Politik und Bevölkerung. Das dient als Rechtfertigung, den Markt abzuschotten. Auch Handwerkern aus Deutschland oder Österreich traut man nicht zu, dass sie die gleich gute Arbeit wie ihre Schweizer Kollegen machen. Es regt sich deshalb kaum Protest, wenn ausländische Handwerker mit bürokratischen Regeln vom Schweizer Markt ferngehalten werden. Ähnliche Beispiele lassen sich in vielen europäischen Ländern finden. «Buy Swiss» oder «Buy German» ist kaum weniger populär als Trumps «Buy American».
Doch dieses Denken ist eine fundamentale Gefahr für den Wohlstand. Es spiegelt ein tiefes Misstrauen gegenüber dem Prinzip der Arbeitsteilung, das grosse Teile der Welt in den vergangenen Jahrzehnten reicher gemacht hat.
Gewiss, es ist nicht unmöglich, Turnschuhe, Spielzeuge oder Smartphones in Amerika zu fertigen. Sicherlich könnte man auch mehr Käse oder Medikamente in den USA herstellen. Wenn Trump es mit seinen Zöllen nur weit genug treibt, bringt er es womöglich dahin. Der US-Vizepräsident J. D. Vance träumt bereits von «Amerikas grossem industriellem Comeback», wie er jüngst in einer programmatischen Rede sagte.
Höhere Preise, schlechtere Qualität, geringere Vielfalt
Doch mit dieser Politik sind drei Probleme verbunden. Erstens werden die Güter viel teurer. Wenn Turnschuhe, Spielzeuge oder Smartphones «made in USA» wären, müssten die Konsumenten deutlich mehr dafür bezahlen. Dieser Faktor wird notorisch unterschätzt. Der internationale Güterhandel ist ein Segen für die Konsumenten. In einer Studie haben zwei amerikanische Ökonomen ermittelt, dass die Kaufkraft der ärmsten Haushalte in den USA um mehr als die Hälfte schrumpfte, wenn das Land gar keinen Handel mit dem Rest der Welt triebe – und die Haushalte deshalb keine günstigen Güter aus dem Ausland mehr kaufen könnten.
Das zweite Problem ist, dass die Güter schlechter werden und die Auswahl schrumpft. Man kann sich auch von Cheddar-Käse ernähren, aber manch ein Amerikaner wird trotzdem ab und zu einen Gruyère aus der Schweiz oder einen Weichkäse aus Frankreich kosten wollen. In der Medikamentenherstellung sind die Amerikaner zwar stark. Trotzdem haben selbst amerikanische Firmen in den letzten Jahren die Produktion von fortschrittlichen Wirkstoffen in der Schweiz angesiedelt, weil es im hiesigen Pharma-Cluster eine besondere Expertise dafür gibt. Arbeitsteilung kann Leben retten.
Drittens gibt es im Denken der Protektionisten einen fundamentalen Widerspruch. Während viele Politiker gegen Importe sind, finden sie Exporte doch gut. Auch Trump dürfte stolz darauf sein, dass Microsoft zahlreiche Software-Lizenzen auf der Welt verkauft, Netflix in unzählige Haushalte ausstrahlt und Google die meistgenutzte Suchmaschine auf dem Planeten ist. Nur: Wenn jedes einzelne Land alles selbst machen will, gibt es nichts mehr zu exportieren. Der Handel kommt zum Erliegen. Wer exportieren will, muss notwendigerweise akzeptieren, dass dies auch andere Länder tun.
Autarkie ist ein Irrweg
Dies heisst nicht, dass die Globalisierungswelle der vergangenen Jahrzehnte keine Probleme geschaffen hätte. In den USA hat die Konkurrenz durch chinesische Importprodukte zum Verlust von vielen Industriejobs geführt. Bei gewissen Gütern kann die Versorgungssicherheit so wichtig sein, dass ein Land sie selbst herstellen sollte – gerade wenn die Welt in verschiedene Machtblöcke zerfällt.
Dennoch ist Trumps Vorstellung, dass die USA autark werden sollten, falsch. Amerika kann nicht alles besser – ebenso wenig wie alle anderen Länder. Vielmehr gilt: Arbeitsteilung macht reich.