Freitag, April 25

Der Trainer-Neuling verteidigt den Titel mit den ZSC Lions erfolgreich. Der Verein wird nicht umhin kommen, Bayer mit einem neuen Vertrag zu belohnen. Sonst macht er sich selber unglaubwürdig.

Es wäre vermessen, den zweiten ZSC-Meistertitel in Folge als Überraschung zu bezeichnen. Er ist der Lohn, für über 20 Jahre sorgfältiger Aufbauarbeit. Ein Vierteljahrhundert ist vergangen, seitdem der Eishockeyklub im Frühjahr 2000 gegen den HC Lugano erstmals nach seinem Zusammenschluss mit der Eishockey-Sektion des Grasshoppers-Club Meister wurde. An der Bande stand damals mit Kent Ruhnke ein Trainer, der bereits wusste, dass er nach der Saison in Zürich nicht mehr erwünscht war.

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Auch Marco Bayer, der gegenwärtige Zürcher Meister-Coach, hat für die kommende Saison noch keinen Vertrag in der Tasche. Doch es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis der Sportchef Sven Leuenberger ihm einen solchen vorlegt. Unmittelbar nach dem Match sagte er vor der Kamera von MySports: «Natürlich würde ich gerne bleiben, doch diese Entscheidung liegt nicht in meinen Händen.»

Ein kanadischer Akzent als Vorteil

Bayer ist ein Produkt der Lions-Hockey-Schule. Die Saison hatte er noch als Headcoach des Farmteams GCK Lions begonnen. Erst am Ende des vergangenen Jahres wurde er zum Headcoach der Lions befördert – nach dem Rücktritt von Marc Crawford. Das Eishockey-Magazin «Slapshot» hatte danach die Frage aufgeworfen: Können die Lions auch mit Bayer an der Bande Meister werden? Man zweifelte an seiner Erfahrung.

Da war er wieder, der Vorbehalt, der Schweizer Trainer seit langem latent begleitet. Der erste Sportchef der Lions nach der Fusion, der vor fünf Jahren verstorbene Simon Schenk, hatte zu seiner ersten Zeit als Nationalcoach in den 1980er-Jahren gewitzelt, ihm fehle wohl der englische Akzent, um als Coach wirklich ernst genommen zu werden. Und doch setzte auch Schenk in seinen ersten Jahren als sportlicher Kopf der Lions vorwiegend auf ausländische Trainer an der Bande.

Es dauerte bis 2003, ehe Schenk einem Schweizer das Vertrauen schenkte und Christian Weber an die Bande holte. Wie heute Bayer war auch dieser zuvor bei den GCK Lions engagiert gewesen. Weber blieb der Erfolg wie den meisten Schweizer Berufskollegen indes verwehrt. Nach zwei Jahren musste er den Posten räumen und stand danach noch drei Jahre lang bei den SCL Tigers an der Bande. Heute arbeitet er als Headcoach in der Swiss League für den EHC Winterthur.

Drei Schweizer Meistertrainer

Schweizer essen an der Bande der National League weiterhin hartes Brot. Durchschlagenden Erfolg hatte bisher einzig Arno Del Curto, der den HC Davos zwischen 2002 und 2015 zu sechs Titeln geführt hat. Vor zwei Jahren errang Jan Cadieux die Meisterschaft mit Genf/Servette, 2016 hatte Lars Leuenberger als interimistischer Trainer den SC Bern von Platz acht aus noch zum Titel geführt. Sein Assistent damals war Marco Bayer gewesen.

Doch zum Sprungbrett wurde dieser Titel weder für Leuenberger noch für Bayer. Kanadier, Schweden, Finnen – sie haben über Jahre das Schweizer Eishockey geprägt und den Schweizern die Stellen weggeschnappt. Doch langsam beginnen sich die Schweizer in der Liga auch an der Bande breit zu machen. Luca Cereda arbeitet mittlerweile seit acht Jahren für den HC Ambri-Piotta. Neben ihm setzten zu Beginn der Saison auch der HC Ajoie (Christian Wohlwend), dem HC Lugano (Luca Gianninazi), Genf/Servette (Jan Cadieux) und den SCL Tigers (Thierry Paterlini) auf Schweizer Trainer. Nur Cereda und Paterlini aber beendeten die Saison auch in ihrer Rolle; die drei anderen wurden noch während der Spielzeit ersetzt.

Auch Lars Leuenberger muss trotz seiner hervorragenden Arbeit in Fribourg wieder einen Schritt zurück machen. Nächste Saison wird er Assistent des Schweden Roger Rönnberg. Er sagt: «Es ist für Schweizer Trainer weiterhin schwer, sich in ihrer Position zu halten. Wir müssen uns immer noch doppelt beweisen.» Vielleicht hilft das Beispiel von Patrick Fischer, der sich trotz zum Teil heftiger Widerstände mittlerweile seit bald zehn Jahren als Trainer des Schweizer Nationalteams hält und dieses 2018 und im vergangenen Frühjahr zweimal zu WM-Silber geführt hat. Er bereitet seine Mannschaft zurzeit auf die kommende Weltmeisterschaft in Dänemark und Schweden vor.

Der Rucksack muss gefüllt werden

Bayer ist bereit, bei den Lions an der Bande zu bleiben. Nachdem er mit den Lions sowohl die Champions Hockey League wie auch die Meisterschaft gewonnen hat, wäre es nur schwer vermittelbar, wenn sein Vertrag nicht verlängert würde. Zumal er ein Teil der Nachwuchs-Pyramide ist, die der Stolz der ZSC Lions und ihres spendablen Gönners Walter Frey darstellt.

Der ZSC-Sportchef Leuenberger sagte am Donnerstagnachmittag noch vor dem Match in Lausanne: «Bisher haben wir noch gar nie über eine Vertragsverlängerung gesprochen, weder mit Marco noch mit der Besitzerfamilie der Lions, den Freys. Doch diese Gespräche stehen nun bald an.»

Leuenberger verfügt über so viel Erfahrung wie kein anderer in der Schweiz in seiner Position. Er hat deshalb auch eine differenziertere Sicht dazu, weshalb sich Schweizer so schwer tun, in der National League Fuss zu fassen. «Ich habe als Sportchef wohl mehr Schweizern eine Chance gegeben als allen anderen. Vielen fehlt der Pate, der ihm eine Türe öffnet. Gleichzeitig denke ich, dass viele Schweizer den Rucksack schlicht nicht so gut gefüllt haben, wie das nötig ist.»

Bei seinem kurzen Wechsel in Bern als Junioren-Coach an die Bande sei er erschrocken, wie wenig dort gecoacht worden sei. «Obwohl ich an der Bande neu war, stellten mich von meinen Gegnern damals nur Jan Cadieux (Fribourg-Gottéron) und Yves Sarault (Lausanne) vor Probleme und versuchten mich auszucoachen. Die anderen wechselten mehr oder weniger einfach die Linien durch.»

Bayer hat seinen Rucksack gefüllt. Nach der Spielerkarriere stieg er Schritt für Schritt die Karriereleiter hoch. Er war zuerst Nachwuchscoach, dann Assistent, vorübergehend Sportchef und zuletzt Headcoach in der Swiss League.

Sein Meisterstück lieferte er am Donnerstag in Lausanne ab. Die Entscheidung in der erneut schnellen, hochstehenden Partie fiel sieben Minuten vor Ende des dritten Drittels, als Jesper Frödén am schnellsten auf einen Abpraller reagierte. Lausanne reklamierte darauf eine Behinderung an Torhüter Kevin Pasche. Die Schiedsrichter hatten auf dem Eis auf Tor entschieden und liessen diesen Entscheid danach stehen, weil die Video-Beweise nicht das Gegenteil bewiesen. Es war ein kleiner Wermutstropfen am Ende einer mitreissenden Finalserie mit einem souveränen Meister.

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