Mittwoch, Oktober 2

Kritik gibt es zum Ferienstart von der Swiss: Die Zahl der nicht transportierten Koffer hat sich gegenüber dem Vorjahr verdoppelt.

Der Flughafen Zürich will stets Musterschüler sein. Doch das Bild, das er zum Sommerferienstart abgab, war die letzten zwei Jahre nicht musterhaft. Nun steht der Flughafen erneut vor dem grössten Ansturm des Jahres. Der Ferienstart im bevölkerungsreichsten Kanton Zürich an diesem Wochenende ist die erste richtige Belastungsprobe in diesem Jahr.

Die Verantwortlichen versprechen: Es wird besser laufen als in den vergangenen beiden Jahren.

Im Juli 2022 wirkte das System an Spitzentagen überlastet. Passagiere beklagten sich über Chaos – über lange Wartezeiten und schwer wieder auffindbare Gepäckstücke. Damals standen der Flughafen und seine Partner vor der Herausforderung, den Betrieb wieder hochzufahren. Unter anderem hatte die Swiss während der Corona-Pandemie Personal entlassen. Die Fluggesellschaft musste erst wieder Leute einstellen.

Erneut Bilder mit vollen Hallen

Im Juli 2023 dann erneut ein ungewohntes Bild am Flughafen Zürich: lange Menschenschlangen bei der Sicherheitskontrolle. Schon um 6 Uhr morgens standen die Leute an, der Rückstau reichte beinahe bis zum Check-in.

Der Flughafen übte deutliche Kritik an der für die Sicherheitskontrolle zuständigen Kantonspolizei: «Der Kapo ist es momentan leider nicht immer möglich, das geforderte Kontingent zu stellen.» Der Grund: Personalmangel.

Und nun, im Juli 2024? Am vergangenen Wochenende flogen bereits 100 000 Leute pro Tag über den Flughafen Zürich. Bilder von vollen Abflughallen gibt es auch jetzt wieder. In Medienberichten war von langen Schlangen am Sonntag die Rede, dieses Mal nicht bei der Sicherheitskontrolle, sondern schon beim Check-in.

Bettina Kunz, Sprecherin des Flughafens, sagt, vereinzelte Peaks gebe es immer. Insgesamt sei die Ausgangslage aber besser als in den vergangenen Jahren.

Der Flughafen und seine Partner seien längst wieder aufgestellt wie vor der Pandemie. Auch die Kantonspolizei gibt für den Flughafen keinen Anlass mehr zur Kritik.

Der Kapo ist es gelungen, den Personalmangel mittels zusätzlicher Rekrutierung zu beheben. Zum Einsatz kommen keine Kantonspolizisten, sondern Personal, das die Kapo eigens für diese Aufgabe rekrutiert. Das Problem sei gelöst, heisst es dort.

Dies ist durch Zahlen belegt. Der Flughafen hat als Richtwert ausgegeben, dass Reisende vor der Sicherheitskontrolle nicht mehr als sieben Minuten warten müssen. Wenn dies bei 90 Prozent der Passagiere gelingt, ist der Flughafen zufrieden.

Im Juni 2023 lag dieser Wert bei knapp zehn Minuten. Heute sei man wieder im Qualitätsrahmen von unter sieben Minuten, sagt Bettina Kunz. «Wir gehen davon aus, dass sich die Wartezeiten auch während der Sommerferien auf dem von uns erwarteten Qualitätsniveau befinden werden.»

Noch keinen grossen Effekt haben hingegen die neuen 3-D-Scanner, die der Flughafen kurz vor dem Ferienstart eingeführt hat. Passagiere müssen elektronische Geräte und Flüssigkeiten nicht mehr aus dem Handgepäck nehmen – ein Gewinn an Komfort und Zeit. Aber bis jetzt sind erst 2 von 26 Linien der Sicherheitskontrolle mit den Geräten ausgerüstet. Nach einer Testphase sollen langfristig alle Linien mit Scannern ausgerüstet werden.

Deutlich mehr Koffer reisen nicht mit

Leise Kritik am Flughafen hat kürzlich die Swiss geäussert. Sie wies darauf hin, dass die Quote nicht transportierter Gepäckstücke in den vergangenen Monaten zugenommen habe.

So wurden im Januar 2023 rund 5000 nicht transportierte Gepäckstücke gezählt – bei total 665 500 Koffern entspricht dies einer Quote von 0,77 Prozent. Ein Jahr darauf waren es im Vergleichsmonat rund 9700 verlorene Gepäckstücke. Das ist in Stückzahlen fast doppelt so viel. In Prozent stieg der Wert auf 1,29.

Der Flughafen schreibt auf Anfrage, die Gründe für zurückgebliebenes Gepäck seien vielfältig. Oft geschehe dies infolge zu später Check-ins oder bei knappen Anschlüssen. «Im ersten Halbjahr 2024 spielte aber auch die sehr anspruchsvolle Umstellungsphase von der alten auf die neue Gepäcksortieranlage eine Rolle.» Die neue Anlage lässt sich der Flughafen rund eine halbe Milliarde kosten.

Im Verhältnis zur Gesamtzahl halte sich das Problem in Grenzen, sagt die Flughafensprecherin Kunz, «wenn auch klar ist, dass jedes einzelne zurückgebliebene Gepäckstück ein Ärgernis für den Kunden darstellt». Die Quote dürfte nach ihrer Einschätzung mit der neuen Anlage wieder auf das gewohnte Mass sinken.

Die Swiss sagt auf Anfrage, normalerweise werde ein vermisstes Gepäckstück innerhalb von 24 Stunden gefunden und kostenlos nachgeliefert.

Ungelöst bleibt die Verspätungsproblematik. Darauf haben der Flughafen und seine Partner nur begrenzt Einfluss. Die Pistenverlängerungen, welche die Situation lokal verbessern sollen, wurden zwar im Frühling an der Urne angenommen, aber bis zur Umsetzung dauert es noch fast ein Jahrzehnt.

Entscheidend für die Verspätungssituation ist das Wetter, aber auch Einschränkungen im internationalen Flugverkehr wirken sich aus, etwa als Folge des gesperrten Luftraums über der Ukraine.

Bis zu einem gewissen Grad verspricht der Flughafen auch hier Abhilfe. Er verweist auf ein Angebot, das es für die Passagiere einfacher machen soll, den Zeitbedarf für die Anreise richtig einzuschätzen. Mit der Funktion «Flug merken» auf der Website des Flughafens Zürich erhalten Passagiere Informationen zur empfohlenen Einfindungszeit für ihren Flug und zu den Wartezeiten entlang des Passagierwegs.

Und seit letztem Herbst können Economy-Class-Passagiere in Zürich zudem für 49 Franken Aufpreis dieselben Privilegien wie Business- oder First-Class-Passagiere geniessen. Sie können die Sicherheitskontrolle rascher durchlaufen. Und sich anschliessend im neuen «ZRH Club» im Airside Center bedienen lassen. Gipfeli, Sushi oder Tatar-Crostini stehen auf der Speisekarte.

So lässt sich das Warten zumindest angenehmer gestalten.

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