Donnerstag, Oktober 10


Gartenkunde

Gerade blühen Tulpen an gefühlt jeder Ecke. Sie sind so präsent, dass man beinahe vergisst, welche anderen Blüten es noch gibt.

Rot, rosa, gelb, weiss, mehrfarbig, mit spitzen, abgerundeten oder gefransten Blütenblättern, schlanken oder bauchigen Formen, Tulpen blühen gerade gefühlt überall. Von Ende März bis Mitte Mai dominieren sie Gärten und Parks – so sehr, dass man sich fast fragt, ob es auch noch andere, attraktive Frühlingspflanzen gibt. Doch, gibt es, nur sind sie optisch oft nicht so plakativ. Man muss genauer hinsehen, damit einem ihre subtile Schönheit nicht entgeht.

Das ganze Jahr über scheint die Elfenblume (Epimedium) den falschen Namen zu tragen. Die Pflanze ist unscheinbar, ein immergrüner Bodendecker. Herzförmige Blätter stehen auf dünnen Stilen dicht nebeneinander. Bei einigen Sorten sind die Blätter dekorativ gezeichnet, haben grüne Adern, die sich von der rötlichen Färbung des restlichen Blattes kunstvoll abheben. So markant, dass die Pflanze im Vorbeigehen die Aufmerksamkeit auf sich zieht, sind sie allerdings nicht.

Das ändert sich, wenn im späten Frühjahr plötzlich dünne Blütenstände mit zahlreichen, wie Trauben angeordneten Knospen zwischen den Blättern erscheinen. Eine nach der anderen entfalten sich dann kleine Blüten, fein und märchenhaft verspielt mit manchmal komplizierten Arrangements unterschiedlich geformter Blütenblätter. Bei der beliebten Sorte ‹Frohnleiten› sind diese leuchtend gelb und erinnern an winzige Sonnenschirmchen. Elfenblume ist also doch kein so schlechter Name für das Epimedium.

Die Elfenblume wächst, wo wenig Anderes gedeiht

So zart und zerbrechlich die Blüten auch sind, die Elfenblume, und vor allem die Sorte ‹Frohnleiten›, ist äusserst robust. Sie wächst genügsam, wo wenig Anderes gedeiht, unter Bäumen und Sträuchern und im Schatten. Die Pflanze ist die perfekte pflegeleichte Wahl. Sie ist steril, ungewollte Keimlinge wird man also nicht finden und sogar Schnecken verschmähen ‹Frohnleiten›.

Man kann Epimedium einfach sich selbst überlassen oder man kann den Genuss der Blüten – und Blätter – gärtnerisch verstärken. Dazu schneidet man bevor die Blütenstände erscheinen alle Blätter kurz über dem Boden ab. Das geht entweder per Hand oder bei grösseren Flächen mit dem Rasenmäher. Die Massnahme mag zunächst destruktiv klingen, schädigt die Pflanzen aber nicht, sofern sie nicht zu lange ohne Fotosynthese überdauern müssen.

Wer sich den radikalen Schnitt traut, der wird mit so vielen Blütenständen belohnt, der ganze Boden scheint dann gelb zu sein. Und während die ersten gelben Schirmchen verblühen, beginnen sich die neuen, noch mit weichem Flaum bedeckten Blätter zu entfalten. Das ganze dauert nicht lange, aber die Erinnerung daran macht die Elfenblumen das Jahr über besonders.

Die Zahnlilie ist ein gelber Hingucker

Eine andere Pflanze, die in etwa zur gleichen Jahreszeit blüht, würde ebenfalls ins Land der Elfen und Feen passen, die Zahnlilie (Erythronium). Benannt ist sie nach der Form ihrer Zwiebel, aber auch bei der Blüte braucht es nicht viel Fantasie, um sie sich als Kopfbedeckung eines Fabelwesens vorzustellen. Das Hütchen hängt mit seinem Zipfel grazil von einem Blütenstil. Wenn seine spitz zulaufenden Blütenblätter sich öffnen, wölben sich die Enden nach oben und die Blüte verwandelt sich in einen Turban.

Auch wer sich nicht ins Reich der Märchen begibt, wird sich der zierlichen Schönheit der Zahnlilie kaum entziehen können. Sie ist nicht so unempfindlich wie die Elfenblume, aber die gelb blühende Sorte ‹Pagoda› eignet sich auch für unerfahrene Gartenbegeisterte. Am wohlsten fühlt sie sich im Frühjahr in der Sonne und im Sommer im Schatten, also zum Beispiel unter einem spät austreibenden Laubbaum. Ein bisschen erinnert die Blüte der ‹Pagoda› an die der Tulipa sylvestris. Dies ist eine kleine Wildtulpe, ja eine Tulpe, aber eine, die mit ihrer zurückhaltenden Anmut Elfenblume und Zahnlilie ähnelt. Denn, nicht alle Tulpen sind gross und aufmerksamkeitsheischend.

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