Samstag, März 15

Vor dem Aussenministertreffen in Kanada tat sich ein Graben zwischen den USA und den übrigen westlichen Industrieländern auf. Nun aber gibt es eine gemeinsame Position: keine Verurteilung der russischen Aggression, aber ein Bekenntnis zur Hilfe für Kiew.

In den vergangenen Wochen drifteten die Positionen der USA und ihrer westlichen Verbündeten zum Krieg in der Ukraine immer weiter auseinander. Der amerikanische Präsident Donald Trump nannte den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski einen Diktator und bezichtigte ihn, den Krieg mit Russland begonnen zu haben. Nach einem offenen Wortgefecht mit Selenski im Oval Office stoppte Trump die Militärhilfe für Kiew temporär.

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Vor dem Treffen der G-7-Aussenminister in Kanada schien deshalb ungewiss, ob sich die westlichen Verbündeten auf eine gemeinsame Erklärung einigen können. Zur Erleichterung aller Beteiligten kam es am Freitag aber zu einer Übereinkunft. Kanada, Frankreich, Deutschland, Italien, Grossbritannien, Japan und die USA bekräftigen in dem Dokument ihre «unerschütterliche Unterstützung für die Ukraine zur Verteidigung ihrer territorialen Integrität, ihres Existenzrechts, ihrer Freiheit, Souveränität und Unabhängigkeit». Das langfristige Ziel sei ein umfassender, gerechter und dauerhafter Frieden auf der Grundlage der Uno-Charta.

Neue Sanktionen wurden «diskutiert»

Das gemeinsame Bekenntnis zur territorialen Integrität ist besonders wichtig. Trump und seine Regierung haben jüngst immer wieder suggeriert, dass die Ukraine auf einen Teil ihres Staatsgebiets verzichten müsse. Nun scheinen die USA aber auszuschliessen, dass sie die von Russland besetzten Gebiete als russisches Territorium anerkennen würden. Dafür setzte Washington in Bezug auf den Nahost-Konflikt durch, dass die Zweistaatenlösung in der Erklärung nicht erwähnt wurde. Die Rede ist nun von «einem politischen Horizont für das palästinensische Volk».

Russland wird in dem Dokument derweil nicht als Aggressor bezeichnet. Es ist lediglich die Rede von «Russlands Krieg». Auch wird Moskau nicht zum Abzug seiner Armee aufgefordert, sondern nur zu einer «Waffenruhe unter gleichwertigen Bedingungen». Kiew hat sich bereits zu einem sofortigen 30-tägigen Waffenstillstand bereit erklärt. Um Moskau davon zu überzeugen, braucht es aber vermutlich zusätzlichen Druck. Ob die G-7-Länder dazu bereit sind, geht aus der Erklärung nicht eindeutig hervor. Die Aussenminister – so heisst es in dem Dokument – hätten zusätzliche Sanktionen gegen Russland und eine verstärkte Unterstützung für die Ukraine «diskutiert», sollte der Kreml einer Waffenruhe nicht zustimmen.

Auch in einem anderen wichtigen Streitpunkt bleibt die Sprache der Erklärung vage. Kiew besteht auf westlichen Sicherheitsgarantien, um Moskau dauerhaft abschrecken zu können. Die Europäer sind bereit, eigene Friedenstruppen in der Ukraine zu stationieren. Um deren Sicherheit zu garantieren, braucht es aus ihrer Sicht aber eine minimale amerikanische «Rückversicherung». Washington soll unter anderem logische Hilfe, Geheimdienstinformationen und Mittel zur Flugabwehr beisteuern. Doch Trump möchte die Sicherheit der Ukraine ganz den Europäern überlassen. In der Schlusserklärung der G-7 ist nun nicht von «Sicherheitsgarantien», sondern nur von «robusten Sicherheits-Arrangements» die Rede.

Es kommt auf Trump an

Positiv scheint sicher, dass die westlichen Industrieländer im Fall der Ukraine zu einer gemeinsamen Position gefunden haben. Doch letztlich dürfte es nun darauf ankommen, ob Trump bereit ist, den Druck auf Putin zu erhöhen. Am Donnerstag weilte der amerikanische Sondergesandte Steve Witkoff in Moskau zu Gesprächen mit dem Kremlchef. Trump bezeichnete die Diskussionen mit Putin am Freitagmorgen auf seinem Kurznachrichtendienst Truth Social als «sehr gut und produktiv».

Er habe Putin ausserdem gebeten, die im russischen Gebiet Kursk «komplett eingekesselten» ukrainischen Soldaten zu verschonen. Der Kremlchef zeigte sich am Freitag bereit dazu. Die ukrainischen Soldaten müssten dafür aber ihre Waffen niederlegen und sich ergeben. Der ukrainische Generalstab dementierte derweil, dass seine Truppen in der Region Kursk eingekesselt seien.

So gut die Gespräche mit den USA aber auch laufen mögen, der russische Diktator reagiert bis anhin zurückhaltend auf den amerikanischen Vorschlag für einen Waffenstillstand. Putin zeigt sich mit der Idee grundsätzlich einverstanden, stellt aber eine ganze Reihe von Bedingungen. Unter anderem soll Kiew die Mobilisierung und Ausbildung neuer Soldaten limitieren. Gleichzeitig sollen westliche Waffenlieferungen an die Ukraine eingeschränkt werden. Zudem verlangt Putin die Beseitigung der ursprünglichen Gründe für den Konflikt. Womöglich spielt der Kremlchef damit auf die Liste von Forderungen an, die Moskau vor dem Krieg präsentiert hat. Darin verlangte Russland nicht nur einen Verzicht auf einen ukrainischen Nato-Beitritt, sondern auch eine limitierte Stationierung von Truppen und Waffen in osteuropäischen Nato-Staaten.

Selenski kritisierte derweil am Freitag die russische Reaktion auf den Vorschlag eines Waffenstillstands. «Russland stellt gezielt Bedingungen, um den Prozess zu verzögern», schrieb der ukrainische Präsident auf X. «Russland ist die einzige Partei, die den Krieg fortführen will.»

Entscheidend könnte nun ein weiteres Telefongespräch zwischen Trump und Putin sein. Nachdem Witkoff den amerikanischen Präsidenten über seine Gespräche in Moskau informiert hat, sollen die beiden Staatschefs direkt miteinander reden. Angesichts der brüchigen westlichen Allianz dürfte der Kremlchef aber kaum geneigt sein, freiwillig von seinen Forderungen und Bedingungen abzurücken.

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