Mit der «Historiques 222» lanciert die Genfer Uhrenmanufaktur eine Reedition der hoch gefragten Luxus-Sportuhr von 1977. Deren Reiz hält bis heute an. Was macht ihn aus?
«Endlich!», heisst es auf diversen Uhrenportalen, seitdem Vacheron Constantin jüngst die Neulancierung der «Historiques 222» verkündet hat. Zwei Monate nachdem die altehrwürdige Genfer Manufaktur ihr Sortiment um das «Certified Pre-owned»-Programm mit in-house geprüften, zertifizierten Uhren aus Vorbesitz erweitert hat, sorgt nun diese Neuigkeit in der Watch-Community für positive bis begeisterte Feedbacks. Weshalb ist gerade dieses Modell so beliebt unter Liebhabern, Sammlerinnen und Branchenexperten?
Die älteste Uhrenmarke
Vacheron Constantin ist eine Uhrenmarke aus Genf, wohlgemerkt die älteste ohne Unterbruch produzierende. Die 1755 gegründete Marke bildet mit Patek Philippe (gegründet 1839) und Audemars Piguet (1875) die drei renommiertesten und historisch bedeutendsten Schweizer Uhrenmarken. Dieses Dreigestirn, das seit über einem Jahrhundert kontinuierlich mechanische Uhren der Spitzenklasse herstellt, wird in der Branche gemeinhin als «heilige Dreifaltigkeit» – «holy trinity» – gehandelt.
Es ist die Kombination aus Historie, Exklusivität, handwerklichem Können und technischer Innovation, die sie zur Spitze der «haute horlogerie», des Nonplusultra der Luxusuhren, macht.
Nun lanciert Vacheron Constantin als Startschuss zum 270-Jahre-Jubiläum eine neue Uhr – weder eine spezielle Komplikation, für die sie so bekannt ist, noch eine handwerklich aufwendig verzierte Sonderanfertigung aus der prestigereichen «Cabinotier»-Linie. Beim Neuzugang, dem Modell «Historiques 222», handelt es sich um eine Reedition eines Zeitmessers aus den 1970er Jahren, einer fast schon simplen Edelstahluhr mit integriertem Armband mit elegant-schlichtem Design. Sie wurde 1977 anlässlich des 222-Jahre-Firmenjubiläums eingeführt, das Design stammt von Jorg Hysek.
«Historiques» ist der Name der Linie mit originalgetreuen Neuauflagen ikonischer Modelle aus vergangenen Epochen mit kleinen modernen Anpassungen. Die Neulancierung der «222» kann als eine Geste an Kunden und Sammlerinnen verstanden werden, die über die Jahre immer wieder nach dem Modell gefragt haben.
Zeitgenössisch mit Vintage-Flair
Gefragt ist dieses nicht unbedingt wegen seiner besonderen technischen Spezifikationen, sondern vor allem wegen seines Looks und Status. Der Entwurf steht für die kulturelle Aufbruchstimmung der 1970er Jahre und für die erste, damals ziemlich revolutionäre Generation von Luxus-Sportuhren aus Edelstahl. Zu diesen gehören etwa Audemars Piguets kühne «Royal Oak» von 1972 und deren Gegenstück von Patek Philippe, die «Nautilus» von 1976. Beide Entwürfe stammen von Gérald Genta und zählen heute zu den gefragtesten und teuersten Vintage-Uhren.
Auch das 1977 von Jorg Hysek entworfene Modell für Vacheron Constantin brach mit den damaligen Konventionen der Sportuhren, waren doch diese bis dahin hauptsächlich professionelle Zeitmesser für Piloten, Taucher und Entdecker. Die neuen Edelversionen verwischten die Grenzen zwischen Sportwelt und formellerem Auftritt. Laut Alexandra Vogler, Chief Marketing Officer von Vacheron Constantin, ist die «222» ein «legendärer Zeitmesser und wird von Sammlern sehr geschätzt – nicht zuletzt, weil ihre Erstauflage Ende der 1970er Jahre sehr limitiert war».
Natürlich ist auch das Edelstahlgehäuse der Neuversion nach typischer Manier der Maison mit höchster Präzision verarbeitet, insbesondere das integrierte Armband mit polierten und satinierten Flächen. Ausgestattet ist die Uhr mit dem hauseigenen Kaliber 2455/2 mit 40 Stunden Gangreserve.
Ihren Reiz macht aber auch das Prestige der Marke Vacheron Constantin aus: Berühmt ist diese für handwerklich hochpräzise gearbeitete Zeitmesser – so trägt auch die «Historiques 222» die angesehene Qualitätsbescheinigung «Genfer Siegel» («Poinçon de Genève»). Die Ausstrahlung der Marke ist zudem etwas zugeknöpfter als jene von anderen, das macht sie vor allem bei Kennerinnen und Sammlern so beliebt – ganz nach dem Quiet-Luxury-Motto «If you know, you know».
Bekanntlich sind die Produktionskapazitäten der «heiligen Dreifaltigkeit» beschränkt. Angesichts der sehr hohen Nachfrage nach Vintage-inspirierten, prestigereichen Sportuhren wie etwa der «Nautilus» von Patek Philippe und der «Royal Oak» von Audemars Piguet ist wohl mit Wartezeiten bei der Lieferung zu rechnen. Das macht sie umso begehrter.
Und dann ist da noch das Design, das praktisch unverändert ist und sowohl Vintage-Flair wie auch einen zeitgenössischen Look hat. Auch die Tatsache, dass diese Uhr seit ihrer Lancierung 1977 nicht konstant im öffentlichen Bewusstsein präsent war wie die «Nautilus» und die «Royal Oak», spielt bei der Begehrlichkeit mit. Und während die Bestseller von Patek Philippe und Audemars Piguet an Auktionen Rekordpreise erzielen, distinguiert man sich mit der Wahl der noch weniger bekannten Version der diskretesten Marke der «holy trinity» als wahrer Connaisseur.
Weitere neue Modelle der «Historiques 222» folgen
Bereits im Jahr 2022 präsentierte die Maison eine «Historiques»-Edition der «222» in 18-karätigem Gelbgold und in einer Jumbo-Version mit 37 Millimetern Durchmesser. Die Jumbo-Version aus Edelstahl sei nun der nächste logische Schritt, so Alexandra Vogler. Die neue Reedition aus Edelstahl kostet zwar nicht einmal die Hälfte der Goldversion von 2022, hat aber mit 32 000 Franken immer noch einen stolzen Preis.
Im Laufe des Jubiläumsjahres werden weitere neue Modelle der «Historiques 222» folgen. Studiert man die Kampagnenbilder von 1977, kann man sich vorstellen, was einen erwarten wird – etwa eine Version mit einem andersfarbigen Zifferblatt, vielleicht eine kleinere Version oder eine mit Brillanten besetzt.
Anzeigenmotive mit der «222» aus dem Jahre 1977.