Dienstag, April 1

Geplant war eine Kulturreise der Second Lady. Nun kommt auch der Ehemann und Vizepräsident J. D. Vance mit, um einen US-Militärstützpunkt zu besuchen. Wie kam es dazu?

Es begann ganz harmlos. Am 23. März überraschte das Büro der Second Lady mit einer Ankündigung: Geplant seien der Besuch «historischer Stätten» und, als Höhepunkt, die Teilnahme am nationalen Hundeschlittenrennen Avannaata Qimussersua in Sisimiut: Frau Vance freue sich darauf, zusammen mit ihrem Sohn dieses «monumentale Rennen zu erleben und die grönländische Kultur und Einheit zu feiern», verkündete ihre Medienstelle und trumpfte mit Detailwissen auf: Das Rennen werde «etwa 37 Musher und 444 Hunde» umfassen und eine «bemerkenswerte Demonstration von Geschwindigkeit, Geschicklichkeit und Teamarbeit» darbieten. Auf Instagram startete die Second Lady ihre Charmeoffensive.

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Alarmierte Stimmen in Grönland

Doch Usha Vance’ Avancen kamen in Grönland nicht gut an. Da im Schlepptau der Second Lady auch der Sicherheitsberater Michael Waltz sowie Energieminister Chris Wright mitreisen sollten, vermutete der grönländische Ministerpräsident Mute Egede dahinter sofort eine Art Tarnkappenaktion: Das sei nicht ein harmloser «Besuch einer Ehefrau eines Politikers», sondern eine «provokante Machtdemonstration». In einem Interview mit der grönländischen Zeitung «Sermitsiaq» schlug Egede Alarm: «Es geht ihnen einzig darum, unser Land gegen unseren Willen zu übernehmen.»

Auch aus dem Königreich Dänemark, dem Grönland als autonomes Territorium angehört, kam ungehaltenes Echo: Die USA würden «inakzeptablen Druck» ausüben, sagte Ministerpräsidentin Mette Frederiksen.

Mit dieser Entwicklung hatten die Berater im Weissen Haus offenbar nicht gerechnet, als sie Usha Vance Anfang Woche nach Grönland entsandten. Schon im Januar, noch vor der Amtseinsetzung von Donald Trump, machte ein Privatbesuch aus den USA Schlagzeilen: Donald Trump Junior, der älteste Sohn des Präsidenten, flog mit dem Trump-Jet ein, angeblich um Material für einen Podcast zu sammeln. Der wahre Zweck der Stippvisite bestand jedoch darin, dem Vorhaben seines Vaters, die Insel zu kaufen, Nachdruck zu verleihen.

Drohendes Public-Relations-Fiasko

Wahrscheinlich rechnete man in Washington damit, dass der niedrige Bekanntheitsgrad der Second Lady für eine Annäherung an die grönländische Bevölkerung genau richtig sei. Die 39-jährige Juristin war bisher kaum als eigenständige Exponentin der Trump-Regierung wahrnehmbar. Das sollte sich als grobe Fehleinschätzung entpuppen.

Dabei wären die allergischen Reaktionen in Grönland und Dänemark eigentlich zu erwarten gewesen. Seit Präsident Trump, kaum im Amt, seine imperialistischen Begehrlichkeiten gegenüber der ressourcenreichen Insel kundtat, regt sich in Grönland der Widerstand. Eine grosse Mehrheit von 85 Prozent der 57 000 Grönländer ist dagegen, dass sich das Land von den USA einverleiben lässt. Am 11. März wählten die Grönländer ein neues Parlament. Die Unabhängigkeit war ein zentrales Thema: «Wir wollen keine Amerikaner sein. Wir wollen keine Dänen sein. Wir wollen Grönländer sein», hielt der Wahlsieger und designierte Regierungschef Jens-Frederik Nielsen fest.

Der unwillkommene Besuch von Usha Vance drohte zum Public-Relations-Fiasko zu werden. Wie sähe das aus, wenn es Proteste gäbe bei der Ankunft der Second Lady? Doch statt zurückzukrebsen, doppelte die Trump-Regierung nach.

Militärstützpunkt statt Hundeschlitten

Vizepräsident J. D. Vance verkündete in einer Videobotschaft, er werde nun mitreisen. Sein Ton ist bemerkenswert sarkastisch: Der Besuch seiner Frau in Grönland habe so viel Begeisterung ausgelöst, dass er sie begleiten werde. Er wolle nicht, dass «sie den ganzen Spass alleine» habe. Das Ehepaar Vance wird laut offiziellem Communiqué die Pituffik Space Base besuchen, um ein Sicherheitsbriefing zu erhalten. Der Militärstützpunkt ist Teil des Raketenfrühwarnsystems der USA. Der Besuch finde anstelle der Visite des nationalen Schlittenhunderennens statt, an dem Usha Vance ursprünglich teilnehmen wollte.

Statt um Sport im Schneezauber geht es nun um Sicherheit und harte Politik. Und hart ist die Haltung von Vance in der Grönland-Frage. In einem Interview mit Fox News am vergangenen Wochenende griff Vance Dänemark frontal an. Das Nato-Land sei unfähig und kein guter Verbündeter. «Wenn das bedeutet, dass wir mehr territoriales Interesse in Grönland entwickeln, dann ist es das, was Präsident Trump tun wird.» Denn er kümmere sich nicht darum, was die Europäer «herumschreien» würden.

Auch in seiner Videobotschaft, in der er seine Reise nach Grönland ankündigte, zeichnete Vance das Bild einer Insel, die des Schutzes der USA bedürfe. Zu lange hätten Dänemark und frühere amerikanische Präsidenten Grönland «ignoriert», sagte er.

Mehr Drohungen als Charme

Trotz dem angriffigen Ton: Offenbar wurde die Delegation verkleinert und das Programm zurechtgestutzt. Tatsächlich scheinen weder der Sicherheitsberater des Präsidenten noch der Energieminister teilzunehmen. Und es ist nicht ersichtlich, warum das Ehepaar zusammen auf den Stützpunkt reist, ausser um Usha Vance die Peinlichkeit eines Rückziehers zu ersparen. Aber auch wenn der undiplomatische Besuch nur einen Tag dauert und nur auf einem amerikanischen Stützpunkt stattfindet: Er zeigt – wie auch schon derjenige von Donald Trump Junior –, dass es Trump ernst ist mit seinen Ansagen, die Kontrolle über Grönland zu gewinnen.

Im Vorfeld äusserte sich der Präsident beschwichtigend: Der Besuch sei «Freundschaft, nicht Provokation». Seine Regierung kümmere sich nur um die Sicherheit der Grönländer. Doch zwei Tage darauf schlug Trump gegenüber dem Podcaster Vince Coglianese andere Töne an: «Wir brauchen Grönland für die internationale Sicherheit. Wir brauchen es unbedingt.» Auf die Frage, ob die Grönländer wohl bereit seien, sich den USA anzuschliessen, antwortete Trump, dass er das nicht wisse, aber: «Wir müssen sie überzeugen.»

Ob Trump und Vance die richtige Taktik wählen, um die Köpfe und Herzen der Grönländer zu gewinnen? Man darf zweifeln.

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