In der Altstadt spannen ein Landwirt und ein Gastronom zusammen. Sie vertreiben ausschliesslich Fleisch von Tieren, die auf der Weide geschlachtet werden.
Wenn Elmar Ledergerber, der einstige Stadtpräsident von Zürich, bei der Eröffnung einer Metzgerei zugegen ist, dann muss das schon eine aussergewöhnliche Metzgerei sein. Und der «Chalte Brunne», der am Donnerstag in der Stüssihofstatt eröffnet wurde, ist beileibe kein gewöhnliches Fleischfachgeschäft.
Es handelt sich um eine Metzgerei, die nur Fleisch von Tieren verkauft, die in der gewohnten Umgebung auf dem Hof geschlachtet wurden. Damit entfallen die Transporte, die für die Tiere einen enormen Stress bedeuten – und für das Fleisch eine Qualitätsminderung.
Hinter dem Projekt steht mit Nils Müller denn auch der Vorreiter der Hof- und Weideschlachtung. Der Landwirt und seine Frau haben sich in den letzten vierzehn Jahren intensiv mit der Frage beschäftigt, wie die Fleischproduktion mehr Rücksicht auf das Wohl der Tiere nehmen könnte – und auf das der Menschen.
Das vorläufige Resultat von 14 Jahren Arbeit
In seiner Eröffnungsansprache sagte Nils Müller am Donnerstag: «Die Fleischwirtschaft hat längst industrielle Ausmasse angenommen. Die Angestellten sind zu Fliessbandarbeitern degradiert, und die Konsumenten kaufen ein Massenprodukt.»
Das wollte er ändern. So hat sich Müller über Jahre hinweg mit den Schweizer Veterinärbehörden gestritten und sich das Recht erkämpft, Tiere auf der Weide zu schlachten und sodann in einem nahe gelegenen Schlachthäuschen auszunehmen. Das war vorher verboten.
Auf seinem Gehöft auf der Forch führt Müller eine kleine Rinderzucht, die ganz auf tierfreundliche Produktion ausgerichtet ist. Er verwendet keine Antibiotika, setzt seine Tiere keinem Stress aus und hält sich strikte an die Richtlinien für biologische Landwirtschaft.
Immer mehr Landwirte folgen inzwischen seinem Beispiel. Insgesamt zehn Produzenten fungieren als Lieferanten für den Laden in der Zürcher Altstadt. Ein Geschäft zu eröffnen, sei für ihn der logische nächste Schritt gewesen, sagt Müller: «Wir schliessen damit einen Kreislauf.»
Der Alt-Stadtpräsident prophezeit grossen Erfolg
Der umsichtige Umgang mit dem Tier und der handwerkliche Aufwand für die Schlachtung haben ihren Preis. Im «Chalte Brunne» kosteten die Fleischstücke mehr als anderswo, räumt Müller ein. Aber so sei es nun einmal, wenn man nicht mit Grossbetrieben wie «Bell» arbeite, die tausend Rinder am Tag schlachteten. Im Gegenzug bekämen die Kundinnen und Kunden die allerhöchste Qualität.
Wer sich von dieser Qualität zuerst überzeugen möchte, hat im Imbiss Gelegenheit dazu. Dieser ist an die Metzgerei angegliedert und verarbeitet die gleichen Ausgangsprodukte, die auch in der Metzgerei verkauft werden.
Verantwortlich für die Verpflegung von hungriger Kundschaft sind Zeynep und Stefan Jud. Sie führen in Zumikon das Restaurant «Chüelebrunne» und beziehen schon seit Jahren ihr Fleisch bei Nils Müller. Dass Stefan Jud nun einen Betrieb im Herzen von Zürich eröffnen kann, erfüllt ihn mit Stolz. Er sei gespannt, wie es hier so laufe, sagt Jud. «Wir rechnen natürlich mit einem anderen Momentum als in Zumikon», betont er und lacht.
Hinsichtlich der Qualität sind sie denselben Massstäben verpflichtet wie Nils Müller und Claudia Wanger: Sämtliche Speisen werden im Haus aus biologischen und lokalen Zutaten hergestellt. Jeweils ab 16 Uhr soll es anstelle von warmen Gerichten ausserdem Getränke und einen leichten Imbiss zum Apéro geben.
Der Alt-Stadtpräsident Elmar Ledergerber ist mehr als zuversichtlich, dass hier etwas Grosses entstehen wird. «Das gibt einen Hype, ich garantiere es Ihnen», sagt er.