Urige Natur und ein Hauch Luxus

Es ist erstaunlich, wie lange sich gewisse Wandererlebnisse im Gedächtnis halten – ob schöne oder unangenehme. Etwa meine erste Wanderung vom Maderanertal in die Surselva. Da war ich, kurz vor der Rekrutenschule, mit den kantig geschnittenen Militärschuhen zum ersten Mal unterwegs. Da entdeckten mein Freund und ich am Wegrand einen Alpensalamander, den wir auf der Hand herumkrabbeln liessen. Und da war mein Immunsystem in den Blumenwiesen und Pollenschwaden ob Sedrun völlig am Anschlag.

Seither hat sich doch einiges geändert. Die Schuhe sind heute viel besser, und auch die Medikamente gegen den Heuschnupfen. Der Chrüzlipass, den wir damals genommen haben, ist heute etwas weniger attraktiv, da man einen Felssturz im Val Strem mit einem Gegenaufstieg von 300 Höhenmetern umgehen muss. Aber zum Glück gibt’s einen alternativen Pass in den Süden, über Mittelplatten. Die ganze Wanderung aus dem Maderanertal nach Rueras ist mit etwa 7 Stunden und 1700 Metern Aufstieg etwas viel für einen Tag; gut, gibt’s die Etzlihütte SAC ganz oben im Etzlital, noch auf der Urner Seite.

Die Landschaft um die Hütte ist urig und rau. Im festen, kristallinen Gestein haben sich wilde, zackige Grate geformt, borstige Krummseggenrasen überziehen die Hänge, hier und dort plätschern Bäche über Kanten, und in kleinen Mulden finden sich Wollgrasteppiche oder funkeln Seelein – es ist dies die Berglandschaft, die ich über alles liebe.

Hier gibt es vorwiegend Granite und Gneise; der Granit ist vor etwa 300 Millionen Jahren aus der Tiefe eingedrungen und erstarrt; die Gneise entstanden durch Metamorphose aus anderen Gesteinen. Daneben stösst man manchenorts auch noch auf Schiefer und Amphibolite. Technisch gibt es auf der ganzen Route keine Schwierigkeiten. Mal verläuft der Weg auf breiten Saumpfaden, vor dem Mittelplattenpass geht es über nackten Fels und im Val Milà schliesslich wieder durch Wiesen und Weiden.