Dienstag, Februar 4

Am Wochenende hat der Milliardär Musk angekündigt, in Absprache mit dem Präsidenten werde USAID aufgelöst. Nach Protesten mehrerer Senatoren erklärte Aussenminister Rubio dann am Montag, die bisher unabhängige Behörde werde ihm unterstellt und reorganisiert.

Am Montagmorgen hat Elon Musk angekündigt, dass die amerikanische Behörde für internationale Entwicklung USAID in Absprache mit Präsident Trump geschlossen werde. Am selben Tag wurden Mitarbeiter darüber informiert, dass das Hauptgebäude geschlossen sei und sie nicht an ihrem Arbeitsplatz erscheinen, sondern von zu Hause aus arbeiten sollten; die Zugänge zum Computersystem von 600 Angestellten der Behörde wurden blockiert. Später am Tag erklärte Aussenminister Marco Rubio dann jedoch, die bisher unabhängige USAID werde ihm unterstellt und reorganisiert.

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«Eine kriminelle Organisation»

Schon vor einer Woche hatte das Aussenministerium neue Mittel für fast alle Auslandhilfen vorläufig ausgesetzt, mit Ausnahme von Lebensmittelprogrammen und der militärischen Unterstützung für Israel und Ägypten. Die Anordnung betraf alle Bereiche von der Entwicklungszusammenarbeit bis hin zur Militärhilfe, auch für enge Verbündete wie Taiwan oder Jordanien. Damit legte die Regierung die Arbeit der Behörde bereits weitgehend auf Eis.

Am Wochenende wurden dann zwei hochrangige Sicherheitsbeamte beurlaubt, weil sie sich am Samstag geweigert hatten, Mitarbeitern von Musks Department für Regierungseffizienz Zugang zu geheimen Informationen zu geben. Ab Samstag war auch die Website der Behörde nicht mehr erreichbar. Am Sonntag antwortete Musk auf Kritiken: «USAID ist eine kriminelle Organisation. Es ist Zeit, dass sie stirbt.»

Am Montag schrieb Musk in seiner Mitteilung zu USAID auf X: «Es wurde deutlich, dass es sich nicht um einen Apfel mit einem Wurm darin handelt. Was wir haben, ist einfach ein Knäuel von Würmern. Im Grunde muss man das ganze Ding loswerden. Es ist nicht mehr zu reparieren.» Bei früherer Gelegenheit hatte Musk behauptet, USAID sei ein Schlangennest von linksradikalen Marxisten, die Amerika hassten. Trump selbst schrieb in der Nacht auf Montag, die Behörde werde von «Wahnsinnigen» geführt. Diese feindseligen und verächtlichen Töne einer amerikanischen Regierung gegenüber einer ihrer Behörden sind beispiellos.

Aussenminister Rubio übernimmt die USAID-Leitung

USAID, die Behörde für internationale Entwicklung, wurde 1961 von Präsident John F. Kennedy initiiert, gab 2023 knapp 40 Milliarden Dollar aus und hat rund 10 000 Mitarbeiter, von denen zwei Drittel im Ausland, in mehr als sechzig Ländern, arbeiten. USAID ist der weltweit grösste Erbringer von Nahrungsmittelhilfe, wobei die meisten Projekte an andere Organisationen delegiert werden. Nebst humanitären Einsätzen in Krisengebieten wie Somalia, Kongo-Kinshasa oder dem Sudan ist die Behörde im Gesundheitsbereich und in der Armutsbekämpfung tätig. Ab 2004 lag mit dem von George W. Bush lancierten Pepfar-Projekt ein Fokus auf dem Kampf gegen HIV/Aids. Gegenwärtig ist die Ukraine bei weitem der grösste Empfänger von Hilfe.

Hochrangige Vertreter von USAID sprachen von einem «Coup.» Mehrere demokratische Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses im Senat schrieben am Montag an den Aussenminister Marco Rubio, dass Änderungen an USAID gegen das Gesetz verstiessen. Hochrangige Führungskräfte zu beurlauben, laufende Programme zu beenden und die Auslandhilfe einzufrieren, ohne das mit dem Kongress abzustimmen, habe einen Strudel von Problemen geschaffen, der die Nation gefährde und die Glaubwürdigkeit Amerikas auf der ganzen Welt untergrabe, schrieben sie. Sie wiesen auch darauf hin, dass das Stoppen der Hilfe für die Ukraine letztlich amerikanischen Feinden wie Russland helfe. Die Demokraten prüfen rechtliche Schritte gegen die drohende Auflösung von USAID.

Am Montagvormittag erklärte der Aussenminister dann, er werde vorderhand als amtierender Chef der Behörde fungieren und sie in Zusammenarbeit mit dem Kongress umgestalten; mit der Führung der Geschäfte habe er den Direktor der Auslandhilfe im Aussenministerium, Pete Marocco, beauftragt. Viele Programme würden weitergeführt, versprach er. Seine Aussagen waren deutlich konzilianter als diejenigen von Trump und Musk; aber er warf USAID Ungehorsam vor. Sie verhalte sich wie eine globale Wohlfahrtsorganisation, losgelöst von den Interessen der Nation und der Steuerzahler, sagte er.

Es war nicht klar, was den plötzlichen Kurswechsel ausgelöst hatte. Möglicherweise folgte er dem für Trump typischen Muster, dass er zuerst eskaliert, um nachher zu deeskalieren; möglicherweise gibt es innerhalb der Regierung auch unterschiedliche Positionen in Bezug auf USAID, oder es zeichnete sich ab, dass eine Auflösung der Behörde auf politische und juristische Hürden stossen würde.

USAID ist ein leichtes Ziel für Trump und Musk

Das Department für Regierungseffizienz unter der Leitung von Elon Musk hat den Auftrag, Geld einzusparen und die Regierungsführung insgesamt schlanker und effizienter zu gestalten. Die Frage stellt sich, warum sich Musk nun ausgerechnet auf USAID eingeschossen hat – und erst noch dermassen rabiat. Das USAID-Budget macht weniger als 1 Prozent des Bundeshaushalts aus.

Aber Trump hat während seines Wahlkampfes immer wieder suggeriert, dass zu viel Geld ins Ausland fliesse, dass Amerika von anderen Ländern ausgenützt werde und die Regierung die Bedürfnisse von Migranten und armen Weltregionen über jene der eigenen Leute stelle. Aussenminister Marco Rubio sagte im Zusammenhang mit dem Ausgabenstopp bei der Auslandhilfe, von jedem ausgegebenen Dollar müsse nachgewiesen werden, dass er die USA sicherer, stärker und wohlhabender mache.

Aus dieser «America first»-Perspektive, die auch bei den erhobenen Zöllen gegenüber Mexiko und Kanada entscheidend ist, handelt es sich bei der Entwicklungszusammenarbeit um verschleudertes Geld, das den Hilfsbedürftigen im eigenen Land abgeht. Zudem klingt «Hilfe für die Ärmsten» in den Ohren von Trump und Musk vermutlich nach Umverteilung und Sozialismus. Anders ist nicht zu erklären, warum USAID «Marxismus» vorgeworfen wird.

Dabei sind die amerikanische Entwicklungszusammenarbeit und Nothilfe schon heute eng eingebunden in die übergeordneten nationalen Ziele. «Für ihre Fürsprecher ist USAID ein unentbehrlicher Arm der amerikanischen Aussenpolitik, der den guten Willen der USA demonstriert, Katastrophengebiete stabilisiert und neue Märkte für den internationalen Handel eröffnet», schreibt die «Washington Post».

Es gibt auch in den USA immer wieder grundsätzliche Debatten über den Nutzen der Entwicklungszusammenarbeit. Aber die Art praktische Hilfe, die USAID vor allem leistet – humanitäre Krisen- und Nothilfe, Nahrungsmittelverteilung in Hungergebieten, Impfungen, medikamentöse Versorgung –, wird dabei kaum infrage gestellt.

Vielmehr geht es gegenwärtig wohl vor allem darum, dass USAID ein leichtes Ziel für Einsparungen ist, da ein grosser Teil des Geldes an Subunternehmen fliesst, also lokale NGO. Diese Verträge können leicht gekündigt werden, weil die USA nicht für deren Mitarbeiter verantwortlich sind. Und ganz generell verfügen die Hilfsempfänger in den armen Ländern über keine Lobby in den USA. Man muss also kaum mit Gegenmassnahmen oder einem Verlust von Wählerstimmen rechnen.

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