Die verschärfte Regulierung in der Schweiz bedrohe das Geschäftsmodell der UBS, warnt der CEO Sergio Ermotti. Doch die Sitzverlegung ins Ausland würde die Bank allein an Steuern 10 Milliarden Franken kosten.

Wofür steht UBS? United Bank of Switzerland ist eine oft gehörte Antwort. Tatsächlich steht das Kürzel aber für nichts ausser drei Buchstaben. Der Vorteil: Um den Sitz in ein anderes Land zu verlegen, müsste die Bank den Namen nicht ändern. UBS könnte auch für United Bank of Singapore oder US Banking Society stehen.

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Offiziell ist die Sitzverlegung für die UBS kein Thema. «Wir wollen weiterhin erfolgreich aus der Schweiz heraus arbeiten», sagte CEO Sergio Ermotti kürzlich der Nachrichtenagentur Bloomberg. Swissness sei ein Unterscheidungsmerkmal und helfe der Bank.

Ermotti warnt vor Verlust der Stabilität

Doch die Bank sieht die Voraussetzungen, erfolgreich in der Schweiz zu arbeiten, zunehmend gefährdet. Grund sind die von Bund, Nationalbank und der Finanzmarktaufsicht (Finma) geplanten Verschärfungen der Kapitalauflagen für Auslandtöchter. Dadurch müsste sie zusätzliches Eigenkapital von 15 bis 25 Milliarden Franken aufbauen.

Die Konsequenz wäre, dass die UBS ihre Ertragskraft verlieren würde, warnt Ermotti. «Eine Anhebung der Eigenmittelanforderungen würde unsere Dienstleistungen verteuern und im Laufe der Zeit unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit verringern», schrieb er diese Woche in einem Brief an die Mitarbeiter, den die UBS breit streute.

Der Wegzug in ein Land mit milder Regulierung wäre ein Ausweg. Das Szenario sei realistisch, sollte die Politik an ihren Maximalforderungen festhalten, ist in Bern von Lobbyisten zu hören. «Im Interesse ihrer Marktfähigkeit» müsse sich die UBS einen Wegzug überlegen, sagte Roman Studer, Direktor der Bankiervereinigung und früherer Cheflobbyist der UBS, in einem Interview.

Die Drohung ist allerdings schneller ausgesprochen als umgesetzt. Denn ein Wegzug hätte gravierende Risiken und Nebenwirkungen: finanziell, regulatorisch, aber auch kulturell. Eine ausländische UBS wäre ein komplett anderes Institut.

Gewinnreserven würden besteuert

Eine grosse Hürde sind schon die Steuern: «Die Verlagerung der Muttergesellschaft ins Ausland entspricht einer Liquidation. Das hat zur Folge, dass die Verrechnungssteuer auf den Gewinnreserven fällig wird», sagt Peter Hongler, Professor für Steuerrecht an der Universität St. Gallen.

Mit dieser Regelung will der Fiskus verhindern, dass Firmen über Jahre angehäufte Gewinne durch die Sitzverlegung steuerfrei an die Aktionäre ausschütten können. Laut Geschäftsbericht sitzt die UBS auf Gewinnreserven von knapp 29 Milliarden Franken. Bei einem Verrechnungssteuersatz von 35 Prozent würde ihr mit dem Wegzug eine Steuerrechnung von 10 Milliarden Franken ins Haus flattern.

Natürlich könnte die Bank versuchen, einen Teil der Gewinne in der Schweiz zu lassen und dadurch die Abgabe zu drücken. «Es müsste zuerst geklärt werden, welche Aktivitäten und welcher Sitz verlegt würde», sagt Hongler. Erst dann seien die steuerlichen Folgen bezifferbar.

Der Spielraum sei aber begrenzt, sagt ein Insider. Jede ausländische Behörde achte genauestens darauf, dass der Grossteil des Managements und alle Corporate-Funktionen wie Risiko oder Treasury auch tatsächlich physisch umziehen würden.

Im Ausland ist nicht alles besser

Hinzu kommt, dass die Steuern in Ländern mit wichtigen Finanzplätzen meist höher sind als in der Schweiz. Grossbritannien etwa verlange sowohl für Unternehmen wie für Einzelpersonen deutlich höhere Sätze, sagt ein britischer Bankenkenner. Das verteuert einen Wegzug weiter.

Fraglich ist auch, ob die Regulierung in allen Belangen milder wäre. Der vor einem Jahr veröffentlichte Bericht des Bundesrates zur Bankenstabilität kam zum Schluss, dass die EU und die USA teils höhere Anforderungen hatten als die Schweiz.

Bei einem Wegzug müsste sich die UBS mit neuen Aufsichtsbehörden auseinandersetzen. Sie wäre nicht mehr die mächtigste Bank im Land, sondern ein Neuankömmling ohne etablierte Beziehungen. Ihr Konterpart wäre nicht mehr die Finma, die man seit Jahren kennt, sondern die Zentralbanken, die in der EU, den USA und Grossbritannien systemrelevante Banken regulieren.

Offen wäre weiter, welche Kapitalunterlegung ein neuer Heimregulator für die Schweizer Töchter verlangen würde. Die Finma könnte ihrerseits mit Verschärfungen der Kapitalregeln für die Schweizer Töchter reagieren.

Die Grossbank müsste sich den Stresstests der neuen Regulatoren vollumfänglich unterwerfen. Ein Nicht-Bestehen hätte ein Verbot zur Ausschüttung von Dividenden zur Folge. Ein Regimewechsel wäre mit vielen Unsicherheiten verbunden, sagen die befragten Experten.

Kunden würden Gelder abziehen

Sensibel würden auch die Kunden reagieren. Die Bank hat ihr Geschäftsmodell auf die Reichen und Superreichen ausgerichtet. Diese diversifizierten ihre Vermögen geografisch und hätten spezifische Gründe, warum sie ihr Geld einer Schweizer Bank anvertrauten, sagt ein Banker. Ein Wechsel der UBS in eine andere Jurisdiktion könnte solche Kunden zum Abzug ihrer Gelder bewegen. Der harte Franken und das stabile politische Umfeld würden als Trümpfe wegfallen.

Die UBS nahm keine Stellung zu diesen Überlegungen und verwies auf Ermottis Statement, dass ein Wegzug kein Thema sei.

Dass die Bank entsprechende Planspiele anstellt, darf aber als gesichert gelten. Das ist sie ihren Aktionären schuldig. Die UBS befindet sich zu 81 Prozent in ausländischem Besitz, mehr als die Hälfte der Aktionäre sind Amerikaner. Womöglich führte die Analyse der Option Wegzug auch bankintern zu zwiespältigen Resultaten. Das könnte der Grund sein, dass die UBS die Karte in der öffentlichen Diskussion nicht offensiv spielt.

UBS könnte zur leichten Beute werden

Der Wegzug ins Ausland könnte allerdings auch unfreiwillig erfolgen: durch eine Übernahme. Drastisch verschärfte Kapitalanforderungen könnten den Marktwert der UBS schmälern und die Bank zu einem günstigen Kaufobjekt für amerikanische oder europäische Grossbanken machen. Laut einem Insider gab es vor einem Monat Gerüchte darüber, dass die UBS mit Morgan Stanley Gespräche über eine Fusion führe.

Die neuen Besitzer wären jedoch mit denselben Problemen konfrontiert wie eine UBS mit Sitz im Ausland. Durch den Verlust der Swissness müssten sie mit einem Abfluss von Kundengeldern rechnen. Denn UBS sind zwar nur drei Buchstaben, doch letztlich steht das S eben doch für Switzerland.

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