Die EU-Kommissions-Präsidentin erkrankte Anfang Jahr an einer «schweren Lungenentzündung». Hätte ihre Medienstelle mehr sagen müssen?
Für Ursula von der Leyen begann das neue Jahr nicht eben freudig: Die EU-Kommissions-Präsidentin hatte sich eine schwere Lungenentzündung eingefangen und musste in Hannover, in der Nähe ihres Heimatorts, eine Woche lang im Krankenhaus behandelt werden.
Die Öffentlichkeit wusste von ihrer Erkrankung, ihre Medienstelle hatte diese anlässlich der täglichen Mittags-Pressekonferenz am 3. Januar bekanntgegeben. Dass die 66-Jährige hospitalisiert war, sagten die Mediensprecher hingegen nicht. Erst als die Deutsche Presse-Agentur am vergangenen Freitag diese Tatsache enthüllte, bestätigte die Kommission den Krankenhausaufenthalt der Chefin.
«Jeden Tag mit ihrem Team in Kontakt»
In Brüssel ist nun eine Polemik darüber entbrannt, die zwar in erster Linie in der Medienblase zu reden gibt, möglicherweise aber darüber hinaus Bedeutung hat. Kernfrage ist: Inwiefern geht der genaue Gesundheitszustand von der Leyens uns alle etwas an? Das physische Wohlergehen gehört zur innersten Privatsphäre und ist per se nicht publikumsrelevant. Gleichzeitig ist die Kommissionspräsidentin eine öffentliche Figur, deren politisches Handeln Auswirkungen auf den gesamten Kontinent und darüber hinaus haben kann, auch wenn sie nicht einer eigentlichen Regierung vorsteht.
In dieser Hinsicht ist entscheidend, ob die EU-Kommission zu jedem Zeitpunkt funktionsfähig war. Die Medienstelle bejaht diese Frage klar: Von der Leyen sei «jeden Tag mit ihrem Team in Kontakt» gewesen, ihre Handlungsfähigkeit sei «nie infrage gestellt gewesen», so die Chefsprecherin Paula Pinho. Die Präsidentin sei nie auf der Intensivstation gelegen und auch nicht auf eine Beatmungsmaschine angewiesen gewesen, sagt sie.
Lüge oder nicht?
Falls von der Leyen nicht mehr hätte agieren können, hätte ihre Stellvertreterin Teresa Ribera übernommen. Die Spanierin, die einen der sechs Vizepräsidiumsposten bekleidet, wird diesen Mittwoch auch die wöchentliche Kollegiumssitzung leiten. Jene von letzter Woche ist verschoben worden, so wie von der Leyen sämtliche Termine in der ersten Januarhälfte absagen musste. Auch eine mit Spannung erwartete Initiative zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit wird erst mit Verspätung vorgestellt, wobei unklar ist, ob dies der Abwesenheit der Präsidentin geschuldet ist.
Die Aufregung geht aber über die reine Kompetenzenverteilung innerhalb des Gremiums hinaus: Einige Brüsseler Medien fühlen sich von der Kommissions-Pressestelle hintergangen. Denn auf die Frage, ob von der Leyen hospitalisiert sei, hatte die Chefsprecherin Pinho gemäss «Politico» letzten Mittwoch lediglich geantwortet: «No update.» Die Diskussion dreht sich nun darum, ob dies eine Lüge oder einfach ein Verschweigen war.
Keine Einladung von Trump
Pinho musste diesen Montag, nachdem der Krankenhausaufenthalt öffentlich geworden war, jedenfalls eine ziemlich aufgeregte Medienschar bändigen. Längst ging es nicht mehr um von der Leyens Gesundheit, sondern um die demokratiepolitisch relevante Frage, wie transparent eine regierungsähnliche Institution zu kommunizieren hat.
Die Sprecherin wiederholte, dass sie die «kritische Information» – namentlich die Erkrankung von der Leyens inklusive Schweregrad – ja geliefert habe. Eine «schwere» Lungenentzündung erfordere zudem in den meisten Fällen eine Behandlung im Krankenhaus. Sich zu entschuldigen, erachte sie nicht als notwendig, lieferte sie am Dienstag nach.
Kommissionspräsidentin von der Leyen geht es derweil besser: Bereits am Freitag veröffentlichte sie auf Instagram ein Foto, das sie im deutschen Home-Office zeigt. In den kommenden Tagen sollte sie auch wieder in der Lage sein, nach Brüssel zu reisen. Nach Washington, wo Donald Trump am Montag offiziell in seine zweite Amtszeit startet, wird sie nicht fliegen: allerdings nicht aus gesundheitlichen Gründen – sondern weil sie, wie auch sonst niemand aus den europäischen Institutionen, schlicht nicht eingeladen wurde.