Donnerstag, Februar 13

Der Demokrat Eric Adams suchte die Nähe zum Präsidenten und wird belohnt. Der Fall wirft erneut Fragen auf, wie Donald Trump das Justizsystem zu seinen Gunsten einsetzen will.

Dem New Yorker Bürgermeister Eric Adams stand das Wasser bis zum Hals: Die Bundesstaatsanwaltschaft hatte ihn wegen Bestechung, Betrugs und der Annahme illegaler Wahlkampfhilfe aus dem Ausland angeklagt. So soll der demokratische Bürgermeister teure Geschenke und Spenden aus der Türkei erhalten und später dafür gesorgt haben, dass der Neubau des türkischen Konsulats in Manhattan nicht durch feuerpolizeiliche Auflagen aufgehalten wird. Auch eine Reihe von Adams’ Verbündeten, die zentrale Positionen in der Stadtregierung einnahmen, sassen auf der Anklagebank. Mehrere von ihnen sind unter grossem öffentlichem Druck bereits zurückgetreten.

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Trumps Team wischt Vorwürfe beiseite

Doch am Montagabend wies der stellvertretende Justizminister, Emil Bove, die New Yorker Bundesstaatsanwälte an, den Prozess gegen Adams vorerst einzustellen. Die Begründung: Der Zeitpunkt sei ungünstig. Adams will im November wieder zum Bürgermeister gewählt werden und muss sich im Juni in einer hart umkämpften Vorwahl gegen Parteikollegen durchsetzen. Zudem halte das Verfahren Adams davon ab, gemeinsam mit Präsident Donald Trump gegen die illegale Einwanderung vorzugehen.

Die Begründung ist insofern seltsam, als die Staatsanwaltschaft Adams bereits im vergangenen September angeklagt hatte, mehr als ein Jahr vor der Bürgermeisterwahl. Das Verfahren vor einem Geschworenengericht war eigentlich in vollem Gange, die Ankläger kündigten vor einigen Wochen sogar an, neue Vorwürfe einbringen zu wollen. Die fallführende Staatsanwältin hat bisher noch nicht mitgeteilt, wie sie auf die Anweisung aus Washington reagieren wird. Die New Yorker Bundesstaatsanwaltschaft gilt als mächtig und sehr unabhängig; ob sie einen offenen Machtkampf mit der Bundesregierung führen will, ist aber unsicher.

Adams selbst äusserte sich am Dienstag so, als ob die Ermittlung bereits abgeschlossen sei. «Ich habe nie das Gesetz gebrochen und würde es nie tun», sagte er in einer kurzen Rede im städtischen Rathaus. Er wolle sich das Vertrauen der New Yorker wieder erarbeiten. Ob ihm dies gelingt, ist fraglich: Dass ausgerechnet Donald Trump ihm juristische Hürden aus dem Weg schafft, macht Adams bei seiner vornehmlich demokratischen Wählerschaft wohl kaum beliebt.

Adams gilt als moderater Demokrat, der unter anderem dank seiner Karriere im Polizeidienst auf die Unterstützung vieler Stadtangestellter zählen konnte. Doch die Korruptionsvorwürfe gegen sein Regierungsteam und ihn selbst haben dem New Yorker Bürgermeister massiv geschadet. Er liegt in den Wahlumfragen weit zurück. Adams’ Konkurrenten um den Bürgermeisterposten kritisieren, dass er mit seiner Anbiederung bei Trump seine eigenen Interessen über jene der Stadt New York stelle.

Die nützliche Nähe zu Trump

Der Fall sorgt für Schlagzeilen weit über den «Big Apple» hinaus, weil er einen Hinweis gibt, wie Trumps Regierung das Justizsystem für ihre politischen Zwecke einsetzen könnte. Ihre Anordnung an die New Yorker Staatsanwälte enthält den Hinweis, dass die Ermittlungen gegen Adams zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgenommen werden könnten. Adams’ Zukunft hängt damit entscheidend von Trump ab. Der New Yorker Bürgermeister hat in den vergangenen Monaten die Nähe zum wiedergewählten Präsidenten gesucht. Er traf Trump unweit von dessen Residenz in Mar-a-Lago in Florida und war auch bei der Inaugurationsfeier dabei.

In den vergangenen Monaten hat Adams zudem in migrationspolitischen Fragen eine zunehmend härtere Haltung eingenommen, die Trumps Wünschen entspricht. New York galt bisher als sogenannte «Sanctuary City»: Sie schirmte illegale Einwanderer vor den Beamten der Bundesbehörde ICE ab, die für Ausschaffungen zuständig sind. Seit kurzem können New Yorker Stadtangestellte unter gewissen Umständen aber mit ICE-Vertretern zusammenarbeiten, selbst wenn diese keinen Durchsuchungsbefehl mitbringen.

Auf der Nachrichtenplattform X berief sich Adams am Tag der Inauguration auf Martin Luther King, der am 20. Januar in den USA mit einem Feiertag geehrt wird: «Am Martin Luther King Day müssen wir, wie der Reverend Dr. King sagt, unsere parteipolitischen Differenzen beiseitelegen, um das zu tun, was am besten ist für unser Land.» Er glaube, dass man viel erreichen könne, wenn man an der Seite der Bundesregierung arbeite, die Werte der Stadt unterstütze und für die New Yorker kämpfe.

Trump selbst hat schon Parallelen zwischen sich und Adams gezogen: Beide würden von der Staatsanwaltschaft «verfolgt», weil ihre politischen Gegner sie ausbremsen wollten. Mehrfach hat er zu Protokoll gegeben, dass er sich überlege, Adams im Falle einer Verurteilung zu begnadigen.

Trump hat am Montag auch Rod Blagojevich begnadigt, den früheren demokratischen Gouverneur des Gliedstaats Illinois. Blagojevich war 2011 wegen Korruption zu einer 14-jährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden, unter anderem weil er den freien Senatssitz von Illinois verkaufen wollte. Trump hatte Blagojevich in seiner ersten Amtszeit 2019 bereits die Reststrafe erlassen, nun hat er die Verurteilung ganz ausradiert. «Es ist mir eine Ehre», sagte Trump dazu im Oval Office. «Ihm wurde von vielen ‹schlechten Leuten› eine Falle gestellt, mit denen ich auch zu tun hatte.»

Die Aussagen passen zu Trumps Ansicht, dass die Justiz in den vergangenen Jahren von der demokratischen Regierung als Herrschaftsinstrument missbraucht worden sei. Mit den Entscheidungen während seiner ersten Amtswochen hat Trump allerdings nicht den Beweis angetreten, dass er anders vorgehen würde; im Gegenteil.

Verbündete werden geschützt oder begnadigt – allen voran die Randalierer, die am 6. Januar 2021 das Capitol angegriffen und Polizisten verletzt haben, um den Amtsantritt von Joe Biden zu verhindern. Zugleich will Trumps Justizministerin Pam Bondi gegen all jene ermitteln, die den Präsidenten angeklagt haben.

Trump lässt New York nicht los

Auch wenn Trump sein Hauptquartier längst im südlichen Florida bezogen hat; das Schicksal des «Big Apple» hat ihn nie kaltgelassen. Er wuchs im weitläufigen Stadtteil Queens auf, als Sohn eines Immobilienunternehmers. In Midtown Manhattan liegt der Trump Tower, das Herz seines Immobilienportfolios. Auf der Rolltreppe im Atrium lancierte er 2015 seine erste Präsidentschaftskampagne: «Make America Great Again».

Trump launches 2015 presidential bid atop the Trump Tower escalator

Die New Yorker erwiderten die Liebe nicht: Trump hatte in seinen drei Präsidentschaftswahlen im Gliedstaat New York nie eine Chance – geschweige denn in der linken Grossstadt selbst. Bei seinem Wahlsieg im letzten November erhielt er in New York bloss 30 Prozent der Wählerstimmen. Kritik am gemäss Trump «korruptesten Gliedstaat» gehört denn auch zu den Evergreens des Präsidenten. Sehr kritisch hat er sich auch zur Anfang Januar eingeführten Staugebühr in Manhattan geäussert.

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