Die Unionsfraktion stellt im Bundestag zwei Anträge zur Abstimmung. Es geht um Verschärfungen in der Migrationspolitik und bei der inneren Sicherheit. Die Debatte im Live-Ticker.
Das Wichtigste in Kürze:
- Die Unionsfraktion aus CDU und CSU will heute zwei Anträge im Bundestag einbringen. Der erste Antrag sieht unter anderem vor, Asylmigranten an deutschen Grenzen zurückzuweisen, Ausreisepflichtige zu inhaftieren und die Grenzen dauerhaft zu kontrollieren. Der zweite Antrag fordert in 25 Punkten schärfere Sicherheitsgesetze. Aus den Anträgen können zwar keine Gesetze hervorgehen, sie haben aber einen starken symbolischen Charakter.
- Für eine Mehrheit braucht die Unionsfraktion auch Stimmen der AfD. Bislang haben CDU und CSU Mehrheiten mit der AfD auch abgelehnt, weil diese eine ausländerfeindliche Partei sei. Nach den Anschlägen in Magdeburg und Aschaffenburg habe sich die Lage verändert, hiess es nun von den Christlichdemokraten. Da SPD und Grüne schärfere Migrationsgesetze blockierten, seien Stimmen von AfD, BSW und fraktionslosen Abgeordneten nötig, um zu handeln.
- Der CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte am Dienstag, es brauche nun eine «migrationspolitische Zeitenwende». Die Union wolle «Klarheit gegenüber der Öffentlichkeit» schaffen. Nun werde sich im Bundestag zeigen, wer die «Zeitenwende» mitgestalten wolle – und wer nicht.
15.34 Alice Weidel hat das Wort
Die Kanzlerkandidatin der AfD tritt nun ans Pult. Alice Weidel bezeichnet Scholz› Rede direkt als «ungeheuerlich». Wer so autoritär denke, sollte nicht Kanzler der Bundesrepublik sein, sagt Weidel. Die AfD sei hingegen die Partei, die den Volkswillen vertrete.
Eine Brandmauer gegenüber ihrer Partei sei eine «antidemokratische Kartellabsprache, um den Wählerwillen abzusprechen, um Millionen von Wählern auszuschliessen», sagt Weidel. Dann wendet sie sich an Merz: «Ihren 5-Punkte-Plan haben Sie von uns kopiert.»
«Dieses Land liegt am Boden», sagt Weidel zum Abschluss ihrer Rede. Deutschland könne nicht länger warten. «Die Migrationswende und die Wirtschaftswende müssen kommen. Und diese werden nur kommen mit der Alternative für Deutschland. »
15.26 Uhr: Lars Klingbeil redet
Lars Klingbeil, der Bundesvorsitzende der SPD, greift Friedrich Merz direkt an. Klingbeil bezeichnet dessen Anträge als «massive Veränderung der politischen Landschaft». Und dann, direkt an den Oppositionsführer gerichtet: «Sie Herr Merz, Sie tragen persönlich die Verantwortung für das, was heute und am Freitag passiert.» Klingbeil steigert sich weiter in seine Ablehnung gegenüber der möglichen AfD-Zustimmung: «Sie begehen einen historischen Fehler», sagt er an Merz gewandt.
Merz sei bereit, mit seinen Anträgen zentrale Grundsätze Deutschlands über den Haufen zu werfen, sagt Klingbeil.
15.14 Uhr: FDP-Chef Christian Linder tritt ans Pult
Christian Lindner, der als Finanzminister die Ampel-Koalition platzen liess, erinnert an den Messerangriff von Aschaffenburg. «Zu oft gibt es ein Muster aus Herkunft, früherer Auffälligkeit und nicht vollzogener Ausreisepflicht», sagt er. Aschaffenburg sei «eine Form des Staatsversagens». Dafür trage Innenministerin Nancy Faeser «in besonderer Weise die politische Verantwortung».
Es gebe zurzeit viele Menschen in Deutschland, die Angst um ihre Sicherheit haben. Lindner zählt auf: Schulkinder auf dem Weg zur Schule oder Rentner abends am Bahnsteig, die sich Gedanken machen müssten, wo lang sie gehen oder wo sie stehen. Das sei «die schlimmste Form der Freiheitseinschränkung», sagt Lindner.
Seine Partei werde dem Antrag der Union zustimmen, um eine wichtige politische Botschaft zu senden: «Kontrolle der Einwanderung ist ein Anliegen der Mitte» – dieses dürfe nicht den Rändern überlassen werden. Lindner beendet seine Rede: «Das Problem ist nicht, dass die AfD diesem Antrag zustimmt – das Problem ist, dass es Sozialdemokraten und Grüne nicht tun.»
15 Uhr: Robert Habeck ist der nächste Redner
Dann tritt Robert Habeck, der Kanzlerkandidat der Grünen, ans Rednerpult. Er weist darauf hin, dass es gerade um «politische Kultur, um das, was wir demokratische Mitte nennen», gehe. Beides stehe mit den von der Union eingebrachten Anträgen und der möglichen Zustimmung der AfD auf dem Spiel. Habeck kritisiert, dass die Union in einer so wichtigen Frage mit der AfD stimmen könnte. Daran schliesse sich an: «Bei welcher Frage wollen sie dann nicht mehr gemeinsam mit der AfD abstimmen?» Habeck bezeichnet die AfD als «Rassisten».
Den heutigen Tag bezeichnet Habeck als «Schicksalstag». Zum ersten Mal stelle sich die Frage, ob ein Bündnis mit Rechtspopulisten im Bundestag eingegangen werde. «Ich bitte Sie noch einmal herzlich, das heute nicht zu tun», sagt Habeck zum Abschluss seiner Rede.
14.56 Uhr: Merz spricht über AfD-Zustimmung
Nun spricht Merz über die Möglichkeit, dass die Stimmen von AfD-Abgeordneten dafür sorgen könnten, seinen Gesetzesentwurf am kommenden Freitag durchzubringen. «Die Bilder von jubelnden AfD-Anhängern würden unerträglich sein», sagt Merz. Doch eine richtige Entscheidung werde nicht dadurch falsch, dass die Falschen zustimmen.
Aber vor die Wahl gestellt, «weiter ohnmächtig zuzusehen», wie die Menschen in Deutschland bedroht und angegriffen werden, «oder jetzt aufrechten Ganges zu tun, was notwendig ist», entscheide sich die Union für diesen Weg mit der möglichen AfD-Unterstützung. Ohne Zweifel sei die «Demokratie in Gefahr», wenn Radikale an die Macht kommen. «Deshalb werde ich alles tun, um genau das zu verhindern», sagt Merz.
14.40 Uhr: Friedrich Merz tritt ans Pult
Friedrich Merz beginnt seine Rede mit einer Forderung: Nach den Taten von Magdeburg und Aschaffenburg müssten nun wirksame Massnahmen gegen illegale Einwanderung kommen. «Wir haben in Deutschland ein massives Problem der Ausländerkriminalität, vor allem unter den Asylbewerbern», sagt Merz.
Er setze vor allem auf Grenzkontrollen und Zurückweisungen, um dieses Problem zu lösen. Dann wendet er sich direkt an seinen Vorredner Olaf Scholz: «Wie viele Menschen müssen noch ermordet werden, wie viele Kinder müssen noch Opfer solcher Straften werden?», fragt Merz – «bevor auch Sie der Meinung sind, dass es sich hier um eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung handelt».
14.38 Uhr: Scholz endet mit einer Mahnung
Zum Abschluss seiner Regierungserklärung mahnt Olaf Scholz: «Wir dürfen uns nicht spalten lassen.» Er fordert «maximale Konsequenz gegenüber denjenigen die unseren Rechtsstaat ausnutzen» und gleichzeitig keinen Fussbreit Platz gegenüber jenen, die Hass und Hetze säen – «das ist der Kurs für unser Land», sagt Scholz.
14.22 Uhr: Scholz greift Merz direkt an
Mit den geltenden Gesetzen habe Deutschland das bestehende EU-Recht zur Migration umgesetzt, sagt Olaf Scholz. «Über geltendes Recht hinaus kann und darf man nicht gehen». Was dem deutschen Staat schade, seien «Scheinlösungen, die den Rechtsstaat beschädigen». Dann wendet sich der Kanzler direkt an Friedrich Merz. Dieser untergrabe das Fundament der EU. Die Anträge von Merz bezeichnet Scholz als «Antwort der Populisten».
Merz nehme die Unterstützung der AfD offen in Kauf, sagt Scholz. «Das ist ein schwerer Fehler, das ist ein unverzeihlicher Fehler». Und: «In unserem Parlament manchen wir mit extremen Rechten keine gemeinsame Sache.»
14.15 Uhr: Scholz ist empört
Scholz sagt: «Ich verstehe jeden, der sagt: ‹Mir reicht es›». Auch er sei empört, wenn Behörden nicht alles tun, was rechtlich möglich ist. Die von Migranten verübten Straftaten in Aschaffenburg, Magdeburg, Mannheim und Solingen hätten alle mit den bestehenden Gesetzen verhindert werden können.
14.11 Uhr: Olaf Scholz beginnt seine Regierungserklärung
Bundeskanzler Olaf Scholz erinnert zu Beginn seiner Rede an Menschlichkeit und Gerechtigkeit. «Wenn wir heute diskutieren möchte ich eines voranstellen», sagt Scholz. Am Recht auf Asyl dürfe nicht gerüttelt werden. Er erntet Applaus. Es gebiete der Anstand, sagt Scholz, klar zu unterscheiden, zwischen denen, die sich auf das Recht auf Asyl berufen können – und denen, für die das nicht gilt.
14.01 Uhr: Sitzung beginnt mit Schweigeminute
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas ruft die Abgeordneten zu Beginn der Sitzung zu einem Moment der Ruhe auf. «Wir gedenken der Opfer der Angriffe von Magdeburg und Aschaffenburg», sagt Bas. Die Abgeordneten erheben sich zu einer Schweigeminute.
13.47 Uhr: Wie werden die Anträge angenommen?
Bei beiden Vorlagen handelt es sich um sogenannte Entschliessungsanträge, die eine einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen im Parlament benötigen. Bei der Gesamtzahl der 733 Bundestagsabgeordneten müsste Friedrich Merz also neben den 196 Mitgliedern seiner eigenen Unionsfraktion weitere 171 Abgeordnete überzeugen.
Die SPD will die Vorschläge ablehnen und eigene Anträge einbringen. Die FDP will dem Fünfpunkteplan zustimmen, allerdings nicht dem Antrag «Politikwechsel bei der inneren Sicherheit». Die Grünen haben mitgeteilt, dass sie nicht zustimmen werden. Der AfD seien die Anträge nicht übermittelt worden, sagte Merz – «mit denen diskutieren wir über solche Themen nicht». Die AfD-Fraktion hat gestern trotzdem und trotz einigen feindseligen Passagen beschlossen, den Anträgen zuzustimmen.
Das Bündnis um Sahra Wagenknecht hat seine Position ebenfalls schon festgelegt. Die 10 Abgeordneten des BSW beabsichtigen, sich bei der Abstimmung zu enthalten. Das hat die Parteichefin Sahra Wagenknecht bekanntgegeben. Das macht es für Merz schwierig, zusammen mit AfD, FDP und fraktionslosen Abgeordneten eine Mehrheit zu erreichen.
13.38 Uhr: Kritik der Kirchen
Die katholische und die evangelische Kirche in Deutschland haben vor den Plänen der Opposition gewarnt. Die Kirchen befürchten, die Anträge sorgten dafür, dass die Konvention gegen die Zusammenarbeit der etablierten Parteien mit den Rechtsextremen gebrochen werde.
«Der Zeitpunkt und der Ton der aktuellen Debatte erscheinen uns zutiefst befremdlich. Sie ist geeignet, alle in Deutschland lebenden Migranten zu diffamieren, Vorurteile zu schüren, und trägt unserer Meinung nach nicht zur Lösung der wirklichen Probleme bei», schreiben die Vertreter beider Kirchen in einem gemeinsamen Brief an das Parlament.
13.30 Uhr: Fällt die Brandmauer gegenüber der AfD?
Besonders brisant ist, dass die Anträge mit Stimmen der AfD sowie des BSW und von Fraktionslosen beschlossen werden könnten. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu finden Sie hier.
13.25 Uhr: Der Bundestag steht vor einer brisanten Abstimmung
Ab 14 Uhr 15 beginnt Bundeskanzler Olaf Scholz eine Regierungserklärung zu innenpolitischen Themen. Danach ist eine knapp zweistündige Aussprache geplant. Dabei wollen CDU/CSU ihre Anträge in den Bundestag einbringen. Es soll namentlich abgestimmt werden, ein Ergebnis wird gegen 18 Uhr erwartet.
Verfolgen Sie die Voten und die Resultate der Abstimmungen hier im Live-Ticker.