Sonntag, Februar 2

Der neue amerikanische Präsident hat Einfuhren aus Mexiko und Kanada tatsächlich mit hohen Zöllen belegt. Er setzt damit eine Dynamik in Gang, die er selbst nicht mehr kontrollieren kann.

Donald Trump hat lange gebellt, jetzt beisst er zu: Die USA verhängen hohe Importzölle von 25 Prozent gegen Mexiko und Kanada, ausserdem zusätzliche 10 Prozent auf die bereits bestehenden Zölle gegen China. Das Weisse Haus hat die entsprechende Anordnung zwar noch nicht veröffentlicht; Trump hat am Freitag aber sehr deutlich gemacht, dass keine Zugeständnisse ihn von seinem Plan abbringen würden.

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Der neue amerikanische Präsident hat zudem weitere Zölle angedroht, insbesondere gegen die Europäische Union. Trump will auch die Einfuhr von Stahl, Aluminium, Kupfer, Erdöl, Erdgas, Computerchips und Medikamenten besteuern, egal woher diese Importe kommen.

Ein Schlag für die Weltwirtschaft

Am schwersten wiegen bis jetzt die Zölle gegen die beiden Nachbarländer, mit denen die USA dank einem Freihandelsabkommen sehr enge Wirtschaftsbeziehungen aufgebaut haben. Mexiko und Kanada sind die wichtigsten Handelspartner der USA. Die Auswirkungen der Zölle hängen davon ab, wie lange sie in Kraft bleiben und ob es Ausnahmen geben wird.

Es kommt jetzt darauf an, ob Trump zum Beispiel auf die Klagen der einheimischen Öllobby hört: Raffinerien im Mittleren Westen sind von Rohöl aus Kanada abhängig. Einfuhrabgaben auf dieses Öl würden das Benzin in politisch umkämpften Gliedstaaten wie Michigan oder Wisconsin deutlich verteuern.

Die Folgen eines langwierigen Zollstreits werden Konsumenten und Arbeitnehmer in allen drei Ländern zu spüren bekommen, in Form von höherer Inflation und tieferem Wachstum. In Mexiko und Kanada werden die Zölle, sollten sie länger Bestand haben, zu einer schweren Rezession führen. Ob Trumps Strategie aufgeht, wird sich aber in den Läden und an den Tankstellen Amerikas entscheiden.

Die Hardliner setzen sich durch

Trump-Apologeten hatten lange Zeit beschwichtigt, dass der neue Präsident – wie in seiner ersten Amtszeit – Zölle vor allem als Verhandlungstaktik einsetzen werde und er dem Freihandel «eigentlich» nicht abgeneigt sei. Trump straft sie gerade Lügen. Die Hardliner in seinem Lager, wie der Berater Pete Navarro oder der Handelsminister Howard Lutnick, setzen sich durch.

Unterhändler aus Kanada und Mexiko sind frustriert, weil der amerikanische Präsident offenbar gar keine klaren Forderungen an sie stellte, mit denen sie die Zölle hätten abwenden können. Das Trump-Lager lobte jüngst, dass Kanada seine Grenze besser kontrolliere und Mexiko militärische Ausschaffungsflüge zulasse. Die Zölle kamen trotzdem.

«Erst strafen, dann verhandeln», lautet Trumps Ansatz. Er sendet damit eine starke Botschaft aus, im In- und Ausland, an seine Fans und seine Feinde. Er erwischt damit aber auch viele amerikanische Unternehmensführer auf dem falschen Fuss. Selbst nach dem republikanischen Wahlsieg im November und scharfen Drohungen gegen Mexiko und Kanada glaubten sie nicht, dass Trump tatsächlich eine derart harte Linie fahren würde.

Handelskriege sind unberechenbar

Trump setzt nun eine Dynamik in Gang, die er nicht leicht stoppen kann. Er will an Mexiko und Kanada ein Exempel statuieren und damit den Widerstandsgeist anderer Länder brechen, bevor er mit diesen in Verhandlungen tritt. Dieses Vorgehen setzt aber auch Trump selbst unter Druck: Sollte er scheitern, würden alle seine Drohungen in Zukunft weniger ernst genommen.

In seiner ersten Amtszeit konnte er kleinere Anpassungen am Freihandelsabkommen mit den nordamerikanischen Nachbarn noch als grossen Sieg verkaufen. Es ist nicht klar, ob ihm dies wieder gelingt. Zwar ist offensichtlich, dass Kanada und Mexiko in einem Handelskrieg mehr zu verlieren haben als die USA. Doch diese beiden Länder sind nicht China. Hier regieren demokratisch gewählte Politiker, die nun ihrerseits für ihr Heimpublikum Härte demonstrieren und Strafzölle einführen müssen, selbst wenn das ihren Ländern kurzfristig sehr schaden wird.

Härte ist auch aussenpolitisch ein rationales Vorgehen für die Nachbarn der USA: Sie müssen den Amerikanern beweisen, dass Trumps Einschüchterungsstrategie scheitert, sonst würden seine Nachfolger im Weissen Haus dereinst wieder auf Ottawa und Mexiko-Stadt einprügeln.

Es gibt einen weiteren wichtigen Unterschied zwischen Mexiko und Kanada einerseits und China anderseits: Die Wertschöpfungsketten in Nordamerika sind viel enger verflochten. Die neuen Zölle treffen auch amerikanische Autobauer, die vorfabrizierte Teile mehrmals über die Grenzen transportieren, bis sie die fertigen Autos in den USA verkaufen. Anders als im ab 2018 geführten Handelskrieg mit China wird die Wertschöpfungskette nun nicht nur an einem Ort angegriffen, sondern mehrfach.

Bereits haben in Detroit zwischen den Autobauern und ihren Lieferanten harte Verhandlungen darüber eingesetzt, wer die Kostensteigerung von 25 Prozent auf Airbags, Autositzen und Spezialschrauben tragen muss. Im Autogeschäft sind die Margen aber so gering, dass wohl die Konsumenten einen Grossteil der Preiserhöhung schlucken müssen.

Also werden die amerikanischen Konsumenten mit ihren Portemonnaies über den Ausgang dieses Handelskriegs entscheiden. Trump hat ihnen versprochen, die Inflation auszumerzen. Werden Benzin, Früchte, Gemüse und Autos viel teurer statt billiger, wird ihm das früher oder später politisch schaden. Auch weil ein neuer Inflationsschub die amerikanische Notenbank dazu zwingen wird, die Leitzinsen auf einem höheren Niveau zu halten, was Firmen und Hauskäufer in den USA nicht gefallen wird.

Doch halten Mexiko, Kanada und die übrigen Opponenten im Handelsstreit lange genug durch, um Trump zum Einlenken zu zwingen? Die nächsten Monate dürften es zeigen. Die Weltwirtschaft muss sich auf eine ruppige Zeit einstellen.

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