Mittwoch, Oktober 30

Die letzte Schweizer Grossbank weist mit 1,4 Mrd. $ einen doppelt so hohen Drittquartalsgewinn aus wie erwartet. Das Ausmass künftiger Kapitalausschüttungen bleibt jedoch in der Schwebe.

Geschätzte Leserin, geschätzter Leser,

Trotz einem bereits starken Lauf, den die UBS-Aktien seit der Notübernahme der Credit Suisse im März 2023 schon hingelegt haben: Heute markierten die Titel im morgendlichen Handel mit 29.57 Fr. einen neuen Höchststand seit der Finanzkrise – bevor der Gesamtmarkt drehte und auch die Aktien der Grossbank etwas nachgaben.

Der Grund für den guten Auftakt in den Handel ist das Drittquartalsergebnis. Mit einem bereinigten Vorsteuergewinn von 2,4 Mrd. $ fiel es erneut deutlich über den Erwartungen aus, diesmal um mehr als 40%. Der ausgewiesene Quartalsgewinn ist mit 1,4 Mrd. $ sogar fast doppelt so hoch wie im Schnitt von den Analysten prognostiziert.

Diese Abweichung von den Prognosen ist mitunter Ausdruck des riesigen operativen Hebels, den UBS sich im Zug der Integration der Credit Suisse angeeignet hat: Bereits geringe Verbesserungen beim Ertrag oder den Kosten wirken sich enorm auf den Gewinn aus.

Im dritten Quartal hat sich besonders das Ertragswachstum von UBS besser entwickelt als erwartet – trotz einer gewissen Verlangsamung.

In der Kerndisziplin Global Wealth Management stiegen die Einnahmen zum Vorquartal um 3% auf fast 6 Mrd. $. Eine um 5% gewachsene Vermögensbasis sowie eine rege Handelsaktivität der Kunden haben den nur leicht schwächeren Zinserfolg überkompensiert.

Die Kosten legten derweil 1% zu, was ausreichte, um einen gegenüber dem Vorquartal 10% höheren bereinigten Vorsteuergewinn von 1,28 Mrd. $ einzufahren. Im Vergleich zum Vorjahresquartal lag das Gewinnplus sogar bei 30%.

Die 25 Mrd. $ Neugeld, die die Vermögensverwaltung im dritten Quartal angezogen hat, wirken ebenfalls beeindruckend. Doch darin enthalten sind auch Dividenden- und Zinserträge und nicht nur Gelder, welche die Kunden aktiv der Bank neu zur Verwaltung anvertraut haben. Zudem ist die Quote mit 2,4% tiefer ausgefallen als in den beiden Vorquartalen, die im Verhältnis zum Bestand jeweils rund 2,8% Neugeld brachten. Nach neun Monaten und 79 Mrd. $ Neugeld ist die Bank jedoch auf gutem Weg, ihr Jahresziel von 100 Mrd. $ zu erreichen.

Eindrucksvoll ist die Gesamtsumme, die UBS mittlerweile global verwaltet: Dank guter Marktentwicklung ist die Vermögensbasis, die die Bank global verwaltet, im Jahresvergleich um 15% auf 6,2 Bio. $ gewachsen.

Die bereinigten Kosten blieben im Quartalsverlauf fast unverändert. Diesbezüglich liegt der Fokus auf dem Abbau der von Credit Suisse übernommenen Altlasten. Im Vergleich zu den ursprünglichen Kosten von 6,1 Mrd. $ und auf Basis der jeweils letzten zwölf Monate gerechnet hat sich dieser Block inzwischen auf 3,2 Mrd. $ nahezu halbiert.

Mit Blick nach vorne wurde die Kostenbasis sogar bereits um fast 7 Mrd. $ gestutzt. Bis Ende 2026 soll sie um insgesamt 13 Mrd. $ sinken.

Die Hauptelemente der Reduzierung bilden das Altlastenportfolio, in dem inzwischen die Hälfte der von der Credit Suisse übernommenen Bücher geschlossen wurden. Zudem wurde knapp ein Drittel aller IT-Anwendungen der Credit Suisse ersetzt. Bis 2026 sollen alle abgestellt sein und dieser Kostenblock komplett wegfallen.

Gratis ist der Umbau nicht zu haben, weshalb der bereinigte Vorsteuergewinn von 2,4 Mrd. $ im dritten Quartal mit 1,1 Mrd. $ Integrationskosten belastet ist, aber auch von 600 Mio. $ Kaufpreisanpassungen profitiert. Nach Abzug von 500 Mio. $ Steuern errechnet sich daraus der den Aktionären verbleibenden Quartalsgewinn von 1,4 Mrd. $.

Umbaukosten werden abgefedert

Die Erklärung dafür, dass UBS trotz der auf Hochtouren laufenden Integration der Credit Suisse dennoch überraschend hohe Quartalsgewinne abliefert, liegt daran, dass sie bei ihrer Übernahme milliardenschwere Risikopolster geschaffen hat.

UBS hat das Eigenkapital der Credit Suisse zu einem Abschlag von 25 Mrd. $ in die eigenen Bücher aufgenommen. Bei diesen vorsorglichen Wertminderungen ist sie so weit gegangen, dass sie erwartet, dass rund die Hälfte davon über die Zeit wieder werthaltig wird, sprich: gewinnbringend zurück gebucht werden kann.

Im Kerngeschäft standen UBS daraus ursprünglich fast 10 Mrd. $ zur Verfügung. Bislang sind 3,8 Mrd. $ zurück gebucht worden – und haben etwa die Hälfte der bisherigen Integrationskosten finanziert.

Für das vierte Quartal veranschlagt UBS diese auf 1,2 Mrd. $, wobei 0,5 Mrd. $ aus der Rückbuchung der verbleibenden Kaufpreisanpassungen finanziert und damit abgefedert werden sollen. Das darüber hinaus verbleibende Risikopolster im Umfang von weiterhin mehr als 5 Mrd. $ spricht dafür, dass auch die künftigen Quartale trotz der Integration Milliardenüberschüsse bringen können.

Kapitalfrage weiterhin offen

Weiterhin belastend für die Aktien ist jedoch, dass die Kapitalfrage offen ist. Die Schweizer Aufsichtsbehörden wollen, dass die UBS nach dem Grössensprung durch die Übernahme der Credit Suisse bis zu 25 Mrd. $ zusätzliches Eigenkapital aufbaut.

Die Bank hingegen stellt in Aussicht, über Aktienrückkaufprogramme Milliarden an die Anteilseigner zurückführen zu wollen. Wie dieses Dilemma aufgehen soll, ist bis heute unklar.

Vor diesem Hintergrund hat UBS im dritten Quartal nun eine vom Regulator bei der Übernahme der Credit Suisse gewährte Ausnahmeregelung beendet: Sie schloss auf einen Schlag eine verbleibende Lücke beim Eigenkapital (CET 1) von noch 3,4 Mrd. $. Ursprünglich hätte sie dafür bis 2027 Zeit gehabt und dafür quartalsweise 300 Mio. $ aufwenden sollen.

Künftig fällt diese Belastung nun weg. Im Gegenzug sank die ausgewiesene Kernkapitalquote auf 14,3%, statt wie erwartet auf 14,9% zu bleiben. Zudem gab die Bank bekannt, dass die Finalisierung von Basel III, die in der Schweiz Anfang 2025 in Kraft tritt, die Kapitalquote um weitere 0,3 Prozentpunkte schmälern werde.

Gleichzeitig betonte die Bankführung um Konzernchef Sergio Ermotti, dass das laufende Aktienrückkaufprogramm über 1 Mrd. $ im vierten Quartal abgeschlossen werde. Wiederholt wurde zudem die Absicht, die Rückkäufe auch im kommenden Jahr weiterzuführen und 2026 höhere Kapitalrückführungen zu leisten als vor der Übernahme der Credit Suisse. Damals hatte die UBS ein Rückkaufprogramm über 5 Mrd. $ am Laufen.

Ob die künftigen Kapitalvorschriften diese Ambition jedoch Realität werden lassen, ist weiterhin offen. Eine Klärung wird erst im Verlauf des nächsten Jahres erwartet.

Verunsicherung lastet auf den Aktien

Der bislang erstaunlich reibungslos verlaufende Integrationsprozess der Credit Suisse hat die Aktien wie eingangs gezeigt auf neue Höchstkurse getrieben.

Auf diesem Weg aber hat die Frage, wie viel Eigenkapital UBS künftig wird vorhalten müssen und wie viel der Gewinne für Ausschüttungen zur Verfügung stehen wird, auch immer wieder für starke Kursausschläge gesorgt.

Angesichts einer im dritten Quartal erreichten Rendite auf dem Kernkapital von 7,6% sowie der nach Abschluss der Integration ab 2026 in Aussicht gestellten Verdoppelung auf 15% besteht aus operativer Sicht auch weiterhin erhebliches Kurspotenzial – Werte über 50 Fr. sind nicht unrealistisch.

Solange die Kapitalfrage nicht beantwortet ist, dürfte das die Entwicklung der Aktien jedoch auch weiterhin im Zaum halten.

Freundlich grüsst im Namen von Mr Market,

Ruedi Keller

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