Mittwoch, November 27

Nach der Pandemie erholt sich Thailands Wirtschaft nur langsam. Neben inländischen Gästen will die Regierung vermehrt Reisende aus Indien und China anlocken.

Die thailändische Regierung hat Mitte November beschlossen, im nächsten Jahr zwei neue Feiertage zu schaffen. Beide fallen auf einen Montag, bedeuten also ein verlängertes Wochenende für die Bevölkerung und damit mehr Zeit, um zu verreisen. Der Hintergrund ist klar: Thailand will den Tourismus im Land ankurbeln.

Thailands Geschichte als Touristendestination begann in den 1960er Jahren. Die amerikanischen Soldaten, die während des Vietnamkriegs ihren Fronturlaub an den Stränden Thailands verbrachten, machten das Land erstmals als Ferienparadies berühmt. Ab jenem Zeitpunkt reisten ständig mehr Touristen nach Thailand auf der Suche nach dessen endlosen, weissen Stränden. Bis zur Covid-Pandemie. Das Reisen war plötzlich eingeschränkt, die Touristenzahlen fielen rapide, von mehreren Millionen auf ein paar hunderttausend im Jahr 2021.

Thailand traf dieser Einbruch hart. Laut Schätzungen erwirtschaftet der Tourismus 12 Prozent des gesamten Bruttoinlandprodukts, fast ein Fünftel aller Thailänder arbeiten im Tourismussektor.

Inder und Chinesen ohne Visum

Die neuen Feiertage sind nur eine von mehreren Massnahmen, welche die thailändische Regierung in den vergangenen Monaten getroffen hat, um den Tourismus zu fördern. Während die Feiertage vor allem für inländischen Tourismus sorgen sollen, dürfte ein neues Visaregime mehr ausländische Gäste anlocken: Die Bürger von 93 Ländern sind in Thailand visabefreit, zuvor waren es 57.

Entscheidend sind die Visamassnahmen vor allem für zwei Länder. Chinesen können neue vereinfacht nach Thailand einreisen, und auch Inderinnen und Inder brauchen vorerst kein Visum. Die beiden bevölkerungsreichsten Länder der Welt liegen nur ein paar Flugstunden entfernt, in beiden gilt Thailand als beliebte Feriendestination. Besonders Chinesen will Thailand vermehrt anlocken – Reisebüros und Fluggesellschaften haben sich jüngst vermehrt auf den chinesischen Markt spezialisiert.

Laut Reiseveranstaltern könnte auch die neu legalisierte Ehe für alle für einen Tourismus-Boom bei gleichgeschlechtlichen Paaren sorgen.

Die Massnahmen der thailändischen Regierung haben bereits Wirkung gezeigt. Die Gästezahlen steigen: Im vergangenen Jahr waren es über 28 Millionen, dieses Jahr sollen es 38 Millionen sein. Die Regierung hat für 2025 das Ziel ausgegeben die 40-Millionen-Marke zu überschreiten, so viele wie im Jahr 2019, bevor die Gäste wegen der Pandemie wegblieben. Denn Thailand hat die Touristen bitter nötig.

Politische und wirtschaftliche Schwierigkeiten

Die Wirtschaft im Land erholt sich nur schleppend von der Covid-Pandemie. Die Inflation ist hoch, viele Thailänder sind verschuldet und konsumieren kaum. Die Regierung hat bereits angekündigt, im kommenden Jahr mittels einer App Geld zu verteilen, um den Konsum anzukurbeln – mehr als die Hälfte der Bevölkerung soll 290 Dollar auf ihr Smartphone erhalten.

Die Probleme im Touristenparadies Thailand liegen allerdings tiefer. Die gegenwärtige Regierungskoalition um die Pheu-Thai-Partei ist ein Flickwerk aus konservativen Parteien. Sie hat sich im vergangenen Jahr vor allem zusammengeschlossen, um den eigentlichen Wahlsieger zu verhindern.

Die Wahlen im Frühling 2023 hatte die Move-Forward-Partei gewonnen, ihr Gesicht war der charismatische Unternehmer Pita Limjaroenrat. Seine Wähler waren vor allem Junge, viele demonstrierten schon 2020 auf den Strassen der Grossstädte Bangkok und Chiang Mai, damals forderten sie eine echte Demokratie in Thailand. Bereits zwölfmal in der Geschichte des Landes hatte sich das Militär an die Macht geputscht, letztmals 2014. Thailands Regierungen müssen sich mit den Generälen arrangieren, sonst laufen sie Gefahr, entmachtet zu werden. Die jungen Wähler der Move-Forward-Partei hatten genug.

Limjaroenrat versprach eine progressive Agenda, unter anderem sollte der berüchtigte Artikel 112 des Strafgesetzbuches abgeschwächt werden. Dieser verlangt für Kritiker des Königshauses eine Gefängnisstrafe von drei bis fünfzehn Jahren. Diesen Sommer liess ein Gericht Move Forward auflösen. Limjaroenrat selber ist für zehn Jahre von allen politischen Aktivitäten ausgeschlossen.

Die Massnahmen, um den Tourismus und damit die Wirtschaft anzukurbeln, sind ein Versuch der Regierungskoalition, die Unzufriedenheit vieler Thailänder über die gegenwärtige politische Krise und die wirtschaftlichen Schwierigkeiten abzuschwächen. Die Touristen sollen deshalb neu nicht nur zu den grossen, bekannten Touristenorten wie Phuket reisen, sondern sich mehr übers Land verteilen und vor allem auch länger bleiben. So könnte die lokale Bevölkerung auch in entlegenen Regionen profitieren.

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