Erst vor zwei Jahren hat Thailands Regierung den Konsum von Cannabis legalisiert. Das Gesetz liess den Konsumenten viel Spielraum – zu viel, findet jetzt die Militärregierung.
Thailand plant in der Drogenpolitik die Rolle rückwärts. Das südostasiatische Land hatte im Juni 2022 weltweit Schlagzeilen gemacht, als es den Anbau und den Konsum von Cannabis legalisierte. Doch damit soll Ende dieses Jahres Schluss sein.
Thailands Regierungschef Srettha Thavisin hat die Behörden aufgefordert, innert 90 Tagen Ergebnisse für ein Verbot zu präsentieren. «Drogen sind ein Problem, das die Zukunft des Landes zerstört. Viele junge Thailänderinnen und Thailänder sind süchtig.» Cannabis soll nur noch für medizinische Zwecke eingesetzt werden dürfen. Der Konsum zur Entspannung wäre dann wieder verboten.
Rasanter Anstieg des Konsums unter den Jugendlichen
Zahlen über die gesellschaftlichen Gefahren von Hanf liefert das Zentrum für Suchtforschung an der Universität Chulalongkorn. «2019 haben nur 2,2 Prozent aller Thailänderinnen und Thailänder im Alter zwischen 18 und 65 Jahren Cannabis mindestens einmal im Jahr konsumiert. Nach der Legalisierung 2022 war es bereits jeder Vierte», sagt Rasmon Kalayasiri, die das Institut leitet, im Gespräch.
Besonders der Anstieg des Konsums unter den 18- bis 19-Jährigen beunruhigt die Wissenschafterin. Vor der Legalisierung nahm 1 Prozent dieser Altersgruppe mindestens einmal im Jahr die Droge zu sich. Seit der Freigabe ist der Anteil auf 10 Prozent gestiegen, obwohl der Konsum von Hanf erst für 20-Jährige erlaubt ist.
Rasmon will Thailands Jugend vor Cannabis schützen, da die Droge das Hirn schädigen und die kognitiven Fähigkeiten einschränken kann. Zudem warnt Rasmon davor, dass Jugendliche durch den Konsum von Hanf auf Selbstmordgedanken kommen können. Sie will Hanf für alle Altersgruppen auf Rezept und nur für medizinische Zwecke zulassen.
Die Statistiken des Gesundheitsministeriums stützen Rasmons Haltung. Danach ist die Zahl der Personen, die wegen des Konsums von Cannabis psychische Probleme bekommen und sich in Behandlung begeben haben, stark gestiegen: von 37 000 Patienten 2022 auf mehr als 63 000 ein Jahr später. Unklar ist bei dieser Statistik, ob die psychischen Probleme allein auf Hanf zurückzuführen sind oder ob auch andere Drogen konsumiert wurden.
Rudimentäre Regulierung
Die Legalisierung von Cannabis unter der Regierung von Prayuth Chan-ocha war ein Gegenentwurf zum Vorgehen in Deutschland, wo das Gesetz am 1. April dieses Jahres in Kraft getreten ist. Während die deutsche Regierung alles bis ins Detail regulieren wollte, fehlte in Thailand am Tag des Inkrafttretens ein konkreter rechtlicher Rahmen. Die Regierung wurde erst später aktiv. So müssen die Käufer inzwischen mindestens zwanzig Jahre alt sein; auch Schwangere und Stillende bekommen kein Hanf. Die Regulierung bleibt zwei Jahre später dennoch rudimentär.
So gibt es keine Restriktionen für den privaten Anbau von Hanf. Die Thailänderinnen und Thailänder dürfen so viel anbauen, wie sie wollen. Schlupflöcher bietet die Regulierung auch bei der Produktion von Keksen oder Brownies, die Cannabis erhalten. Die Hersteller müssen der Lebensmittelbehörde nur eine Stichprobe ihrer Produkte zusenden. Sobald diese auf dem Markt sind, werden sie nicht länger kontrolliert. Die Produkte können verunreinigt sein oder zu viel Tetrahydrocannabinol (THC) enthalten und damit zu berauschend wirken.
«Ich werde klagen»
Kitty Chopaka hat jahrelang für die Legalisierung von Cannabis gekämpft. Nach der Liberalisierung vor zwei Jahren eröffnete sie in Bangkok zwei kleine Geschäfte namens Chopaka. Das chaotische Gesetz mit der mangelnden Regulierung kam für Kitty nicht überraschend. «Die Behörden haben im Zuge der Liberalisierung nicht einmal die Experten um Rat gefragt, die sich seit Jahren mit Cannabis beschäftigen.»
Zu Beginn prophezeite man Thailands Cannabisbranche einen Boom. Und tatsächlich schossen innert kurzer Zeit Geschäfte aus dem Boden, die Hanf verkaufen – vor allem in den Touristenzentren. Laut offiziellen Zahlen gibt es annähernd 8000 Shops in Thailand. Hinzu kommen nochmals bis zu 5000 Landwirte, die Hanf anbauen. Die Branche soll jährlich rund 40 Milliarden Baht, was annähernd 1 Milliarde Franken entspricht, umsetzen.
Experten wie Kitty sind jedoch desillusioniert. «Die Geschäfte schreiben nur schwarze Zahlen, wenn sie illegale Produkte verkaufen.» Dazu zählen Haschisch oder Joints, deren Verkauf nach wie vor verboten ist.
Kitty selbst macht etwas Gewinn, obwohl sie sich an die Regeln hält. Die älteren Expats, die in Thailand leben und im Durchschnitt um die 60 Jahre alt sind, sind bereit, mehr zu zahlen. Die Preisspanne in Kittys Geschäften liegt zwischen 15 und 888 Baht pro Gramm. Sie bezieht den Hanf von rund fünfzig Landwirten, wobei sich unter ihnen auch Benachteiligte wie Behinderte oder ältere Thailänder befinden.
Thailands Regierungschef hat bereits verkündet, mit den Verkäufern und Anbauern kein Mitleid zu haben. Für ihn steht das öffentliche Interesse an erster Stelle. Kitty wirkt bei solchen Worten angriffslustig und sagt: «Ich habe eine Lizenz für meine Geschäfte. Und die können sie mir nicht nehmen.» Sollte die Regierung von Srettha Ernst machen, zieht Kitty auch juristische Schritte in Betracht. Vermutlich wäre sie nicht die Einzige – zu viele haben von der Liberalisierung profitiert.

