Mittwoch, Oktober 23

SRG-Initiative provoziert Dichtestress im Sitzungszimmer +++ Was Jon Pult von Doris Leuthard lernen kann +++ 1600 Unterschriften «verschwunden» +++ Durchsagen aus der Bundesgasse

Die SRG ruft!

fab. Masseneinwanderung im Bundeshaus: Als die Medienkommission des Nationalrats vergangene Woche wegen der Halbierungsinitiative zu den SRG-Gebühren externe Gäste anhörte, kam es zum Grossaufmarsch. Offenbar hat man den Titel des Begehrens («200 Franken sind genug») neu interpretiert und für jeden Franken einen Gast eingeladen.

Angehört wurden das Initiativkomitee, die SRG, die Kantonsregierungen, die Verbände der Schweizer Medien, Privatfernsehen, Regionalfernsehen, Privatradios und Westschweizer Regionalradios, CH Media, Sunrise und Swisscom sowie das Syndikat Medienschaffender. Jetzt bitte kurz durchatmen.

Das Beste aber ist: Im November hält dieselbe Kommission zu derselben Initiative eine zweite Anhörung ab. Aufgeboten sind – bitte wieder Luft holen: Swissfilms, Cinéconomie, Suisseculture, IG Volkskultur, Swiss Olympic, Fussballverband, Ice Hockey Federation, Helvetia Latina, Lia Rumantscha, Forum per l’italianità svizzera, ein Forschungs- und ein Ausbildungszentrum, Kommunikation Schweiz, die Weko, die Verbände Onlinemedien und Medien mit Zukunft. Spannend ist weniger die Frage, wie (un-)ausgewogen die Auswahl ist, sondern ob die Kommission bereits das Stade de Suisse reserviert hat.

Man könnte meinen, es gehe um die Halbierung der Schweiz und nicht ihres Rundfunks. Offenbar stösst die SRG-Initiative auf mehr Interesse als das SRG-Programm.

Steuern für alle

Wir bleiben bei der SRG: Der SP-Nationalrat Jon Pult weiss auch ohne Anhörung, was die beste Lösung ist. Via «La Liberté» hat er angeregt, die heutige Medienabgabe abzuschaffen und die SRG stattdessen über die Mehrwertsteuer zu finanzieren. Für einen Freund der SRG ist das ein erstaunlicher Vorschlag. Die Mehrwertsteuer ist in der Verfassung geregelt; nebst dem Volk müssten also auch die Stände zustimmen. Ob das gut käme?

Man sagt, Doris Leuthard habe die Medienabgabe ganz bewusst so gezimmert, dass sie ohne Ständemehr eingeführt werden konnte. Und sie hatte recht: Die Abgabe erreichte 2015 haarscharf das Volksmehr. Am Ständemehr aber wäre sie noch klarer gescheitert als Jon Pult bei den jüngsten Bundesratswahlen.

Interessant ist seine Begründung: Die Medienabgabe stosse zunehmend auf Akzeptanzprobleme, besonders bei Jüngeren. Nach dieser bestechenden Logik müsste man neben den Medien noch sehr vieles über die Mehrwertsteuer finanzieren – von der Armee über die Parteien bis zur Schule.

Gut verpackt

Die Bundeskanzlei wurde wegen der gefälschten Unterschriften für Initiativen hart kritisiert. Nun zeigt aber der lokale Quervergleich, dass auch ganz andere Pannen möglich sind. Die Berner Stadtkanzlei musste unlängst beichten, dass sie 1600 eingereichte Unterschriften verloren hat. Manche witterten bereits Betrug.

Diese Woche aber wurde der Fall aufgeklärt: Als die Unterschriften im Juli per Post eintrafen, waren sie in eine Schachtel für Klebeetiketten verpackt. In der Stadtkanzlei dachte man offenbar: «Ach, wie nett, da schickt uns jemand Büromaterial.» Und verstaute die Schachtel im Schrank für Büromaterial. Dort blieb sie vier Monate. Als sie nun doch noch geöffnet wurde, fiel den zuständigen Spezialisten sofort auf, dass die vermeintlichen Klebeetiketten nicht klebten. Umso besser bleibt die Geschichte haften.

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