Donnerstag, Januar 16

Mit «weiblichen» Schildern würden Stereotype aber erst recht zementiert, findet die FDP.

Mitglieder des Stadtparlaments von links bis zur Mitte geben sich dieser Tage alle Mühe, die Bedeutung ihrer Arbeit hervorzuheben. Der Hintergrund: Am 9. Februar entscheidet die Zürcher Stimmbevölkerung über eine Lohnerhöhung für das Parlament. Die Entschädigungen sollen künftig fast doppelt so hoch ausfallen wie heute, und abgerechnet wird pro Minute.

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Das sei angemessen, finden die Befürworter, und begründen dies mit dem gestiegenen Arbeitsaufwand und der zunehmenden Komplexität der Geschäfte.

Mit keinem Wort erwähnt werden dagegen die teilweise ausufernden Debatten im Rat – über Geschäfte, deren Wirkung mindestens diskutabel ist. Zwar merken die Ratsmitglieder selbst, wenn sich eine Diskussion erschöpft hat. Voten werden dann eingeleitet mit «Es wurde bereits gesagt, dass . . .».

Aber die Versuchung ist einfach zu gross, sich auch noch zu Wort zu melden. Bestes Anschauungsmaterial hat die Sitzung vom Mittwoch geboten: Da diskutierte das Stadtparlament mehr als eine halbe Stunde über die Einführung geschlechtergerechter Verkehrsschilder.

Der SP ist die heutige Signalisation zu männlich. In einem Vorstoss regten die Sozialdemokraten darum eine «diverse» Beschilderung mit ganz unterschiedlichen Menschen an, so wie sie die Stadt Genf im Jahr 2020 installiert hat: Da sind auf den Verkehrstafeln etwa eine Frau mit Stock, eine Schwangere oder ein lesbisches Paar zu sehen. Insgesamt hat die Stadt 250 Schilder mit sechs verschiedenen Motiven versehen.

«Symbole sagen immer etwas über unsere Gesellschaft und unsere Werte aus», sagte Rahel Habegger (SP), eine der Autorinnen des Vorstosses. «Wenn Frauen sichtbarer werden, zeigen wir, dass alle Geschlechter in allen Lebensbereichen gleichermassen vertreten sind. Bei uns ist der kinderlose, arbeitende Mann Standard.» Das müsse sich ändern.

Die Grünen befürworteten eine stärkere «Diversitätssensibilität» ebenso wie die Alternative Liste. David Garcia Nuñez von der AL schlug vor, manche Schilder zu «entgendern» und «Menschen in roter und grüner Genderstern-Form» abzubilden. Wie genau das aussehen sollte, liess er offen.

Die Freisinnigen hingegen waren der Meinung, eine Genderdiskussion sei bei Verkehrsschildern fehl am Platz, schliesslich dienten sie der Sicherheit. Und mit weiblichen Figuren auf den Tafeln würden Geschlechterrollen erst recht zementiert, sagte Yasmine Bourgeois (FDP): «Wie wollen Sie denn Frauen abbilden – mit Rock und langen Haaren? Sonst weiss man ja gar nicht, dass es eine Frau ist.»

Und Samuel Balsiger (SVP) sagte an die linke Ratsseite gerichtet: «Ausserhalb der rot-grünen Polit-Bubble wird sich niemand wegen eines Verkehrsschilds diskriminiert fühlen.» Ein Piktogramm zu ändern, sei zudem kein Beitrag zur Gleichstellung.

Der GLP-Sprecher Markus Merki liess scherzhaft durchblicken, wie sehr das Postulat seine Partei beschäftigte: «Wir haben es in der Fraktion zehn Minuten lang diskutiert, weil es so wichtig ist.» Eigentlich sei die Verkehrssignalisation auf Bundesebene geregelt, und ein «Riesenproblem» sehe man auch nicht, sagte Merki.

Die GLP stimmte dem Vorstoss dann aber zu – unter dem Vorbehalt, dass Schilder aus Kostengründen nur im Rahmen ordentlicher Strassenbauprojekte ausgetauscht werden sollten. Mit diesem Vorschlag konnte sich auch die SP anfreunden.

Schliesslich wurde der Vorstoss an den Stadtrat überwiesen. Und weil es in der Stadt weder an Strassensanierungen noch am politischen Willen der zuständigen Stadträtin Karin Rykart (Grüne) mangelt, dürfte es bis zu Zürichs erstem geschlechtergerechtem Strassenschild nicht mehr lange dauern.

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