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Polarlichter, Schneespaziergänge, Holz hacken: Millionen sehen der Influencerin Cecilia Blomdahl zu, wie sie auf Instagram und Tiktok von ihrem Alltag auf Spitzbergen berichtet. Was hat sie über das Leben in Eis und Dunkelheit gelernt?
Spitzbergen ist eigentlich eine unwirtliche Gegend. Die Inselgruppe gehört zu Norwegen und liegt etwa 1300 Kilometer vom Nordpol entfernt. Longyearbyen, der Hauptort, ist damit eine der nördlichsten Ansiedlungen der Erde. Im Winter bedecken Eis und Schnee die Inseln. Die durchschnittliche Temperatur liegt bei –15 Grad.
Die Influencerin Cecilia Blomdahl hat Spitzbergen zu ungeahnter Popularität verholfen. Seit 2015 lebt sie in Longyearbyen und berichtet auf Tiktok und Instagram über ihren Alltag. Sie postet Videos und Fotos von grün tanzenden Polarlichtern oder von Schneespaziergängen mit ihrem Hund Grim, sie zeigt, wie sie Holz hackt oder um 11 Uhr vor ihrem Haus bei Mondschein Kaffee trinkt. Millionen sehen ihr dabei zu.
Blomdahl ist 34 Jahre alt und wuchs in Schweden auf. Ursprünglich hatte sie geplant, nur für drei Monate in Longyearbyen zu bleiben. Sie habe sich aber in das Leben auf Spitzbergen verliebt, sagt sie. Es sei friedlich, aber gleichzeitig voller Abenteuer; viel spiele sich draussen ab. Auch die Natur sei wunderschön.
Ein besonderes Phänomen in der Region ist die Polarnacht. Damit werden die Monate rund um den 21. Dezember bezeichnet. In dieser Zeit ist der Nordpol von der Sonne abgewandt. Je nach Region steigt die Sonne dann mehrere Tage bis mehrere Monate nicht über den Horizont. Auf Spitzbergen ist dies von Mitte November bis Ende Januar der Fall. Die Menschen leben dann auch tagsüber in nahezu vollständiger Dunkelheit.
Frau Blomdahl, Sie wohnen auf Spitzbergen, weit nördlich des Polarkreises. In der Zeit rund um die Wintersonnenwende ist es bei Ihnen auch tagsüber nahezu stockdunkel. Wie bereiten Sie sich darauf vor?
Um gut durch die langen Monate der Dunkelheit zu kommen, nehmen wir das ganze Jahr über Vitamin-D-Präparate ein. Ohne ausreichend Sonnenlicht kann der Körper das Vitamin nicht produzieren. Dann kümmere ich mich darum, dass meine gesamte Winterausrüstung griffbereit ist, etwa meine grossen, flauschigen Daunenmäntel. Es wird schnell kalt, der erste Schnee fällt oft schon Ende September.
Das klingt schrecklich.
Im Gegenteil! Ich liebe die Polarnacht, ich kann es jedes Jahr kaum erwarten, dass es wieder losgeht. Es ist sehr wichtig, mit einer guten Einstellung in diese Jahreszeit zu gehen. Oft entscheidet die innere Haltung darüber, wie man den Winter übersteht.
Wie rüsten Sie Ihr Haus für die Kälte?
Ich tausche die leichteren Bettdecken gegen Winterdecken mit einer dickeren Daunenfüllung aus. Dann sorge ich dafür, dass wir genug Innenbeleuchtung haben, schliesslich wird es in der Polarnacht kein Tageslicht geben. Wir decken uns auch mit Holz für den Holzofen ein, für Tage, an denen die Schneestürme vor unserem Haus toben.
Apropos Licht: Braucht man im Winter eine Tageslichtlampe?
Ich finde einen Lichtwecker, also einen Wecker, der beim Alarm einen Sonnenaufgang simuliert, toll. Er hilft im Winter dabei, langsam aufzuwachen. Ausserdem ist es wichtig, sich die Wohnung behaglich zu machen; man verbringt schliesslich viel Zeit drinnen. Ich hänge deshalb überall Lichterketten aus Kupferdraht auf. Sie erleuchten den Raum, sind aber auch nicht zu hell. Sie machen einfach alles gemütlich. Ich mag die Stimmung.
In einem Interview haben Sie gesagt, dass Sie viele Leute kennten, die wegen der langen Dunkelheit aus Versehen in der Nacht zur Arbeit gegangen sind. Sie hatten Mittagsschlaf gehalten, waren um 20 Uhr aufgewacht und dachten, sie hätten die ganze Nacht geschlafen und es wäre Morgen. Wie kann man das Schlaf-Chaos verhindern?
Ich glaube, es ist wichtig, einen strikten Zeitplan einzuhalten. Es gibt in diesen Monaten nichts, was dem Körper sagt, er solle aufwachen oder ins Bett gehen. Deshalb kann es leicht passieren, dass der Biorhythmus durcheinandergerät. Um die Kontrolle zu behalten, sollte man daher immer zur gleichen Zeit schlafen gehen und wieder aufstehen. Im Winter, vor allem gegen Ende der Polarnacht, ist das für mich besonders schwierig, weil ich morgens nicht gut aus dem Bett komme. In der Zeit gehe ich spät schlafen und stehe spät auf.
Wer in Longyearbyen unterwegs ist, kann auf Rentiere treffen. Auch Eisbären kommen in Ihrer Gegend häufig vor. Wie soll man sich verhalten, wenn man einem Eisbär begegnet?
Auf Spitzbergen kann man tatsächlich jederzeit auf Eisbären treffen, allerdings würde ich nicht sagen, dass das oft vorkommt. Trotzdem muss man immer darauf vorbereitet sein. Die Regierung empfiehlt, möglichst leise wegzulaufen und einen sicheren Ort aufzusuchen. Ausserhalb von Ortschaften sollte man ein Gewehr mit sich führen. Auch vor Leuchtpistolen haben Eisbären Angst.
Sollte man im Winter nach draussen gehen, auch wenn es ungemütlich ist?
Ja, solange die Kleidung stimmt und das Wetter nicht gefährlich ist, ist es immer gut, nach draussen zu gehen. An der frischen Luft zu sein und den Körper zu bewegen, gibt mir Energie.
Was haben Sie in der Dunkelheit gelernt?
Das Sprichwort sagt: «Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung.» Man muss sich also nur an die äusseren Verhältnisse anpassen. Aber im Ernst: Nur im Dunkeln können wir die Sterne sehen. Man kann also in allem Schönheit finden, solange man nur die Augen öffnet.
Brauchen Sie nicht auch manchmal eine Pause vom Winter? Auf Instagram habe ich gesehen, dass Sie gerade in Florida Ferien gemacht haben.
Es kann helfen, im Januar eine kleine Auszeit von der Dunkelheit zu nehmen. Wegen des fehlenden Lichts ist zu diesem Zeitpunkt der Grossteil meines geregelten Tagesrhythmus durcheinander. Ich liebe den Winter, es ist also nicht so, dass ich dem kalten Wetter entfliehe. Ich möchte aber versuchen, meinen Biorhythmus wieder auf einen regelmässigeren Wechsel zwischen Tag und Nacht einzustellen. Abgesehen davon ist es natürlich auch schön, ab und zu Ferien in warmen Gegenden zu machen. Dafür ist der Januar eine gute Zeit. Gegen Ende der Polarnacht passiert auf Spitzbergen wenig. Bald beginnt aber die Schneemobil-Saison, dann ist wieder mehr los.