Samstag, Oktober 5

Spaniens Transgesetz zeigt unerwartete Folgen: Frauen fühlen sich in Umkleidekabinen ausspioniert, und gewalttätige Männer nutzen die Gesetzesänderung, um als Transfrauen geringere Strafen zu erhalten.

Beim Madrider Rettungsdienst Samur sind die Mitarbeiterinnen Ende August auf die Barrikaden gegangen. Der Auslöser war die Entscheidung zweier Sanitäter, von einem Tag auf den anderen ihr Geschlecht offiziell zu ändern und sich als Frauen zu deklarieren. Seitdem sind Antonio und Jesús, die ihre Namen beibehalten haben, regelmässig in den Umkleide-und Duschbereichen der Frauen anzutreffen und machen von ihren neuen Rechten als Transfrauen intensiv Gebrauch.

Die Kolleginnen fühlen sich ihren Blicken preisgegeben; die Stimmung bei der Arbeit sei schlecht. Die Mitarbeiterinnen wandten sich deshalb mit einem Schreiben an die Geschäftsleitung und klagten, sie würden von den Brüdern «unsittlich angestarrt».

Es gehe keineswegs darum, das LGBT-Kollektiv zu kritisieren, sie fühlten sich allerdings in ihrem Recht auf Intimität verletzt, so die Frauen in dem Schreiben, das verschiedenen spanischen Medien vorliegt. Ein Sprecher der Samur-Geschäftsleitung erklärte daraufhin, dass aufgrund der derzeitigen Gesetzgebung keine Massnahmen ergriffen werden könnten. Die beiden Brüder seien nun Frauen und hätten das Recht, die für diese vorgesehenen Umkleidekabinen zu nutzen.

Ein Gesetz mit ungeahnten Folgen

Dass es überhaupt so weit kommen konnte, ist auf das Gesetz zur Transsexualität zurückzuführen, das im März 2023 verabschiedet wurde. Seitdem können Spanierinnen und Spanier ab dem 16. Lebensjahr ihr Geschlecht im Personenstandsregister ändern lassen. Der Antrag wird in der Regel innerhalb weniger Monate bearbeitet. Ziel des Gesetzes war es, Menschen, die sich nicht mit ihrem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht identifizieren, unbürokratisch zu helfen.

Das Transgesetz war das Herzensprojekt der damaligen Gleichstellungsministerin Irene Montero. Schon damals nahm die linke Politikerin jedoch die Befürchtungen von Frauenorganisationen, die vor dem Vordringen der Transfrauen in ihre Bereiche warnten, nicht ernst. Heute sitzt Montero nicht mehr in der Regierung, doch ihr Gesetz hat auch in anderen Bereichen dramatische Folgen.

So haben sich schon mehrere gewalttätige Männer als Transfrauen registrieren lassen, um nach Übergriffen auf ihre Partnerinnen vor Gericht besser wegzukommen.

Für Aufsehen sorgte in Spanien beispielsweise der Fall eines Polizeibeamten, der seine Gattin mit dem Messer bedrohte und deshalb von seinen Kollegen angezeigt wurde. Der Richter musste ihn aber auf freien Fuss setzen, weil der Mann zuvor sein Geschlecht geändert hatte – ohne dies allerdings vorher je seinem Umfeld mitgeteilt zu haben. Damit kann die «Transbeamtin» nur noch wegen häuslicher Gewalt, nicht aber wegen sogenannter machistischer Gewalt belangt werden.

Die Richter müssen solche Vorfälle seit der Gesetzesänderung als Übergriffe unter Frauen behandeln, was zu einem geringeren Strafmass für die Aggressoren führt. Die spanischen Gerichte stehen nun vor dem Problem, dass Fälle von offenkundigem Missbrauch eines Gesetzes mit den bestehenden Instrumenten nicht in den Griff zu bekommen sind. Denn eine richterlich angeordnete Änderung in das ursprüngliche Geschlecht ist im Transgendergesetz nicht vorgesehen.

Die Regionalregierung von Madrid will sich damit nicht zufriedengeben. Die Fälle von sechs Männern, die in der Region wegen Gewalt gegen ihre Partnerinnen bekannt wurden und nun als Frauen registriert sind, sollen daraufhin überprüft werden, ob betrügerische Absichten vorlagen. Eile ist geboten, denn einer der Männer will laut einem Bericht der spanischen Tageszeitung «El Mundo» als Transfrau genau in dem Frauenhaus aufgenommen werden, in dem seine misshandelte Partnerin Schutz gefunden hat.

Bessere Aufstiegschancen als Transfrauen

Kuriose Blüten treibt das Gesetz derweil in Ceuta, der spanischen Exklave auf marokkanischem Boden. Dort registrierten sich drei Dutzend Polizisten und Soldaten neu als Frauen. Sicherheitsbeamte sind in diesen Aussenposten in der Regel in Kasernen untergebracht.

Als Frauen haben die «Transbeamtinnen» aber mehrere Vorteile. Statt den üblichen Schlafsaal bekommen sie ein Privatzimmer, ein eigenes Bad, höhere Rentenzahlungen und haben grössere Aufstiegschancen. Mit dieser positiven Diskriminierung rührt man vor Ort die Werbetrommel, um mehr Frauen in den Sicherheitsdienst zu locken. Die neu anerkannten Frauen profitieren auch von niedrigeren Anforderungen im jährlichen Fitnesstest. Zudem müssen sie kaum Kritik befürchten, da diese möglicherweise als «Transphobie» interpretiert werden könnte, wofür Strafen von bis zu 150 000 Euro verhängt werden können.

Bisher ist denn auch nur ein einziger Fall bekanntgeworden, bei dem ein Richter eine Geschlechtsänderung untersagte. Der Kandidat, Pilot von Beruf, hatte öffentlich zugegeben, dass er nur deswegen eine Frau werden wolle, weil er sich bessere Aufstiegschancen erhoffe. Sein Antrag auf Geschlechtsänderung wurde daraufhin abgelehnt.

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