Freitag, November 22

Trotz ambitionierter Pläne und innovativer Technik kämpft VW mit enttäuschenden Verkaufszahlen seiner Batterie-Fahrzeuge. Von Designproblemen über Softwarepannen bis hin zu hohen Preisen – ein Blick auf die Stolpersteine und die Zukunft der ID-Reihe.

Es mag ein wenig ironisch wirken: Als VW 2016 erstmals die Familie der batterieelektrischen Fahrzeuge präsentierte – noch im Prototypen-Stadium –, versah der Hersteller die neuen Stromer mit dem Kürzel ID. Die Abkürzung steht für «Intelligent Design». Im Nachhinein ist dem Wolfsburger Konzern ob des vollmundigen Versprechens der Hohn der Branche sicher.

Denn die ersten reinen Elektroautos von VW haben seit ihrer Einführung 2020 nicht die erwarteten Verkaufserfolge gebracht. Trotz eigens dafür entwickeltem Baukastensystem zur kostensparenden Konstruktion von Batterie-Fahrzeugen floppten die seit Ende 2019 eingeführten Modelle ID.3, ID.4, ID.5, ID.6 und ID.Buzz, ganz besonders in China, VWs wichtigstem Markt.

Die Gründe dafür sind zahlreich: Die Gestaltung der Fahrzeuge erschien zu Beginn des laufenden Jahrzehnts äusserlich eher beliebig. Das Team um den damaligen Chefdesigner Klaus Bischoff ging bewusst keine Risiken ein, schliesslich sollte der erste Wagen aus der Elektro-Familie, der ID.3, einschlagen wie anno 1974 der VW Golf. Das rundliche Design wirkte mutlos.

Im Interieur zeigte sich ein anderes Bild. Hier dominierte Hartplastik, zudem wurden eine Reihe von Linien und Mustern in die Türverkleidungen eingezogen, die nicht zur klaren Linie der Aussenhaut passten. Zudem war das Bedienkonzept verwirrend, das Kombiinstrument vor dem Lenkrad zu klein. Der Schalthebel für die Gangwahl war daneben als Drehschalter angeordnet und damit gewöhnungsbedürftig.

Und schliesslich vergab VW beim Entwurf der Fahrzeugplattform die Möglichkeit, unter der Fronthaube einen zusätzlichen Stauraum einzubauen. Dieses oft «Frunk» genannte Fach eignet sich bei anderen Herstellern bestens für zusätzliches Gepäck oder zumindest die Unterbringung eines Ladekabels.

Software ist bisher keine VW-Stärke

Ein weiteres Problem ergab sich in den ID-Fahrzeugen durch die Elektronik. Die für den Betrieb der E-Autos erforderliche Software entwickelte VW in einem eigenen Unternehmen namens Cariad. Doch die Datenverarbeitung in den E-Autos des Konzerns war zunächst schwach und langsam, zudem zeigten sich immer wieder Fehlfunktionen des Bordsystems, etwa ein Steckenbleiben der Navigation oder ein unerwarteter Neustart des Infotainments.

Auch die Fahrleistungen der ID-Modelle konnten nicht mit jenen der Konkurrenz mithalten. Der erste ID.3 leistete 110 kW (150 PS), etwas wenig für ein knapp 1,8 Tonnen schweres Kompaktauto. Auch die Reichweite erwies sich mit 350 Kilometern gemäss Werksangabe und in der Praxis oft weniger als 300 Kilometern als kaum konkurrenzfähig. Um Energie beim Bremsen und Abwärtsrollen zurückzugewinnen, stand nur eine Rekuperationsstufe zur Verfügung.

Der erste Wurf schien misslungen, und der Preis von mehr als 40 000 Franken für einen Kompakt-Stromer mit etwas Ausstattung erschien als viel Geld für wenig Elektroauto. Der Effekt wurde durch die Masse an billigem Hartplastik im Innenraum verstärkt. Die Verkaufszahlen zeigen, dass der ID.3 nie an die Zahlen des Dauerbrenners VW Golf herankam.

Der ein Jahr später lancierte ID.4 und seine Fliessheck-Version ID.5, beide im weltweiten Erfolgssegment der SUV positioniert, litten unter den gleichen Mängeln bei Design, Software und Fahrleistungen. Hinzu kam der siebensitzige ID.6, der nur für den chinesischen Markt konzipiert war. VW bezahlte bei den Modellen den Preis für die kosten-effiziente Baukastenstrategie, aus der ein Ausbrechen keine Option war, da zu teuer.

Ein eilends eingeleitetes Facelift

Da die Verkaufszahlen bescheiden blieben, machte sich VW daran, schon nach 3 Jahren die Modellpalette mit aufgefrischtem Design und besseren Fahrleistungen attraktiver zu gestalten. Seit einigen Monaten gibt es nun eine etwas sportlichere Front- und Heckpartie für die Fahrzeuge. Zudem sind die Antriebsbatterien neu mit mehr Kapazität und Energiedichte versehen. Das Leistungsspektrum erreicht in den stärksten GTX-Versionen nun 250 kW (340 PS) – das ist im Vergleich mit der Konkurrenz zwar immer noch bescheiden, aber zumindest ausreichend.

Die nächste Enttäuschung folgte mit dem ID.Buzz. Der gute alte VW-Bus, oft als Buli bezeichnet (für Bus/Lieferwagen) und eine Ikone der Flower-Power-Bewegung, erhielt einen elektrischen Nachfolger. Das Fahrzeug erwies sich als deutlich grösser als sein Urahn, aber eine Spur kleiner als der aktuelle VW-Bus T7. Äusserlich ist der Buzz eine gelungene Reminiszenz an frühere und glücklichere Zeiten, innen aber dominieren wie bei allen Stromern der ID-Familie Hartplastik und kleine Displays.

Viel schwerer wiegt die Tatsache, dass die Preise für den Elektro-Buli zu hoch angesetzt sind, um eine neue Romantik im Van-Bereich zu entwickeln. Hierzulande beginnen die Preise bei 68 400 Franken, während die Konkurrenz, etwa der Citroën Jumpy E-Spacetourer und der Toyota Proace City Verso Electro bei weniger als 50 000 Franken starten. In den USA, wo der ID.Buzz derzeit als neuer Hippie-Bus eingeführt wird, ist das Modell mit 61 500 Dollar gar der teuerste Volkswagen der gesamten Palette.

Entsprechend erstaunt kaum, dass die seit Herbst 2022 geplanten Stückzahlen für den ID.Buzz mangels Kundennachfrage deutlich unterschritten werden. Von den für 2023 geplanten 50 000 Stück wurde nur gut die Hälfte gebaut. Im laufenden Jahr schraubte VW die geplanten Mengen auf 40 000 Fahrzeuge zurück, doch nicht einmal 15 000 Exemplare wurden bis Ende Juni verkauft. Die für 2025 geplanten Produktionszahlen von 130 000 ID.Buzz dürften daher ebenfalls deutlich revidiert werden.

Besserung scheint in Sicht

Doch es gibt auch Erfreuliches von der ID-Front zu berichten. Der im Herbst 2023 lancierte ID.7, eine elektrische Limousine in der Art des früher sehr beliebten Passat, zeigt sich als bisher bester Elektrowagen von VW. Seit Mitte 2024 gibt es ihn auch als Kombi namens Tourer, der sich insbesondere in der Schweiz weiterhin grosser Beliebtheit erfreut und manchem SUV bei der Raumausnützung überlegen ist.

Das Design des ID.7 wirkt etwas erwachsener als bei den anderen E-Autos aus dem VW-Strombaukasten. Der Tourer tritt als elektrische Neuzeitversion des Passat Variant an und bietet trotz weiterhin fehlendem Frunk sehr viel Gepäckraum. Die elektrische Reichweite liegt theoretisch bei konkurrenzfähigen 600 Kilometern, dies dank umfangreicher Verfeinerung der Aerodynamik. Die Preise beginnen bei 61 500 Franken, aber es gibt fürs Geld deutlich mehr Auto als bei anderen ID-Modellen. Ob sich genügend Kunden für den ID.7 finden, wird sich so kurz nach der Lancierung erst einmal zeigen müssen.

Ganz generell scheint die ID-Familie auf dem Weg der Gesundung. Preissenkungen in der Art, wie sie Tesla kurzfristig einführt, haben noch nicht stattgefunden. Die nun verfügbaren GTX-Versionen verschiedener ID-Modelle schaffen ebenfalls 600 Kilometer mit einer Batterieladung und deutlich schnellere Ladevorgänge als bisher. Die Karosseriegestaltung wirkt nach Feintuning im Design bei ID.3, ID.4 und ID.5 moderner.

Doch um die Elektromobilität deutlich voranzubringen, müsste VW statt einen fast sechs Meter langen Kombi und einen Van einen kleinen E-Stadtwagen im Stil des Polo auf den Markt bringen. Auf den in diesem Format geplanten ID.2 aber muss die Klientel noch warten. Er soll frühestens 2025 lanciert werden.

Dann wird er sich mit dem Hauptkonkurrenten Renault 5 E-Tech um die Vorherrschaft im Stadtstromer-Markt streiten müssen. Der 5 E-Tech ist dann schon Monate auf dem Markt und dürfte preislich unter dem ID.2 liegen. Und Renault profitiert von einer Elektro-Kleinwagen-Erfahrung von mehr als zehn Jahren.

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