Die durchschnittlichen Lohnprämien gegenüber der Privatwirtschaft betragen beim Bund 11,7 Prozent, bei den Kantonen 5,4 Prozent und bei den Gemeinden 4,5 Prozent. Vor allem Frauen und Angestellte in den unteren Lohnsegmenten profitieren.

Die öffentliche Verwaltung etabliert sich immer stärker als ausgesprochen sozialer und generöser Arbeitgeber. Vorbei sind die Zeiten, in denen der Staat einen sicheren Job mit klar definierter zeitlicher Belastung und dafür einer etwas schlechteren Bezahlung bot. Heute bietet die Verwaltung sowohl Sicherheit wie auch eine Entlöhnung, die diejenige der Privatwirtschaft in vielen Fällen übertrifft.

Nachgewiesen hatte das im vergangenen Jahr erstmals das Luzerner Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) in einer grossen Lohnstudie. Diese zeigte eine verblüffende Lohnprämie: Gleich qualifizierte und erfahrene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ähnlicher Verantwortung wurden in der Bundesverwaltung im Durchschnitt um 11,6 Prozent besser bezahlt als in der Privatwirtschaft. Bei den Kantonen waren es noch 4,3 und in den Gemeinden 3,4 Prozent.

Viel Lob, aber auch Kritik

Die Studie wurde von den Medien breit aufgenommen und gab Anlass zu öffentlichen Debatten, parlamentarischen Vorstössen und Antworten des Bundesrates. Während die einen der Ansicht waren, dass das IWP einen wunden Punkt getroffen habe, hinterfragten andere die Datenqualität der Auswertung.

Die Studienautoren Marco Portmann, Frederik Blümel und Christoph Schaltegger haben die Debatte zum Anlass für eine Neuauflage der Analyse genommen. Die Grundlage wurde sowohl zeitlich wie vom Umfang her deutlich verbreitert, indem auch die Lohnstrukturerhebungen (LSE) des Bundes ausgewertet wurden. Dabei zeigt sich eine bemerkenswerte Robustheit der Aussagen. Mit den Daten kann man digitale Zwillinge bilden, die sich in den sozioökonomischen Merkmalen, der Erfahrung und der Tätigkeit genau gleichen. Meistens verdient der Zwilling, der beim Bund oder in den Kantonen arbeitet, deutlich besser als der in der Privatwirtschaft beschäftigte.

Der Bund zahlt besonders grosszügig

Durchschnittliche Lohnprämien der Verwaltungen in Prozent

Die durchschnittlichen Lohnprämien der Verwaltungen gegenüber der Privatwirtschaft betragen gemäss der Studie beim Bund 11,7 Prozent, bei den Kantonen 5,4 Prozent und bei den Gemeinden 4,5 Prozent. Berechnet wurden diese Zahlen aufgrund der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (Sake) der Jahre 2017 bis 2022. In der letztjährigen Analyse war erst der Zeitraum bis 2019 ausgewertet worden.

Zusätzlich zu den Sake-Daten wurden die Löhne in der diesjährigen Studie anhand der Lohnstrukturerhebung des Bundesamtes für Statistik untersucht. Dort fällt die durchschnittliche Lohnprämie des Bundes mit 13,9 Prozent noch grosszügiger aus. Dafür ist die Lohnprämie bei den Kantonen mit 2,3 Prozent etwas geringer. Auf Gemeindeebene ergibt sich gar ein Abschlag von 0,5 Prozent gegenüber der Privatwirtschaft.

Die Autoren erklären die Unterschiede zwischen den Resultaten mit den unterschiedlichen Studiendesigns. Die LSE wird im Gegensatz zur Sake vom Arbeitgeber statt vom Arbeitnehmer beantwortet. Sie umfasst eine wesentlich grössere Stichprobe als die Sake. Allerdings schliesst die LSE nicht die ganze ständige Wohnbevölkerung ein und erfasst weniger Angaben zu den Merkmalen der Arbeitskräfte als die Sake.

Unteres Ende der Lohnskala profitiert am meisten

Jenseits der generell grosszügigen Entlöhnung zeigt die neue Lohnanalyse des IWP, dass Frauen und Angestellte in den unteren Lohnsegmenten besonders profitieren. So ist die Lohnprämie bei den tiefsten fünf Prozent der Lohnskala gemäss Sake mit 19 Prozent am höchsten. Bei den höchsten fünf Prozent liegt sie hingegen mit 4 Prozent am tiefen.

Für Frauen beträgt die durchschnittliche Lohnprämie gemäss Sake in der Bundesverwaltung 14,4 Prozent und für Männer 11 Prozent. In den Kantons- und Gemeindeverwaltungen fallen die Geschlechterunterschiede geringer aus als beim Bund.

Was die Angestellten der Verwaltung freut, ist für die Privatwirtschaft und die Steuerzahler ein Ärgernis.

Die staatlichen Verwaltungen gehören zu den wichtigsten Arbeitgebern der Schweiz und sind somit Taktgeber auf dem Arbeits- und Bildungsmarkt, wie das IWP schreibt. Können sie nicht nur mit relativer Sicherheit und einer klar definierten Arbeitsbelastung, sondern auch noch mit systematisch höheren Löhnen werben als private Arbeitgeber, verzerrt dies den Wettbewerb um Arbeitskräfte. Prompt häufen sich die Anekdoten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die wegen besserer Löhne und Bedingungen zur Verwaltung wechseln. Doch eine Wirtschaft, bei der der Staat der attraktivste Arbeitgeber ist und deswegen öffentliche Beschäftigung private bedrängt und verdrängt, kommt nicht nur die Steuerzahler teuer zu stehen. Sie verliert an internationaler Wettbewerbsfähigkeit und hat selten eine dynamische Zukunft vor sich.

Eine weitere, längerfristige Folge der staatlichen Lohnprämie ist auch, dass sich junge Menschen möglicherweise für Studienfächer und Ausbildungsgänge entscheiden, die sie nicht wählen würden, wenn der Staat als Arbeitgeber weniger attraktive Bedingungen böte. Die Lohnprämie beim Bund setze zudem die Gemeinden und Kantone unter Druck, meint das IWP kritisch Diese würden um dieselben Arbeitskräfte buhlen wie der Bund. Es stelle sich daher die Frage, ob es dem Föderalismus zuträglich sei, wenn sich talentierte Fachkräfte vor allem vom Zentralstaat angezogen fühlten.

Wie viel man beim Kanton Zürich verdient, zeigt ein neuer Lohnrechner der NZZ. Auch hier zeigt sich: Die Staatsstellen sind überdurchschnittlich gut bezahlt.

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