Mittwoch, Oktober 23

Die starke Regulierung der Mietpreise führt zu hohen Preisdifferenzen zwischen Alt- und Neumietern. Das eröffnet Verdienstchancen für Altmieter.

Hauseigentümer sollen selber bestimmen können, welcher Mieter in ihrer Wohnung ist. Dieser Grundsatz ist Bestandteil der Eigentumsgarantie. Doch in der Praxis bringt das Mietrecht Einschränkungen – zu viele nach dem Geschmack der Hauseigentümer.

Zwei Abstimmungsvorlagen zum Mietrecht sollen diese Einschränkungen etwas reduzieren. Eine der beiden Vorlagen betrifft die Untermiete. Nach geltendem Recht kann der Mieter die gemieteten Räume mit Zustimmung des Vermieters ganz oder teilweise untervermieten. Der Vermieter darf die Untervermietung nur verbieten, wenn der Mieter die Bedingungen des Untermietvertrags nicht offenlegt, diese Bedingungen missbräuchlich sind oder der Vermieter wesentliche Nachteile aus der Untervermietung hat.

Drei Falltypen im Visier

Laut einschlägigen Gesetzeskommentaren muss der Mieter die konkrete Absicht haben, wenigstens einen Teil der gemieteten Räume in absehbarer Zeit wieder selber zu nutzen. Doch ein Fall, den Vermietervertreter gerne zitieren, ist folgender: Die Mieter einer Wohnung in Genf hatten die Wohnung während 18 Jahren gratis Verwandten überlassen und wohnten selber in einer anderen Wohnung, an der sie Mitbesitzer waren – und dennoch urteilte das Genfer Kantonsgericht, man könne daraus nicht schliessen, dass die Mieter nicht mehr in ihre ursprüngliche Wohnung zurückkehren wollten. Der Vermieter scheiterte mit seiner Beschwerde letztlich vor Bundesgericht.

Wegen solcher Fälle soll der Vermieter künftig eine Untervermietung generell auch dann verweigern können, wenn die Dauer der Untervermietung zwei Jahre überschreitet. Dies soll verschleierte Mieterwechsel erschweren. Zudem muss die Zustimmung des Vermieters für die Untervermietung künftig schriftlich sein. Diese Formvorschrift soll die Hemmung der Mieter vor Missbräuchen vergrössern und in Streitfällen Beweisprobleme lindern.

Drei Falltypen standen am Ursprung der Reformwünsche der Vermieter. Dies sagt Monika Sommer, stellvertretende Direktorin im Hauseigentümerverband und seit über 20 Jahren Mitglied der Schlichtungsstelle für Mietstreitigkeiten im Bezirk Zürich. Der Falltyp 1 sei die konstante Untervermietung. Falltyp 2 ist laut Sommer die längerfristige Untervermietung von Zimmern einer Wohnung zu überhöhten Preisen: «Der Mieter nutzt die Wohnung zum Geschäftemachen, anstatt sie zu bewohnen.» Der Falltyp 3 betreffe die kurzfristige Wohnungsvermietung zum Beispiel an Touristen, Veranstaltungsbesucher und Geschäftsleute zu Verdienstzwecken.

Die starke Regulierung der Preise vor allem für bestehende Mieter führte namentlich in Ballungszentren zu hohen Preisunterschieden zwischen Bestandesmieten und Neumieten. «Je regulierter der Mietwohnungsmarkt, desto grösser der Verweilbonus», schrieb die Zürcher Kantonalbank 2023 in einer Analyse: So betrage der Altmieterbonus in der Stadt Zürich im Mittel 26 Prozent, und in Genf seien es gar 54 Prozent. Eine der Folgen: Für viele Mieter lohnt es sich nicht, selbst bei reduziertem Raumbedarf in eine kleinere Wohnung zu wechseln. Laut einer Studie der Raiffeisen-Gruppe verfügt etwa ein Drittel der Mieter über «zu viel» Wohnfläche.

Gewinnchance

Das eröffnet im Prinzip Verdienstpotenzial für Mieter via Untermiete zu Marktpreisen. Eine solche Geschäftemacherei ist schon jetzt ein valabler Grund zur Kündigung durch den Vermieter. Doch dieser muss zuerst Kenntnis über die Untervermietung und die Bedingungen haben und danach unter Umständen einen langen Rechtsstreit ausfechten.

In einem Fall aus Genf hat ein Mieter pro Monat 586 Franken Miete bezahlt, aber während fast fünf Jahren von einem Untermieter jeweils 1060 Franken kassiert. Als die Sache aufflog, kündigte der Vermieter. Kraft eines Urteils des Bundesgerichts musste der Mieter Gewinne von rund 27 000 Franken an den Vermieter abliefern. In einem ähnlichen Fall betreffend Geschäftsräume verordnete das Bundesgericht eine Gewinnablieferung von über 250 000 Franken.

Doch wie häufig sind solche Missbrauchsfälle? «Wir haben keine Statistiken», sagt die Eigentümervertreterin Monika Sommer: «Aber was zu den Schlichtungsstellen kommt, ist nur die Spitze des Eisbergs.»

Aus Sicht der Mietervertreter sind Missbräuche bei der Untervermietung lediglich Einzelfälle. Sie habe nur sehr wenige konkrete Problemfälle dazu gesehen, sagt Sarah Brutschin. Sie ist Anwältin und als Mietervertreterin seit 24 Jahren Mitglied der Schlichtungsstelle im Kanton Baselland.

Umstrittene Zweijahresfrist

Das Referendumskomitee kritisiert unter anderem die vorgesehene Verweigerungsschwelle ab zwei Jahren Untervermietungsdauer. Dies erschwere sinnvolle Untervermietungen zum Beispiel während einer dreijährigen Auslandabwesenheit. Jede Grenzlinie ist willkürlich. Untervermietungen für mehr als zwei Jahre wären weiter möglich – vor allem, wenn der Mieter eine plausible Begründung liefert. Aber der Vermieter wäre nicht verpflichtet, dies zu akzeptieren. Ab irgendeinem Punkt verliert der ursprüngliche Sinn der Untermietregelung für eine «vorübergehende» Abwesenheit ihren Kerngehalt.

Ähnliches gilt für die Untervermietung von einzelnen Zimmern – etwa weil die Hauptmieter wegen des Auszugs der Kinder plötzlich «zu viel» Wohnraum haben. Vor allem an Orten mit grossen Differenzen zwischen Bestandes- und Neumieten haben die Mieter ein Interesse, möglichst lange zu bleiben – und die Vermieter könnten an einem Mieterwechsel verdienen. Dauer-Untervermietungen von einzelnen Zimmern erhöhen die Wohnungsauslastung, stärken aber das Interesse des Verbleibs der Altmieter und erschweren damit die Wohnungssuche für Familien.

Aufpreis ist möglich

Als zulässigen Aufpreis bei der Untermiete ist für Wohnraum oft eine Grössenordnung von 10 bis 20 Prozent der Hauptmiete zu hören – dies als Preis für die Möblierung und allfälligen Zusatzaufwand der Hauptmieter. Dies gilt laut Juristen auch für kurzfristige Untervermietungen via Plattformen à la Airbnb. Eine Einheitsgrenze für alle Fälle gibt es nicht. Es gilt aber der Grundsatz, dass der Vermieter keine Mieterprofite via Untervermietung zulassen muss. Daran ändert die Gesetzesrevision nichts.

Für Kritik der Mieter sorgt die geplante Vorgabe der Schriftlichkeit für Gesuch und Bewilligung der Untermiete. «Der Mangel an Beweisbarkeit ist ein Scheinargument der Vermieter», sagt Mieter-Anwältin Sarah Brutschin: «Denn im Streitfall muss nach geltendem Recht der Mieter beweisen, dass er die Bewilligung des Vermieters zur Untervermietung bekommen hat.» Das gilt für jene Fälle, die nach dem Schlichtungsverfahren beim Gericht landen.

Laut Kritikern könnte künftig ein schlichtes E-Mail des Mieters zur Untervermietung mangels rechtsgültiger Unterschrift bereits ein Kündigungsgrund sein. Doch ob es um Formmängel oder Informationsmängel geht: Ein ausdrückliches Kündigungsrecht hätte der Vermieter erst, wenn er den Mieter schriftlich und ergebnislos gemahnt hat.

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