Nach Jahren der Restrukturierungen ist Panasonic wieder auf Rekordkurs. Noch zweifeln die Märkte, aber Analysten sehen ein Kurspotenzial von bis zu 84 Prozent.

Nach Jahren der Krise, der Stagnation und der Reformen findet der japanische Elektronikriese Panasonic mit neuer Strategie wieder zu Wachstum zurück. Vergangene Woche verbuchte der Traditionskonzern für das im März abgelaufene Bilanzjahr 2023 mit 444 Milliarden Yen (2,6 Milliarden Euro) seinen höchsten Reingewinn, 67 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Ein ausserordentlicher Gewinn trug dazu bei. Doch auch operativ jagt Panasonic wieder Rekorde.

Für das laufende Jahr sagt Panasonic voraus, dass der Betriebsgewinn von 361 Milliarden Yen (2,1 Milliarden Euro) auf 380 Milliarden Yen (2,3 Milliarden Euro) steigen soll. Das wäre der zweithöchste Wert der Firmengeschichte. Auch der Umsatz soll trotz schwierigen Bedingungen in Schlüsselmärkten wie China und dem abflauenden Schwung von Elektroautos weiter leicht wachsen.

Batterien, Solarzellen und Wärmepumpen

Die Batteriesparte des grössten Akku-Lieferanten für Tesla zeigt den neu gewonnenen Offensivgeist bereits deutlich: Panasonic nimmt sogar leichte Verluste der Sparte in Kauf, um den Rivalen aus China und Südkorea die Stirn zu bieten. So erweitert der Konzern sein neues Batteriewerk im amerikanischen Gliedstaat Kansas und denkt über eine dritte Fabrik nach. In der Heimat weihte der Konzern im April zudem ein Forschungszentrum für Akku-Technik ein.

Panasonic signalisiert damit eine neue Epoche – eine radikale Abkehr von der Unterhaltungselektronik. Seit Panasonic sich im Jahr 2022 unter einer Holding neu geordnet habe, fokussiere sich der Konzern auf zwei Bereiche, erklärt der Technologievorstand Tatsuo Ogawa: Produkte, die zur Bewältigung globaler Umweltprobleme beitrügen, und andere, die die Gesundheit, die Sicherheit und den Wohlstand der Menschen verbesserten. «Auf diese beiden Bereiche konzentrieren wir unsere Forschungsausgaben», sagt Ogawa im Gespräch in kleiner Journalistenrunde.

Konkret will er den Anteil an Investitionen in die grüne Zukunft von derzeit 50 Prozent auf 70 Prozent erhöhen. Neben Batterien und einer neuen Solarzellengeneration spielen auch Produkte wie Brennstoffzellen, die aus Wasserstoff Strom und Wärme für Eigenheime erzeugen, Wärmepumpen und Klimaanlagen eine wichtige Rolle. Während sie in Japan schon etabliert sind, steigt die Nachfrage aus Europa.

Grünes Konglomerat

Für das Unternehmen ist dies eine drastische Wende. Der Gründer Konosuke Matsushita wollte mit erschwinglicher Elektrotechnik zum Wohlstand der Massen beitragen. Um die Jahrtausendwende schien das Unternehmen nach dem Kollaps der Dotcom-Blase mit damals atemberaubenden Neuheiten wie Flachbildfernsehern und den Vorläufern der heutigen Smartphones sogar auf der Siegerstrasse.

Panasonics Aktienpreis stieg nach einer Krise wieder stark an. Das Unternehmen traute sich sogar zu, in grossem Umfang in zwei Technologien gleichzeitig zu investieren: in herkömmliche Flüssigkristall- und in Plasmadisplays, die bessere Farbtreue versprachen. Doch dann stürzte die TV-Sparte genau wie die der Lokalrivalen Sony und Sharp wegen der Angriffe von Samsung und anderer Displayhersteller aus Asien in eine lange Krise.

Auch Panasonic verbuchte über etliche Jahre hinweg hohe Verluste. Daher beschloss die Firmenführung, sich neben seinen klassischen und profitablen Haushaltsgeräten auf das Geschäft mit Unternehmenskunden zu konzentrieren. Unterhaltungselektronik und Digitalkameras laufen seitdem nebenher mit.

Das Vertrauen in den neuen Kurs wächst

Es war allerdings ein harter Weg – auch wegen des breiten Portfolios. Der frühere Konzernchef und jetzige Vorstandsvorsitzende Kazuhiro Tsuga verglich Panasonic einmal mit einer Ansammlung mittelgrosser Unternehmen, die mitunter in verschiedene Richtungen marschieren.

Seit April 2012 lenkt Yuki Kusumi die Gruppe. Zwar strafen Anleger Panasonic noch mit deftigen Kursabschlägen ab, wie sie Mischkonzerne oftmals hinnehmen müssen. Zudem ist das Wachstum bei Akkus und Klimaanlagen schwach. Nach der Veröffentlichung der Bilanz letzte Woche sackte der Aktienkurs um 4,6 Prozent auf 1322 Yen ab. Doch Analysten in Japan sind optimistischer.

Die Investmentbank Nomura bestätigte am Freitag ihr Kursziel von 2300 Yen (13.70 Euro) als Kursziel für Panasonics Aktie. Der Technologieanalyst Yasuo Nakane von der japanischen Grossbank Mizuho sagte der Aktie bisher sogar mit einem Zielpreis von 2430 Yen (14.49 Euro) ein Kurspotenzial von 84 Prozent voraus.

Ein Grund ist, dass Panasonics Marktwert derzeit unter dem Buchwert liegt. Angesichts der hochfliegenden Bewertungen an den heissgelaufenen Börsen macht allein das Panasonic in Nakanes Augen schon attraktiv . Dazu kommt das Wachstum in vielen Geschäftsbereichen. Nakane erwartet, dass der Konzernchef Kusumi weiter auf ein effizienzgetriebenes Management und eine klare Vision für das Konglomerat setzt.

Ein Beispiel ist das Akku-Geschäft, bei dem der Konzern seine einstige Weltmarktführerschaft an CATL und an südkoreanische Anbieter wie LGES verloren hat. Um agiler zu sein, fokussiert Panasonic seine Sparte. Das Geschäft mit rechteckigen, sogenannten prismatischen Batterien hat Panasonic in ein Joint Venture mit Toyota abgegeben. Stattdessen konzentriert sich der Konzern auf zylindrische Batterien, die Tesla bevorzugt.

Inzwischen wächst die Zahl der Kunden. So hat Panasonic den Autohersteller Subaru als Partner gewonnen. Anfang April kündigte Panasonic zudem an, mit dem Ölkonzern Indian Oil über die örtliche Produktion von Akkus für elektrische Zwei- und Dreiräder zu diskutieren.

Im März hat Panasonic die Sparte Panasonic Automotive Systems für 2,8 Milliarden Dollar an den amerikanischen Private-Equity-Fonds Apollo Global Management verkauft. Die Japaner behalten allerdings 20 Prozent der Anteile, in der Hoffnung, von einem Börsengang profitieren zu können. Der Analyst Nakane hat daher eine Kaufempfehlung für Panasonic ausgesprochen: «Die Zweifel des Marktes sind für Anleger eine Gelegenheit.»

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