Montag, Januar 27

Steckt ein Jüngling dahinter, den Schürk und Hölzer schon einmal am Schlafittchen hatten? Auch ein türkischer Security-Mann macht sich verdächtig in diesem Fall, der mehr von der Spannung als von der Logik lebt.

So klein ist das Saarland nun auch wieder nicht, dass alle Einwohner miteinander verwandt sein könnten. Aber bekannt oder befreundet, einige vielleicht sogar quasifamiliär ineinander verknallt oder feindselig verkeilt – das wäre schon eher denkbar.

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Auf diese kammerspielartige Grundidee setzten bislang alle fünf Drehbücher der Saarbrücker «Tatort»-Folgen mit dem Team Hölzer/Schürk. Auch bei ihrem sechsten Fall treffen die beiden smarten, gutaussehenden Kommissare am Tatort zufällig wieder auf die Spur eines alten Bekannten, wenn auch beinahe zu spät.

Den Möchtegerne-Gangster Moritz Leimer, dem Michelangelo Fortuzzi engelhaft naive Züge verleiht, hatten sie schon einmal, in Folge 4, am Schlafittchen gehabt. Ein tollpatschiger Jüngling, eigentlich noch ein Bübchen wie aus Milch und Honig, das sich rührend um seine kleinen Geschwister kümmert. Sie liessen ihn damals laufen, keineswegs nur aus purer Herzensgüte. So rächt sich aber nun ein Vertuschungsmanöver, von denen es im Ermittlungsteam Saarbrücken, auch diesmal wieder, etliche gibt.

Tablettensüchtige Mitarbeiterin

Das geht los kurz vor fünf Uhr morgens. Chefkommissar Leo Hölzer (Vladimir Burlakov) joggt gerade am Ufer der Saar. Seine aus bislang unbekannten Gründen chronisch schlaflose und heimlich tablettensüchtige Mitarbeiterin Pia Heinrich (Ines Marie Westernströer) hat soeben auf dem Revier ihre freiwillige Nachtschicht beendet: Da sehen beide von weitem eine schwarze Rauchwolke über der Innenstadt aufsteigen.

Es gab einen Raubüberfall auf einen Geldtransporter, wenige Sekunde später eine gewaltige Explosion. 1,2 Millionen Euro wurden erbeutet, einer der beiden Security-Männer kam zu Tode. Warum benahm er sich so leichtsinnig? Warum tut sein türkischer Kollege, eventuell Angehöriger eines stadtbekannten Clans, so, als könne er nicht bis drei zählen?

Ausserdem findet sich an den rostigen Resten eines in Mitleidenschaft gezogenen Fahrrads eine Blutspur, die, wie das Labor herausfindet, auf Anwesenheit besagten Bübchens verweist. Darauf fällt Kommissar Adam Schürk (Daniel Strässer), der nach einer durchgrübelten Nacht beschliesst, zum soundsovielten Mal endgültig aus dem Elternhaus auszuziehen, nur das Wort «Scheisse» ein. Kommissarin Esther Baumann (Brigitte Urhausen) dagegen, die prinzipienfeste, rastet aus.

Das Tempo zieht an, die Dialoge im Team werden kürzer, der Fall konstruierter. Oft reicht schon ein strafender Blick, eine hochgezogene Augenbraue. Die Liste der Verdächtigen dagegen verlängert sich sprungartig und sorgt für Überraschungen.

Rührende Bilder

Plötzlich ausbrechende Actionszenen enthüllen, dass Jäger und Gejagte offenbar an ähnlichen familiär bedingten Neurosen leiden. So spiegelt sich Schürks gestörtes Verhältnis zu seinen Eltern in den emotionalen Abgründen, die der jungen Imbissbesitzerin Clara Radek zusetzen, als vernachlässigter Tochter von flüchtigen Berufskriminellen. Rührende, ja poetische Bilder ergeben sich aus solchen Krisen.

Wie sie da verloren im Grünen herumstehen, wieder vereint, Mutter (Sabine Timoteo) und Tochter (Lena Urzendowsky), das hat etwas. Es werden aber natürlich auch arg prätentiöse Phrasen gedroschen, über die Liebe und das Leben, die nur dank der Kunst dieser beiden hervorragenden Schauspielerinnen auszuhalten sind.

Man sollte auf keinen Fall Wert auf Logik legen beim Zuschauen. Dazu sind die Fälle an der Saar, auch dieser, von Tini Tüllmann inszeniert, zu wild gebaut. Allerdings gibt es auch keine leere Zeit, in der man getrost aufstehen und zum Kühlschrank gehen könnte. Die Spannungskurve hält, und sie steigert sich, bis zur letzten Sekunde, bis zum Cliffhanger.

«Tatort» aus Saarbrücken, «Das Ende der Nacht», am Sonntag, 20.05/20.15 Uhr, SRF/ARD.

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