Der Serienmeister verschafft sich mit dem 3:2 gegen den FC Basel etwas Luft. Doch der Wankelmut des Teams muss die Klubchefs zur Vorsicht mahnen.
Ein anderer Trainer hätte diesen Match schöngeredet. Doch Fabio Celestini neigt nach der 2:3-Niederlage des FC Basel am Mittwochabend in Bern zu übertriebener Selbstkritik. Er wirkt zerknirscht, hadernd. So war er schon als Spieler. Celestini hat wenig gefallen. Andere hätten das andere Ende der Skala bemüht und von «Werbung für den Schweizer Fussball» schwadroniert. Andere hätten womöglich als Argument den Namen Xherdan Shaqiri erwähnt.
Die Momentaufnahme legt – wie zuletzt schon der 6:1-Sieg in Winterthur – nahe, dass das eintreffen könnte, was sich die Verantwortlichen vom teuren Engagement des 33-Jährigen erhoffen: dass Shaqiri mithilft, eine Mannschaft, die in der letzten Saison zuvor unvorstellbare Tiefen erreicht hat, wieder auf einem Niveau zu verorten, das den Ansprüchen des FC Basel gerecht wird.
Shaqiri ist in Bern Ballhalter, Passgeber, Torvorbereiter, ständige Anspielstation; er versteckt sich nicht, wird oft gefoult, reklamiert, verwirft die Hände, zeigt gewisse Allüren – und wird deswegen auch verwarnt. Aber gut zu wissen für Celestini, dass die Flanken- und Freistossbälle des 125-fachen Nationalspielers nichts an Raffinement verloren haben.
Die Vorhersage ist nicht gewagt: Shaqiri wird im FC Basel noch das eine oder andere Tor einleiten.
Shaqiri ist ein Bonus für die Super League
Er will sich und anderen nach der Zeit in den fernen USA noch etwas beweisen und schlägt mit der Hand an eine Wand, als er nach dem Match im Wankdorf in die Kabine geht. Da ist Energie. Wird er noch fitter und bleibt er fit, ist Shaqiri ein Gewinn. Für Basel. Für die Super League.
Das Spiel zwischen den zwei ökonomischen Kolossen im hiesigen Fussball, zwischen den zwei erfolgreichsten Klubs, die seit 2010 mit einer Ausnahme alle Meistertitel errungen haben, kann sich sehenlassen. Nicht nur wegen Shaqiri, der dem Publikum vor Augen führt, wie schnell sich einer wie er in einem Schweizer Ligaspiel herausheben kann. Neben Shaqiri ist zu erkennen, dass man David Degen, dem umtriebigen Zampano des FC Basel, allerhand vorwerfen kann, aber nicht das Gespür für gute Fussballer. Woher die auch immer stammen, was er mit ihnen im An- und Verkauf auch immer beabsichtigt.
Das rege Treiben Degens hat den Klub zur gleichen Zeit vor einem Jahr ans Tabellenende geführt. Timo Schultz war der Trainer, danach Heiko Vogel – es wurde immer noch schlechter. Erst Celestini stabilisierte das Team, in kleinen Schritten zwar, aber immerhin. Jetzt darf sich Basel wieder nach oben orientieren.
YB hat Widerstandskraft – anders als Basel 2023
Auch YB hat in der Meisterschaft einen ungeahnten Absturz hinter sich, wobei dieser wegen der Qualifikation für die Champions League relativiert werden muss. Der knappe Erfolg gegen Basel ist ein stärkeres Lebenszeichen als die letzten zwei in der argumentativen Not teilweise überschätzten Heimspiele gegen Luzern (2:1) und Inter Mailand (0:1). YB hat bereits ein paar Punkte mehr als der FC Basel vor einem Jahr als Tabellenletzter.
Aber YB ist nicht so richtig zu trauen, weil die Mannschaft auch nach dem Trainerwechsel von Patrick Rahmen zu Joël Magnin die Fragezeichen nicht unkenntlich macht.
Fragezeichen zur Hierarchie, zur Struktur, zu (möglichen) Führungsspielern. Überall blitzt immer wieder etwas auf, zum Beispiel Schnelligkeit, aber da ist kein Kern, keine Relaisstation, keine Konstanz, zu viel Gleich- und Wankelmut, da hebt sich wenig ab. Tauscht der Trainer Spieler aus, verändert sich nichts.
Nach dem Match gegen Basel wird der YB-Trainer Joël Magnin gefragt, wie solche Kontraste möglich seien. Am letzten Sonntag der Rückschlag mit dem 0:2 in Lugano und ein angefressener Captain Loris Benito, der seinem Unmut öffentlich Luft verschafft. Jetzt drei Tore gegen Basel und YB-Spieler, die von «Energie auf dem Rasen» reden. Warum dieser Unterschied? «Ich kann mir das nicht erklären», sagt Magnin, der bis jetzt von einem Spiel zum nächsten jeweils die halbe Mannschaft verändert und damit zum YB-Bild der Beliebigkeit beiträgt.
Der YB-Coach Joël Magnin denkt an Steffen
Auf Nachfrage beginnt Magnin nicht von Shaqiri zu schwärmen, sondern vom demnächst ebenfalls 33-jährigen Nationalspieler Renato Steffen. Er ist wie Shaqiri ein Rückkehrer in die Super League, wie Shaqiri ebenfalls ein Gewinn. Magnin sagt: «Steffen ist fast 33, spielt am Donnerstag in Tschechien Europacup, landet irgendwann am Morgen in Mailand und sprintet am Sonntag danach gegen uns auf dem Rasen an der Seitenlinie rauf und runter.» So sagt das Magnin ein paar Tage nach dem für ihn bitteren Spiel in Lugano. Er fragt: «Warum ist das bei uns nicht möglich? Das verstehe ich nicht.»
Christoph Spycher, der Spiritus Rector im Klub, fährt voller Fragen im Kopf nach Hause. Der Sportchef Steve von Bergen muss sich zügeln, damit er nicht Dinge sagt, die er später bereut. Der Scout Stéphane Chapuisat lächelt gequält sein Lächeln. Im Trainer-Staff wird zum Rätselraten gebeten. Und auch der Interimstrainer Magnin hat keine Antwort. Zumindest im öffentlichen Diskurs nicht.
Vielleicht ist es einfacher, als man denkt. Vielleicht fehlt YB einfach Xherdan Shaqiri. Oder Renato Steffen.