Sonntag, November 17

In Bayern sind die Freien Wähler bereits Teil der Regierung. Auf ihrem Parteitag haben sie den bayerischen Wirtschaftsminister nun zu ihrem Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl gekürt. Sollte er gewinnen, will er sich für eine neue Migrationspolitik einsetzen.

Hubert Aiwanger hat einen Plan. Zwischen ihm und dem Bundestag stehen drei Wahlkreise. Der bayerische Wirtschaftsminister will diese bei der vorgezogenen Neuwahl im Februar mit seinen Freien Wählern per Direktmandat gewinnen. So soll der Partei erstmals der Einzug in das deutsche Parlament gelingen.

Bei den vergangenen Bundestagswahlen sind die Freien Wähler stets an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert, die das deutsche Wahlrecht vorsieht. Ihr bestes Ergebnis erzielten sie im Jahr 2021. Damals kamen sie auf gerade einmal 2,4 Prozent der Zweitstimmen.

Diesmal soll es anders sein. Aiwanger, zugleich Bundesvorsitzender der Freien Wähler, will sich die sogenannte Grundmandatsklausel zunutze machen. Sie besagt, dass eine Partei auch dann in den Bundestag einziehen kann, wenn sie zwar weniger als fünf Prozent der Zweitstimmen erhält, aber drei Direktmandate in den Wahlkreisen holt.

«Das dürfte nach allen Einschätzungen gelingen: drei plus X an Direktmandaten», sagte Aiwanger am Freitag in München, als er seine Strategie vorstellte. Auf Bundesebene spielen die Freien Wähler zwar keine grosse Rolle, in Bayern sind sie jedoch traditionell stärker aufgestellt. Seit 2018 sind sie dort an der Regierung beteiligt. Bei der bayerischen Landtagswahl im vergangenen Jahr wurden die Freien Wähler unter der Führung Aiwangers zweitstärkste Kraft nach den Christlichsozialen.

Zwei Landräte und ein Bürgermeister für den Bundestag

Die regionale Verankerung soll ihnen nun den Einzug in den Bundestag sichern. Aiwanger trat am Freitag mit dem Landshuter Landrat Peter Dreier und der Oberallgäuer Landrätin Indra Baier-Müller sowie dem Bürgermeister der Stadt Gersthofen, Michael Wörle, auf. Sie treten neben Aiwanger als Kandidaten der Freien Wähler bei der Bundestagswahl an. Die drei Lokalpolitiker sind über die Landesgrenzen Bayerns zwar kaum bekannt. Aiwanger rechnet ihnen aufgrund ihrer regionalen Bekanntheit aber offenbar gute Chancen aus, in ihren Wahlkreisen gewählt zu werden.

Aiwangers Strategie stösst bei seinen Parteikollegen auf Anklang. Diese nominierten ihn am Samstag auf dem Bundesparteitag einstimmig zum Spitzenkandidaten der Freien Wähler für die vorgezogene Neuwahl. Vor den rund 1000 Parteimitgliedern wandte er sich direkt an den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz: «Lieber Herr Merz, lieber Fritz, red mit den Freien Wählern und kuschle nicht mit den Grünen. Geh nicht ins Bett mit denen, die Deutschland ruiniert haben.»

Aiwanger strebt im Bundestag nach eigenen Aussagen eine «bürgerliche Koalition» mit der Union und den Liberalen an. Er forderte einen Neuanfang in der Migrationspolitik. «Die Migrationspolitik von Merkel und Ampel haben Deutschland dorthin gebracht, wo es heute ist: wirtschaftlich erledigt, politisch gespalten, parteipolitisch radikalisiert», sagte Aiwanger.

Aiwanger stand im vergangenen Jahr wegen der sogenannten Flugblatt-Affäre im Zentrum der medialen Berichterstattung in Deutschland. Wenige Wochen vor der Landtagswahl in Bayern hatte die «Süddeutsche Zeitung» über ein antisemitisches Flugblatt berichtet, dass während seiner Schulzeit bei ihm gefunden worden sein soll. Aiwanger wies die Vorwürfe zunächst zurück. Schliesslich bekannte sich sein Bruder als Verfasser.

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