Montag, November 25

Donald Trump hat die wichtigsten Posten für seine neue Regierung vergeben. Auf den ersten Blick ist es eine uniforme Bande mediengewandter Loyalisten. Tatsächlich ist es jedoch eine breite Koalition mit einigen Querdenkern, die ideologisch nicht immer auf einer Linie liegen.

Im Wahlkampf wetterte Donald Trump gerne gegen die «Globalisten» und die «Elite». Sein angehender Vizepräsident J. D. Vance meinte auf dem republikanischen Parteitag im Juli: «Wir sind damit fertig, der Wall Street zu dienen. Wir werden den Arbeitern verpflichtet sein.» Dennoch nominierte Trump nun den Banker Howard Lutnick für das Amt des Handelsministers und den Hedge-Fund-Manager Scott Bessent für den Posten des Finanzministers.

Bessent ist mit einem Mann verheiratet und verwaltete früher die Gelder des Milliardärs George Soros. Dieser ist ein grosszügiger Geldgeber der Demokraten und in den Augen der amerikanischen Rechten vielleicht der meistgehasste «Globalist» überhaupt. Trump scheint Bessent aber zum einen als «brillanten» Investor zu schätzen, zum anderen hat er durchaus eine Schwäche für Leute, die von der Gegenseite in sein politisches Lager wechseln. Auch Vance war einst ein scharfer Trump-Kritiker.

Gewerkschaftsfreundliche Arbeitsministerin

Bessent will deregulieren, Steuern senken und auch die Staatsschulden abbauen. Bei den von Trump angekündigten Zollerhöhungen tritt er eher auf die Bremse, auch wenn er sie grundsätzlich als nützliches Instrument sieht. Um ein Signal an die Gewerkschaften zu senden, nominierte der künftige Präsident am Freitag jedoch auch die Kongressabgeordnete Lori Chavez-DeRemer für das Amt der Arbeitsministerin. Die gewerkschaftsfreundliche Republikanerin wird selbst von Demokraten geschätzt. Hinter den Kulissen soll der Führer der grossen Transportarbeiter-Gewerkschaft, Sean O’Brien, für ihre Nomination geworben haben.

Waren die Republikaner früher die unbestrittene Partei des Grosskapitals, bildet nun die Arbeiterschicht einen wachsenden Teil der Wählerbasis. Dabei gelang es Trump bei dieser Wahl auch, vermehrt ethnische Minderheiten aus der Arbeiterschaft anzusprechen. Mit der Nomination von Chavez-DeRemer belohnt Trump diese Wählerklientel.

Auch mit anderen Nominationen entschädigt Trump jene Protagonisten, die ein Teil seiner erfolgreichen Koalition im Wahlkampf waren. Ein Beispiel ist Robert F. Kennedy junior. Der Neffe des ehemaligen Präsidenten John F. Kennedy wollte ursprünglich Joe Biden in den demokratischen Vorwahlen herausfordern, trat dann als unabhängiger Kandidat an und unterstützte schliesslich Trump. Nun soll er Gesundheitsminister werden. Als Impfgegner und Skeptiker der Ukraine-Hilfsgelder liegt er auf einer Linie mit vielen Trump-Anhängern. Als Befürworter eines Rechts auf Abtreibung steht er aber gleichzeitig in Konflikt mit einem zentralen Anliegen der konservativen Bewegung.

Traditionalisten, Konvertiten und ein Nationalist

Ideologische Gräben zeichnen sich auch bei den Nominationen für die aussen- und sicherheitspolitischen Dossiers ab. Trumps designierter Berater für nationale Sicherheit, der Kongressabgeordnete Mike Waltz, zeigt sich heute zwar kritisch gegenüber der Hilfe für die Ukraine. Aber kurz nach dem russischen Einmarsch hatte sich der ehemalige Elitesoldat noch für eine entschlossenere Waffenhilfe an Kiew ausgesprochen. Auch wenn der frühere Pentagon-Berater nun einen Kompromiss mit Moskau begrüssen sollte, dürfte er die Ukrainer kaum ganz im Stich lassen wollen. Das Gleiche scheint für den Senator Marco Rubio zu gelten, den Trump zu seinem Aussenminister machen will.

Diesen beiden traditionellen Kandidaten stehen Tulsi Gabbard und Pete Hegseth gegenüber. Ähnlich wie Kennedy spielte auch Gabbard im republikanischen Wahlkampf eine Rolle als konvertierte Demokratin. Noch 2020 trat sie als linke Präsidentschaftsbewerberin in den Vorwahlen gegen Joe Biden an. Nun kritisiert die Putin-Apologetin die Demokraten als eine «elitäre Clique von Kriegstreibern». Sie spricht damit vielen kriegsmüden Trump-Anhängern aus dem Herzen. Damit sie sich in der neuen Regierung vertreten fühlen, soll Gabbard nun Direktorin der nationalen Geheimdienste werden.

Hegseth seinerseits ist als Verteidigungsminister vorgesehen. Im Wahlkampf spielte der Veteran keine grössere Rolle. Aber Trump ist seit längerer Zeit ein grosser Fan des konservativen Fernsehmoderators. Der 44-Jährige ist ein guter Kommunikator und erzählt eine Geschichte, mit der sich viele Amerikaner identifizieren können: Hegseth unterstützte einst die Kriege im Irak und in Afghanistan. Heute ist er desillusioniert. Gleichzeitig macht er eine angeblich von der Linken beförderte Verweichlichung der Gesellschaft und des Militärs für die Probleme seines Landes verantwortlich. Er sieht sich wie viele christliche Nationalisten in einer «spirituellen Schlacht» gegen das säkulare Amerika.

Hegseth ist nicht die einzige telegene Persönlichkeit in Trumps Wunsch-Kabinett. Der konservative Fernsehmoderator und ehemalige Kongressabgeordnete Sean Duffy soll Verkehrsminister werden. Der ehemalige TV-Arzt Mehmet Oz soll die Behörde für die staatlichen Gesundheitsversicherungen leiten. Dies sei kein Zufall, schreibt der konservative Publizist Ben Domenech. Trump stelle mit Absicht ein Team von starken Kommunikatoren zusammen, die seine Politik möglichst wirksam verkaufen könnten.

Der Senat muss entscheiden

Geht es Trump also nur um ein effektvolles Auftreten und darum, die verschiedenen Teile seiner Koalition mit Posten zufriedenzustellen? Wohl kaum. Trump dürfte seine Wahlversprechen vor allem innenpolitisch auch einlösen wollen. An wichtigen Stellen hat er dafür Leute nominiert, die seine Agenda mittragen sollen. Trump hat im Wahlkampf etwa angekündigt, dass er gegen «woke» Generäle im Militär vorgehen möchte, dass er die «inneren Feinde» bekämpfen will und die Armee für massenhafte Abschiebungen von Migranten einsetzen möchte. Hegseth scheint dazu bereit zu sein. In seinen Büchern, die er in den vergangenen Jahren geschrieben hat, vergleicht er den politischen Kampf gegen die Linke mit einem existenziellen Krieg.

Trumps designierte Justizministerin Pam Bondi kritisierte 2023 die vier Anklagen gegen ihn – unter anderem wegen der Unterschlagung von Geheimdienstdokumenten und des Versuchs eines Putsches gegen das Wahlresultat 2020. Bondi drohte mit Vergeltung, wenn die Republikaner das Weisse Haus zurückerobert hätten: «Die Staatsanwälte werden verfolgt, die schlechten von ihnen. Gegen die Ermittler wird ermittelt», sagte Floridas frühere Justizministerin. Trump selbst hat im Wahlkampf angedeutet, dass er sich an seinen Gegnern rächen möchte.

Trumps nominierte Minister müssen allerdings noch durch den Senat bestätigt werden. Nachdem Matt Gaetz, die erste Wahl für das Amt des Justizministers, bereits durchgefallen ist, scheinen nun vor allem Gabbard, Hegseth, Bondi und Kennedy umstritten. Sie sind die vier grössten Fragezeichen in Trumps Kabinett-Mischung.

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