Mittwoch, März 19

Nach langem Zögern hat die Terrororganisation ihre Bedingungen für eine erneute Feuerpause an Israel übermittelt. Doch die Positionen der beiden Kriegsparteien liegen immer noch weit auseinander.

Als der amerikanische Aussenminister Antony Blinken am Dienstag in Doha vor die Presse trat, hatte er offenbar Grund zu vorsichtigem Optimismus. So zumindest formulierte es Ministerpräsident Mohammed Abdulrahman Al Thani, sein katarischer Gastgeber. Denn am vierten Tag seiner inzwischen fünften Nahostreise seit Beginn des Gaza-Krieges hatte Washingtons Chefdiplomat endlich Neuigkeiten in Sachen Feuerpause zu verkünden.

Lange war darüber gerätselt worden, wann die Hamas nun endlich auf den letzten Vorschlag antworten würde, den die USA, Katar und Ägypten mit den israelischen Geheimdienstchefs ausgearbeitet hatten. Jetzt ist es offenbar so weit. «Die Antwort enthält einige Kommentare. Aber im Grossen und Ganzen ist sie positiv», sagte Blinken. Nach einem baldigen Durchbruch klang das allerdings nicht. Es gebe noch viel zu tun, schob der amerikanische Aussenminister auch sogleich hinterher.

Seit Wochen verhandelt die Terrortruppe via Katar über eine mögliche erneute Feuerpause in Gaza. Zuletzt hatten die Israeli eine sechswöchige Waffenruhe mitsamt Gefangenenaustausch vorgeschlagen. Die Hamas-Führung liess sich mit ihrer Antwort jedoch Zeit, ehe sie am Dienstag ihrerseits einen Vorschlag vorlegte.

Über das Ziel hinausgeschossen

Der Inhalt des Hamas-Angebots war zunächst unklar. In der Mitteilung, die das Beiruter Büro der Truppe verschickte, war bloss von «positiven Zeichen» die Rede. Der Nachrichtenagentur Reuters liegt der Vorschlag nun angeblich vor. Die Hamas wolle die Waffen während dreier Phasen von jeweils 45 Tagen ruhen lassen, schreibt sie. Derweil sollen die verbliebenen rund 130 israelischen Geiseln ebenfalls in drei Tranchen gegen insgesamt 1500 inhaftierte Palästinenser ausgetauscht werden. Zudem solle die Hilfe für Gaza aufgestockt werden.

Die Crux am Hamas-Vorschlag: Die Islamisten sehen die Feuerpause als Beginn einer unbegrenzten Waffenruhe an. Zudem fordern sie, dass sich Israels Armee komplett aus dem Gazastreifen zurückziehe und mit dem Wiederaufbau begonnen werde. Die Hamas habe mit ihren Bedingungen wohl ein bisschen übers Ziel hinausgeschossen, so kommentierte deshalb Präsident Biden die Vorschläge aus Gaza.

Warum die Hamas so lange gebraucht hat, um zu reagieren, ist unklar. Viele Beobachter glauben, dass sich innerhalb der Gruppe immer grössere Risse auftun. So soll es laut dem «Wall Street Journal» zum Zwist zwischen dem Gaza-Chef Yahya Sinwar und dem Exilführer Ismail Haniya in Doha gekommen sein. Während sich Sinwar angeblich eine sofortige Feuerpause wünschte, habe Haniya auf einem dauerhaften Waffenstillstand beharrt.

Israels Schläge zeigen offenbar Wirkung

Zudem soll es Streit über die Anzahl der Gefangenen gegeben haben, welche die Hamas aus israelischen Gefängnissen auslösen will. Konflikte innerhalb der Hamas sind nicht neu. So löste Sinwar Haniya 2017 als Gaza-Chef ab und konzentriert seither immer mehr Macht im Küstenstreifen auf sich. 2021 hatte die Exilführung vergeblich versucht, Sinwar durch einen genehmeren Kandidaten zu ersetzen. Vom Terrorangriff am 7. Oktober schien die Doha-Fraktion ebenfalls überrascht.

Dass ausgerechnet Sinwar eine Kampfpause will, zeigt, dass die Hammerschläge von Israels Armee bei der tief eingegrabenen Hamas-Führungsriege in Gaza offenbar Wirkung zeigen. Die Exilführer hingegen schielen vermehrt auf die Zeit nach dem Krieg. Immer wieder senden sie versöhnliche Signale in Richtung der konkurrierenden Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, welche von den Amerikanern als mögliche Alternative zur Hamas in Gaza gesehen wird.

Nun liegt der Ball erneut im Feld Israels. Dass dessen Regierung jedoch auf die Hamas-Forderung nach einem Kriegsende eingehen wird, ist unwahrscheinlich. Immer wieder machen Israels Vertreter klar, dass sie nicht gewillt sind, den Krieg zu beenden. Blinken, der nach seinem Zwischenstopp in Katar am Mittwoch in Jerusalem ankam, steht daher wohl weiterhin viel Arbeit bevor.

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