Mittwoch, Oktober 23

Die Wirtschaftskommission des Ständerats setzt ein deutliches Zeichen, mit dem wohl nicht einmal die Befürworter gerechnet haben.

Es ist ein Ereignis mit Seltenheitswert, wenn eine Standesinitiative aus Zürich in Bundesbern nicht direkt zum Altpapier wandert. In diesem besonderen Fall aber wurde sie nicht nur ernsthaft geprüft, sie hat sogar gute Chancen auf Zustimmung. Die Wirtschaftskommission des Ständerates empfiehlt mit zehn zu zwei Stimmen, der vom Kanton Zürich geforderten Ausdehnung der Sonntagsverkäufe zuzustimmen. Statt maximal vier pro Jahr sollen bis zu zwölf erlaubt werden.

Damit hatten im Zürcher Kantonsrat vor einem Jahr die wenigsten gerechnet, als eine Mehrheit eine entsprechende Standesinitiative nach Bern überwies. Nicht einmal die Befürworter.

Ueli Bamert (SVP), dessen Partei die Initiative des FDP-Kantonsrats André Müller unterstützte, sagte damals: «Wer mich kennt, weiss, dass ich Standesinitiativen für etwas vom Dümmsten halte, was wir hier drinnen machen können.» Ein Vertreter der Mitte erklärte den Grund dafür: Standesinitiativen mit Zürcher Absender seien verpönt, weil der grosse Wirtschaftskanton mit 38 Bundesparlamentariern in Bern stark genug sei, um seine Anliegen auf dem ordentlichem Weg durchzusetzen. Ein Vertreter der EVP ergänzte, dass diese Initiative in Bern deshalb – wie viele andere vor ihr – keine Chance haben werde.

Eine SP-Parlamentariern warf ein, diese Standesinitiative sei «besonders doof». Denn in den Augen der linken Parteien im Kantonsrat hatte sie auch ein inhaltliches Manko: Das gleiche Anliegen sei im Frühjahr 2021 von den eidgenössischen Räten bereits abgelehnt worden. Zudem hätten die Zürcher Stimmberechtigten 2012 einer kantonalen FDP-Initiative zur Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten mit über 70 Prozent Nein-Stimmen eine Abfuhr erteilt.

Die Grünliberalen hielten dagegen und schlugen sich ins Lager von SVP und FDP: Es sei illiberal, wenn der Bund für die Ski- und Wandergebiete in den Bergen grosszügige Ausnahmen zulasse, nicht aber für Zürich. «Das Parlament in Bern zeigt kein Herz für die Zürcher Detailhändler», schloss Cristina Cortellini aus Dietlikon, «daher ist in diesem Fall ein Zeichen aus Zürich nötig.»

Das Einkaufsbedürfnis der Bevölkerung als Grund

Es könnte nun mehr als bloss ein Zeichen daraus werden. Die ständerätliche Kommission beurteilt die Zürcher Initiative wohlwollend als «moderaten Vorschlag», um dem Detailhandel zu helfen, im Wettbewerb mit dem Onlinehandel zu bestehen. Zudem trage er dem veränderten Einkaufsbedürfnis der Bevölkerung Rechnung.

Dieser Meinung ist auch die Zürcher Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh (FDP), die bereits angekündigt hat, dass sie sich «sehr gerne» in Bern für das Anliegen einsetzen wolle – alles andere wäre «am Volk vorbeipolitisiert». Die vielen Leute, die man sonntags im Shop-Ville beim Hauptbahnhof sehe, seien sicher nicht ausschliesslich Bürgerliche.

Dass die Zürcher GLP-Ständerätin Tiana Moser Mitglied der Wirtschaftskommission ist, dürfte der Standesinitiative nicht geschadet haben. Dagegen dürften nur die beiden SP-Vertreter gestimmt haben nicht aber jene der Mitte, die im Zürcher Kantonsrat dagegen war.

Dies deutet darauf hin, dass die Initiative inhaltlich den richtigen Ton trifft. Denn die Kommission hat gleichzeitig einen anderen Vorstoss zum gleichen Thema abgelehnt: jenen des Westschweizer FDP-Nationalrats Philippe Nantermod, der für kleine Lebensmittelgeschäfte den Verkauf am Sonntag grundsätzlich erlauben will. Diese kranke daran, dass die Formulierung «Interpretationsschwierigkeiten» und «verschiedene Abgrenzungsprobleme» nach sich ziehen könnte.

Am Ziel ist aber auch die Zürcher Initiative noch lange nicht. Als Nächstes befasst sich nun die Wirtschaftskommission des Nationalrates damit.

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