Freitag, Januar 31

Die VBS-Chefin und der Chef der Armee haben am Freitagmorgen über den Stand von sieben kritisierten Topprojekten informiert: Sie gaben sich selbstkritisch – aber auch selbstbewusst.

Die Neue Digitalisierungsplattform (NDP), auf die die Armee so grosse Hoffnungen setzt? Ein «risikobehaftetes System». Die Drohnen Hermes-900 aus Israel, denen Armasuisse ein Swiss Finish verpassen wollte? «Das war ein Fehlentscheid.» Das Projekt C2Air bei der Luftraumüberwachung? «Ich hoffe, dass es noch zum Fliegen kommt.»

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Der Kritiker ist der Mitte-Ständerat Peter Hegglin. Als damaliger Präsident der Finanzdelegation der Bundesversammlung hat er der scheidenden Sicherheitsministerin Viola Amherd kurz vor Weihnachten einen Brief geschrieben, in dem sich die Delegation besorgt über den Stand von sieben Top- und Schlüsselprojekten zeigte.

In einem Interview mit der NZZ sagte Thomas Süssli vergangene Woche, er teile die Besorgnis. Die Armee führe aber 200 Projekte, und die meisten seien auf Kurs – nur eben die sieben kritisierten nicht. Doch der Hinweis überzeugt den Kritiker Hegglin nicht. In einem Interview mit den Zeitungen von CH Media sagt er am Freitag: «Es ist meine Erwartung, dass die Projekte gut laufen. Wenn man als Armeechef signalisiert, alles sei nicht so schlimm, führt das zur Grundhaltung, Fehler seien gar nicht gravierend. Aktuell gibt es aber viele Risiken. Wenn ein Projekt in Schieflage ist, das 200 bis 300 Millionen Franken kostet, ist das keine Banalität.»

Für Viola Amherd, die Vorsteherin des Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS), und den Chef der Armee, Thomas Süssli, kam die Kritik zu einem denkbar ungünstigen Moment. Am Freitagvormittag haben sie eine grossangelegte Medienkonferenz zum aktuellen Stand von Top- und Schlüsselprojekten im VBS durchgeführt. Neben Amherd und Süssli nahmen auch der Rüstungschef Urs Loher und Patrik Gerber, Chef des Geschäftsbereichs Programm-Management, teil.

VBS und Armee wollen mehr kommunizieren

Inhaltlich wiederholte die Verteidigungsministerin das, was Armeechef Süssli bereits im Gespräch mit der NZZ gesagt hatte: Man teilt die Besorgnis der Finanzdelegation, hat die Probleme erkannt und ist daran, sie zu lösen. Als VBS-Chefin sei sie von Anfang bemüht gewesen, ihr Departement so transparent wie möglich zu gestalten, sagte sie. Man habe Consultants und Experten beigezogen und mit halbjährlichen Controlling-Berichten die Information verbessert. Dass die Finanzdelegation der Bundesversammlung die sieben Top-Projekte so detailreich habe kritisieren können, liege auch daran, dass das VBS und die Armee stets offen rapportiert hätten.

Aber, und das sage sie durchaus selbstkritisch, man habe das Interesse der Öffentlichkeit offenbar unterschätzt und nur ungenügend informiert. Das sei ein Fehler gewesen, denn die Bevölkerung habe ein Recht darauf zu wissen, wie es um ihre Sicherheit und ihre Steuergelder stehe. Auf die Frage eines Journalisten, ob sie an den Verantwortlichen festhalte, sagte sie: Sie habe keinen Grund an deren Eignung zu zweifeln. Sie hätten die Probleme erkannt und Gegenmassnahmen getroffen.

Auch Armeechef Thomas Süssli räumte Probleme ein. Er lege aber Wert auf die Aussage, dass keine Steuergelder verschwendet worden seien. Die meisten Projekte seien auf Kurs – auch die Projekte NDP und C2Air. Dass es bei einigen Schlüsselprojekten nicht rund laufe, habe verschiedene Gründe: zu hohe Erwartungen, unterschätzte Komplexität, Schweizer Sonderwünsche und Lieferverzögerung sowie die Teuerung. Man werde nun, versprach er, «regelmässig ein Update geben».

Doch die Kritiker der Armee sind schnell, und sie erhalten offenbar auch regelmässig Informationen aus dem Innern der Armee. Am Abend vor der Medienkonferenz hatte Fernsehen SRF berichtet, dass die Luftwaffe dem Projekt neue Luftraumüberwachung kritischer gegenüberstehe als gedacht.

Armeechef Süssli habe gegenüber der Politik vorgegeben, den Support der Luftwaffe für seine Pläne zu haben. Sie unterstütze die Pläne. Doch ein internes Protokoll lege nahe, dass dem nicht so sei.

Süssli widerspricht der jüngsten Kritik

Dem widersprach Süssli am Freitagmorgen dezidiert. Beim zitierten Protokoll handle es sich um ein veraltetes Papier, die Luftwaffe vertraue auf die Lösung. Er habe deshalb nie einen Bericht vertuscht. Dies zumal es keine Berichte gebe, sondern lediglich Entwürfe.

In diesem Stil ging es weiter. Auch Rüstungschef Urs Loher betonte, dass Pannen die Ausnahme seien: Er verantworte 270 grössere Beschaffungsprojekte und über 1000 Immobilienprojekte. Die meisten Projekte erhielten kaum mediale Beachtung, «weil alles tipptopp laufe».

Von einem Stopp des Drohnen-Projekts, wie dies Hegglin zur Diskussion stellt, halte er nichts. Loher: Man habe einen Abbruch mehrfach geprüft und wieder verworfen: Die Schweizer Armee brauche die Drohnen, und ein Notstopp hätte zudem wohl einen langwierigen und teuren Rechtsstreit zur Folge.

Aber auch Loher zeigte sich selbstkritisch: Man wolle die Teuerungen künftig besser berücksichtigen und dem Problem der Lieferverzögerungen entgegenwirken: Schweizer Bestellungen hätten im veränderten Rüstungsgütermarkt keine Priorität», sagte er. Die Schweiz müsse deshalb schneller werden und frühzeitig Bestellungen aufgeben oder mit anderen Staaten gemeinsam bestellen.

Wie schon bei Amherd und Süssli lautet seine Botschaft: Nicht alles läuft gut, das meiste aber schon, wir haben die Probleme erkannt. Offen bleibt, ob die neue Selbstkritik an der Spitze von VBS, Armee und Armasuisse genügt, um die internen und externen Kritiker zu beruhigen. Bei aller Selbstkritik gaben sich die Verantwortlichen auch betont selbstbewusst.

Hier die Medienkonferenz zum Nachschauen:

31.01.2025 - Aktueller Stand von Top- und Schlüsselprojekten im VBS

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