Weil kein Käufer für das Mobilfunkgeschäft gefunden werden konnte, wird es eingestellt. Die Abschreiber häufen sich und verlängern die Durststrecke für den Schweizer Chipdesigner. Investoren brauchen noch mehr Geduld.
Die Sünden der Vergangenheit verlängern den Weg zur Genesung von U-Blox. Der Thalwiler Chipdesigner sieht sich deshalb gezwungen, sich einer notorischen Verlustquelle zu entledigen. Per sofort stellt er die Aktivitäten im Bereich Mobilfunk ein. «Eine harte, aber notwendige Entscheidung», sagte Konzernchef Stephan Zizala an der Telefonkonferenz.
Ausstieg statt Verkauf
Der Ausstieg aus diesem Geschäft kommt nicht überraschend. Im Herbst 2023 wurde eine grundlegende Strategieänderung angekündigt. Künftig will sich das Unternehmen auf sein Kerngeschäft, Positionierungslösungen, konzentrieren, wo es technisch mithalten kann und ausserordentlich hohe Margen erzielt. Die Absicht, den Kunden ganze Module samt Mobilfunkchip zu verkaufen, entpuppte sich als Holzweg. Für das Cellular-Geschäft sollte eine Alternative gefunden werden.
Die heutige Nachricht, den grössten Teil des Cellular-Bereichs auslaufen zu lassen, bekräftigt die Befürchtung, dass die jahrelange strategische Fehleinschätzung des Managements noch schlimmer war. Während Jahrzehnten wurden enorme Summen in die Entwicklung gesteckt. Ab jetzt wird nichts mehr investiert, lediglich die laufenden Projekte abgewickelt. Mit den Kunden werde nun verhandelt, wie lange sie noch beliefert werden wollen.
Vor einem Jahr hiess es noch, U-Blox wolle für dieses Geschäft einen geeigneten Käufer finden. Da es aber tief defizitär ist, war das schon damals kein einfaches Unterfangen. Allein im ersten Semester 2024 wurde damit ein operativer Verlust auf Stufe Ebit von über 15 Mio. Fr. eingefahren oder fast die Hälfte des auf Gruppenstufe ausgewiesenen Verlustes von 36 Mio. Fr. – und das mit einem kümmerlichen Umsatzbeitrag von 27 Mio. Fr.
Von der Schliessung sind gut 200 Mitarbeitende betroffen. Die verbleibenden Aktivitäten im Cellular-Bereich, Nahfunklösungen (Wifi und Bluetooth) sind davon nicht tangiert. Laut CEO Zizala hätten diese Aktivitäten Synergien zum Positionierungsgeschäft. Hingegen räumte er auch ein, dass sie nicht zwangsläufig Bestandteil des U-Blox-Angebots sein müssen.
Aktivierte Forschungskosten schmerzen nun
Mit dem Schritt entledigt sich U-Blox einer Verlustquelle, die die Rechnung jährlich mit mindestens 30 Mio. Fr. belastete. Im vergangenen Geschäftsjahr werden Wertberichtigungen von 31 Mio. Fr. verbucht. Es handelt sich dabei um Wertminderungen aus aktivierten Forschungs- und Entwicklungskosten dieses Bereichs. Schon im Vorjahr musste aus dem gleichen Grund ein Abschreiber von 65 Mio. Fr. vorgenommen werden. Die langjährige Geschäftspraktik von U-Blox, die F&E-Ausgaben zu aktivieren, war stets ein wunder Punkt, an dem sich die Investoren stiessen. Im Rückblick war ihre Sorge mehr als berechtigt.
Weil U-Blox bei Cellular nun die Reissline zieht, müssen dem ersten Quartal 2025 weitere 65 Mio. Fr. an Kosten für die Restrukturierung angelastet werden, davon 26 Mio. Fr. cash-relevant. Weil das Unternehmen über eine solide Nettoliquidität verfügt, ist das verkraftbar.
Mit diesem Schritt wird der Umsatz von U-Blox weiter gegen 200 Mio. Fr. schrumpfen. Zum Vergleich: 2023 lag der Umsatz des Unternehmens bei 577 Mio. Fr. und die Belegschaft umfasste 1400 Mitarbeitende.
Positiv zu vermerken ist, dass nun die Latte für das Erreichen der Gewinnschwelle etwas tiefer liegt. Gemäss Finanzchefin Camila Japur werde der Break-even in diesem Jahr erreicht. Die Kosten konnten gruppenweit um 20 Mio. Fr. p. a. gesenkt werden. Davor war von einem Mindestumsatz von 70 Mio. bis 80 Mio. Fr. pro Quartal, also von rund 300 Mio. Fr. jährlich die Rede, damit wieder schwarze (auf adjustierter Basis) Zahlen geschrieben werden.
Tief in der Verlustzone
Die Prognose für das Schlussquartal 2024 wurden bestätigt: Einem Umsatz von 60 Mio. bis 70 Mio. Fr., was knapp der Hälfte des Vorjahresniveaus entspräche, stehe eine negative Ebit-Marge von 15 bis 25% gegenüber. Darin sind jedoch die Restrukturierungskosten nicht berücksichtigt.
Bis das Unternehmen wieder die einstige Grösse hat, werden noch Jahre vergehen. Derzeit gehen die Analysten davon aus, dass U-Blox im kommenden Jahr wieder einen Gewinn erwirtschaftet.
Die heutige Meldung verlieh dem Aktienkurs von U-Blox zunächst etwas Aufwind. Im Lauf des Tages notierten die Valoren aber wieder deutlich tiefer. Nach der Telefonkonferenz für Investoren vergrösserte sich der Tagesverlust zeitweise auf mehr als 10%.
Damit hat sich die Underperformance vergrössert: Seit Ankündigung der Strategieänderung im Herbst 2023 haben die Aktien von U-Blox rund 15% an Wert eingebüsst, in einem Zeitraum, in dem der SPI ohne Dividende um 5% zugelegt hat. Mit einem Delta von –20% ist das bisherige Fazit der Strategieänderung mehr als ernüchternd.
Kaufargumente fehlen
Aus Investorensicht ist es immerhin löblich, dass notorische Verlustquellen geschlossen werden. Mit dem heutigen Schritt verkürzt U-Blox die Leidenszeit, bis wieder eine akzeptable Rentabilität erwirtschaftet wird. Trotzdem dürfte die Hoffnung auf eine baldige Genesung verfrüht sein. Nach dem Krisenjahr 2024 wird 2025 bestenfalls ein Übergangsjahr.
Die derzeitige Bewertung ruht auf der Annahme, dass U-Blox 2026 einen Gewinn pro Aktie von 3.68 Fr. und nach zwei dividendenlosen Jahren wieder wie in 2023 etwa 1 Fr. pro Aktie ausschüttet. Auf dieser Basis errechnet sich ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 19 sowie eine Rendite 1,4%. Beides reizt wenig für einen raschen Einstieg.