Dienstag, November 26

Der gewählte US-Präsident Donald Trump schreckt am Dienstag die Börsen mit Zolldrohungen gegen Mexiko, Kanada und China auf. Für Schweizer Unternehmen, die in Mexiko für den US-Markt produzieren, ist das keine gute Nachricht.

Am gestrigen Montag war an den globalen Börsen noch ein kollektives Aufatmen zu spüren. Am Wochenende war bekannt geworden, dass der gewählte US-Präsident Donald Trump den Hedgefondsmanager Scott Bessent als neuen Finanzminister vorschlagen wird. Der Gründer des Hedgefonds Key Square Group plädiert unter anderem für eine Senkung des Haushaltsdefizits und vertritt in der Zollpolitik eine weniger konfrontative Haltung.

Kurzum: Mit Bessent kommt eine Stimme der Vernunft in das Trump-Kabinett, die zu einer konstruktiveren Handelspolitik der USA führen könnte, so die Hoffnung des Marktes (mehr dazu hier).

Das war gestern.

Heute, respektive am Montagabend nach Börsenschluss, kam die kalte Dusche. Als wolle er angesichts der allgemeinen Bessent-Begeisterung unterstreichen, wer noch immer der Herr im Hause ist, griff der zukünftige Präsident Trump zum Vorschlaghammer – und brachte mit voller Wucht sein Lieblingsthema zurück aufs Tapet: Zölle.

Zolldrohung als Taktik?

«Am 20. Januar werde ich als eine meiner ersten Amtshandlungen alle notwendigen Dokumente unterzeichnen, um Mexiko und Kanada mit einem Zoll von 25% auf alle Produkte zu belegen, die in die USA kommen», schrieb Trump auf dem von ihm gegründeten Kurznachrichtendienst Truth Social. Ausserdem will er China mit einem zusätzlichen Zoll von 10% auf alle Produkte belegen.

Interessant ist, dass Trump für seinen Vorstoss diesmal nicht auf das altbekannte Argument unfairer Handelsbedingungen zurückgreift, sondern den illegalen Drogen- und Menschenschmuggel der Nachbarländer ins Zentrum rückt. Seine Drohung: Die Zölle blieben in Kraft, bis Mexiko und Kanada entschieden gegen diese Probleme vorgingen. Das könnte die vielerorts geäusserte Vermutung stärken, dass Trump die Zolldrohung in erster Linie als Verhandlungsinstrument sieht.

Die Nachricht bewegte am Dienstag die Märkte. In Deutschland gerieten insbesondere die Aktien der Automobilhersteller unter Druck, da viele von ihnen Mexiko als kostengünstigen Produktionsstandort nutzen, um von dort in die USA zu exportieren. Vor allem Volkswagen ist hier exponiert. Indirekt dürfte das auch die Schweizer Zulieferer Komax und Autoneum betreffen, die die in Mexiko produzierenden Autobauer beliefern.

Landis + Gyr setzt für US-Lieferungen voll auf Mexiko

Auch Schweizer Unternehmen produzieren in Mexiko günstig für ihren Hauptexportmarkt, die USA. Gemäss Vontobel-Analyst Jean-Philippe Bertschy findet die Produktion von Landis + Gyr für den US-Markt nahezu vollständig in Mexiko statt. Das Unternehmen betreibt eine moderne Produktionsstätte in Reynosa, Mexiko, die sich etwa acht Kilometer südlich der Grenze zu McAllen, Texas, befindet. Der US-Markt hat für den Hersteller von Stromzählern eine besondere Bedeutung, ist er doch neben Japan einer der wenigen Regionen, in der er profitabel wirtschaftet. Bertschy schätzt, dass 80% des Gewinns auf Stufe Ebitda aus den USA stammen.

Das Unternehmen will sich künftig auf das rentable Americas-Geschäft (USA, Kanada, Brasilien, Japan) konzentrieren, und erwägt gar dieses mittelfristig separat an die Börse zu bringen. Die USA bieten mit einem überalterten Stromnetz, einer allgemein vernachlässigten Infrastruktur sowie jüngst grosszügigen, staatlichen Subventionsprogrammen ideale Verhältnisse.

Dätwyler und Interroll leicht betroffen

Dätwyler betreibt ebenfalls Werke in Mexiko. 2022 erweiterte der Industriezulieferer seinen Standort in Silao um eine Anlage zur Herstellung von Komponenten aus Flüssigsilikonkautschuk (LSR). Diese Produkte kommen vor allem in Elektroautos zum Einsatz und werden für Kunden in Mexiko sowie Nord- und Südamerika gefertigt. Gemäss Bertschy ist jedoch nur ein «einstelliger Prozentanteil des Umsatzes» betroffen, weshalb die Gesamtauswirkungen voraussichtlich gering ausfallen.

Ähnliches dürfte für Interroll gelten. Zwar betreibt der Spezialist für Intralogistik eine Produktionsstätte in Querétaro und baut derzeit eine Fabrik in Monterrey, etwa 200 Kilometer südlich der Grenze zu Texas. Allerdings ist das Unternehmen auch in den USA mit wichtigen Produktionswerken präsent wie in Atlanta oder Colorado. Sollte Trump weitere Zölle, etwa gegen Europa, verhängen, wäre Interroll durch ihre starke Präsenz in den USA sogar in einer guten Position.

Gemäss Bertschy könnte Kühne + Nagel mit Blick auf die Zollstreitigkeiten langfristig gar einen Vorteil haben. Zwar betreibe der Logistiker grenzüberschreitende Zollabfertigungsgeschäfte zwischen Mexiko und den USA, die im Falle von Zöllen von niedrigeren Volumina betroffen wären. «Der Konzern könnte aber von der erhöhten Komplexität der Lieferketten und dem erhöhten grenzüberschreitenden Verwaltungsaufwand profitieren.»

Dormakaba und Sonova auf dem falschen Fuss erwischt

Wohl auf dem falschen Fuss erwischt werden könnte Dormakaba. Der Sicherheits- und Schliesstechnikspezialist hat auf seinem Kapitalmarkttag vergangene Woche betont, sowohl in Europa als auch in Nordamerika die Produktion verstärkt in «Best Cost Countries» zu verlagern. So werden in den USA erst etwa 20% der Produktion an günstigen Standorten durchgeführt. Um diese Quote zu erhöhen, plant Dormakaba, die US-Produktion nach Mexiko zu verlagern, wo das Unternehmen in Nogales, direkt an der Grenze zu Arizona, bereits über eine Produktionsstätte verfügt. Allerdings sind diese Pläne noch nicht weit fortgeschritten. Dormakaba hätte noch genügend Raum, die Strategie zu überdenken und anzupassen.

Schon weiter fortgeschritten sind die Pläne bei Sonova. Bereits 2023 kündigte der Hörgerätehersteller an, Teile der Produktion nach Mexiko zu verlagern, auch um die strategisch wichtige Region Amerika noch besser bedienen zu können. Anfang des Jahres wurde für die Produktion von Hörgeräten und Cochlea-Implantaten ein neues Werk in der mexikanischen Metropole Mexicali eröffnet – nahe der Grenze zum US-Bundesstaat Kalifornien. Ende 2025 soll die Verlagerung nach Mexiko abgeschlossen sein.

SIG Group wiederum produziert seit letztem Jahr aseptische Kartons im mexikanischen Querétaro. Gemäss Bertschy beliefert diese Anlage vor allem die Region Nordamerika, die 13% des Gesamtumsatzes des Verpackungsunternehmens ausmache. Allerdings entfielen in dieser Region wiederum nur etwas mehr als die Hälfte auf aseptische Kartons. Zudem betont Bertschy, dass SIG auch ein Werk in den USA betreibe.

Noch weniger dürfte Barry Callebaut von US-Zöllen auf Mexiko betroffen sein. Zwar wird ein Teil der Produktion in Mexiko hergestellt und in die USA exportiert. Die Auswirkungen auf Volumen und Umsatz schätzt Bertschy jedoch lediglich auf 1 bis 2%.

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