Mittwoch, März 12

Die kleine Kammer hat am Montag alle Vorstösse der PUK zum Fall Credit Suisse unterstützt. Für Erstaunen sorgte der Rat erst nach der ch der PUK-Debatte.

Auf Krisen folgen Berichte und neue Regulierungen. Diesem eisernen Gesetz der Politik folgt auch das Drehbuch im Nachgang zur Krise der Credit Suisse. Laut der Zählung eines Beobachters inspirierte das CS-Debakel schon 25 Berichte von Behörden, Experten und dem Parlament mit total über 2500 Seiten. Den politisch gewichtigsten Bericht lieferte der Bundesrat im April 2024. Darin diskutierte die Regierung rund drei Dutzend Massnahmen; 22 davon empfahl sie zur Umsetzung, weitere sieben will sie prüfen. Konkrete Regierungsvorschläge zu Verordnungs- und Gesetzesänderungen dürften im Lauf dieses Jahres in die Vernehmlassung kommen.

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Der dickste Bericht stammt von der Untersuchungskommission des Parlaments (PUK). Der Bericht untersuchte die Rolle der Behörden im Vorfeld der CS-Krise und bei der Bewältigung. Verantwortlich für das Debakel der Credit Suisse ist die Bank selbst. Doch will man beim Verhalten der Behörden nach ungünstigen Begleitumständen suchen, deutet der PUK-Bericht auf einige Mitverantwortliche.

Da war die bürgerliche Parlamentsmehrheit, die in den 2010er Jahren die Flügel der Aufsichtsbehörde Finma stutzen wollte. Da war der damalige Finanzminister Ueli Maurer, welcher die Finma ebenfalls bremsen wollte und der Credit Suisse in der Streitfrage des Eigenkapitalpolsters ein Vetorecht gab. Und da war die Finma selbst, die bei der CS zu wenig Durchschlagskraft zeigte.

Eingemittete Vorstösse

Die PUK-Analysen mündeten in zwanzig Empfehlungen an den Bundesrat und rund zehn parlamentarische Vorstösse. Diese Vorstösse und der Bericht landeten am Montag im Ständerat. Die Vorstösse verlangen keine Revolution. Die vierzehnköpfige PUK mit Vertretern aller grossen Parteien wollte ihren Bericht einstimmig verabschieden. Entsprechend sind die Vorschläge schon eingemittet – obwohl nicht jedes Mitglied alle Punkte unterstützte, wie die PUK-Präsidentin und Mitte-Ständerätin Isabelle Chassot erklärte. Die Vorstösse rennen beim Bundesrat grossenteils offene Türen ein. Die Mitte-Partei, die traditionelle Mehrheitsbeschafferin in beiden Parlamentskammern, hatte sich im Vorfeld der Ratsdebatte vom Montag hinter die Empfehlungen der PUK gestellt.

Die Vorstösse der PUK umfassen vier Motionen (verbindliche Aufträge an den Bundesrat) und sechs Postulate (Prüfaufträge an die Regierung). Die verbindlichen Aufträge betreffen: Stärkung der Durchschlagskraft der Finma; Begrenzung der bankspezifischen Erleichterung von den regulären Eigenkapital- und Liquiditätsvorschriften (die CS hatte solche Erleichterungen während langer Zeit erhalten); Ergänzung in der Zielsetzung der Grossbankenregulierung (nicht nur Schutz des Schweizer Finanzsystems, sondern auch Vermeidung einer internationalen Krise); und eine Kompetenz für die Nationalbank, von den grossen Banken mehr verpfändungsfähige Aktiven für den Fall einer Liquiditätsnot zu verlangen.

Breite Zustimmung

Im Visier der Politik ist vor allem die künftige Regulierung der UBS. Formal gelten aber die genannten Vorstösse für alle Banken mit dem Attribut «systemrelevant»; nebst der UBS sind dies die Raiffeisen-Gruppe, die Zürcher Kantonalbank und die Postfinance.

Der Ständerat hat am Montag nach gut dreistündiger Debatte sämtliche Vorstösse der PUK klar angenommen – acht der zehn Vorstösse gar ohne Gegenstimme. Die PUK-Vorstösse sind relativ allgemein gehalten, so dass die Folgen entscheidend von der konkreten Umsetzung abhängen. So verlangt zum Beispiel die Motion für eine Stärkung der Durchsetzungskraft der Finma nicht ausdrücklich bestimmte Massnahmen; verlangt ist nur die Prüfung einiger Massnahmen. Zu den genannten Möglichkeiten für die Finma zählen etwa eine Bussenkompetenz gegenüber Banken und deren Angestellten, mehr Frühinterventionen sowie die Kompetenz zur Anordnung von Kapitalmassnahmen bei den Banken.

Verantwortliche sind fein raus

Für Verärgerung sorgte bei einigen Ständeräten, dass sich vorderhand keiner der verantwortlichen Verwaltungsräte und Manager der Credit Suisse vor einem Gericht verantworten muss. Der Grund dafür sei klar, betonte der St. Galler Mitte-Ständerat Benedikt Würth: Da es formal keinen Konkurs gegeben habe, sei kein Gläubiger zu einer Verantwortlichkeitsklage legitimiert, und die Aktionäre hätten im geltenden Recht kaum Klageanreize. Eines der vom Ständerat angenommenen Postulate verlangt die Prüfung von Massnahmen zur Stärkung von kleinen Aktionären bei grossen Banken. Die Debatte im Rat lässt mutmassen, dass damit eine Stärkung der Klageanreize gemeint sein könnte. Der Bundesrat hatte diesen Vorstoss mit dem Hinweis abgelehnt, dass man zuerst Erfahrungen mit den erst per 2023 revidierten Bestimmungen des Aktienrechts machen solle.

Finanzministerin Karin Keller-Sutter zeigte im Rat indes Verständnis für den Frust darüber, dass die CS-Verantwortlichen nicht beim Kadi antreten müssen: «Die Bevölkerung versteht das nicht, und ich verstehe, dass die Bevölkerung es nicht versteht.»

Der Walliser Mitte-Ständerat Beat Rieder schlug derweil die Schaffung einer Rechtsgrundlage für eine vorübergehende Verstaatlichung der UBS im Fall einer grossen Krise der Bank vor. Dies sei zudem mit einer «Guillotine für Banker» zu verknüpfen: Führe eine Bankenkrise zur Verstaatlichung, müssten die verantwortlichen Banker mit haftungs- und strafrechtlichen Konsequenzen rechnen.

Einen formellen Antrag dazu gab es nicht. Die PUK hat keinen Vorstoss zur Verstaatlichungsoption deponiert. Der Bundesrat will keine ausdrückliche Rechtsgrundlage für Verstaatlichungen. Die Verankerung einer solchen Option setzt laut der Finanzministerin Fehlanreize für Bankmanager und Geldgeber – nach dem Motto «Wenn etwas passiert, wird es der Staat schon richten». Für den Bundesrat sei entscheidend, dass in einer künftigen Krise der UBS die Abwicklung der Bank möglich sei. Der Begriff «Abwicklung» steht für ein behördlich ausgelöstes Krisenszenario, das ohne Hilfe der Steuerzahler in eine Sanierung oder in einen Konkurs münden kann.

Boni trotz Wertvernichtung

Für Verärgerung sorgte bei manchen Politikern auch das krasse Missverhältnis zwischen unternehmerischen Resultaten und Boni bei der Credit Suisse. Laut einer externen Analyse im Auftrag der PUK hatte die Credit Suisse von 2010 bis 2022 Boni von total fast 40 Milliarden Franken ausbezahlt. Das Total des ausgewiesenen Nettogewinns für diese Periode betrug dagegen nur 3,3 Milliarden Franken. Nach Abzug der theoretischen Kosten des Eigenkapitals von 7 Prozent pro Jahr ergab dies laut der Analyse eine Wertvernichtung (ökonomischer Verlust) von fast 34 Milliarden Franken.

Wohl nicht zuletzt unter dem Eindruck dieser Zahlen hat der Ständerat am Montag gleich nach der PUK-Debatte mit 21 zu 19 Stimmen gegen den Willen des Bundesrats eine Motion angenommen, die über die PUK-Empfehlungen hinausgeht. Der Vorstoss des Thurgauer SVP-Ständerats Jakob Stark verlangt, dass die Vergütung im Bankwesen 3 bis 5 Millionen Franken pro Jahr nicht überschreiten darf. Diese Motion geht nun an den Nationalrat. Stimmt auch dieser zu, muss der Bundesrat eine entsprechende Gesetzesänderung bringen.

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