Zwei Tage bevor der Bundesrat das neue Tarifsystem verabschieden will, verlangt eine breite Allianz aus Fachärzten, Privatspitälern und Pharmaunternehmen Aufschub.

Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider hat geschafft, was Alain Berset nicht gelang. Mit Nachdruck und ein wenig Druck brachte sie die Ärzte, Spitäler und Krankenkassen dazu, den ewigen Streit um eine neue ambulante Tarifstruktur zu beenden und sich zu einigen.
Am Mittwoch könnte der Bundesrat das neue Gesamttarifsystem (Tardoc und ambulante Fallpauschalen) verabschieden. Die Einführung soll ab Januar 2026 erfolgen.

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Doch jetzt regt sich schon wieder Widerstand: Eine breite Allianz aus Fachgesellschaften, Privatspitälern und Pharmaunternehmen fordert eine Verschiebung um mindestens ein Jahr – auf Januar 2027.

Der Allianz gehören unter anderem die Vereinigung der Schweizer Gesundheitsunternehmen, Ospita, Interpharma und verschiedene Fachärztevereinigungen an. Sie kritisiert, dass die derzeit geplante Tarifstruktur gravierende Mängel aufweise und in der jetzigen Form zu schwerwiegenden Folgen für Patienten und das gesamte Gesundheitswesen führen könnte.

Insbesondere die Integration der Medikamentenkosten in ambulante Pauschalen sei problematisch. Dies könne dazu führen, dass medizinisch weniger geeignete, günstigere Medikamente bevorzugt würden – auf Kosten der Patienten und medizinischer Innovationen. Ausserdem sei der Zugang zu neuen, hochwirksamen Therapien gefährdet, da diese in einem pauschalisierten Vergütungssystem nicht ausreichend finanziert würden.

Weiterhin betont die Allianz, dass die geplante Tarifstruktur aus medizinischer und wirtschaftlicher Sicht nicht ausgereift sei. Vor allem im Bereich der Operationen würden einfache und komplexe Eingriffe in denselben Pauschalen zusammengefasst, was eine kostendeckende ambulante Versorgung schwieriger Fälle unmöglich mache. Dies könne zu einer problematischen Verlagerung komplexer Operationen in den ohnehin belasteten stationären Sektor führen.

Juristische Bedenken werden ebenfalls geäussert: Die gegenwärtige Tarifstruktur entspreche teilweise nicht den gesetzlichen Vorgaben des Krankenversicherungsgesetzes (KVG). Damit drohten Rechtsunsicherheit und mögliche Klagen gegen die Einführung der neuen Tarife. Die Allianz fordert daher dringend eine gezielte Überarbeitung der ambulanten Tarifstruktur.

Neben der Verschiebung der Einführung um mindestens ein Jahr schlägt sie konkret vor, Medikamentenpreise und Behandlungskosten weiterhin getrennt abzurechnen, um Fehlanreize zu verhindern und Innovationen zu fördern. Ausserdem soll eine Delegation der Allianz an der gezielten Überarbeitung beteiligt werden, um praxistaugliche und qualitativ hochwertige Pauschalen zu garantieren.

Diese Forderungen stellen den Bundesrat und speziell die Gesundheitsministerin Baume-Schneider vor eine Herausforderung. Der Konsens, der erst unter hohem politischem Druck zustande kam, wird erneut hinterfragt. Der Widerstand der Spezialärzte innerhalb der Ärzteschaft, die sich von Anfang an gegen den neuen Tardoc gestellt hatten, ist nach wie vor ungebrochen. Der Ärzteverband FMH unterstützt die Reform.

Der Bundesrat muss nun entscheiden, ob die Einführung wie geplant per 2026 erfolgen kann – oder ob die Kritik der Allianz zu einer grundlegenden Neubewertung und Überarbeitung führen soll.

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