Donnerstag, März 6

Auf Saucen legen nur wenige Restaurants in der Schweiz wert – dabei sind tiefgründige Flüssigkeiten auf dem Teller, ob klassisch oder modern, manchmal der eigentliche Grund für einen Lokalbesuch.

Das Traurigste, was im Restaurant passieren kann? Nun, man stelle sich vor, es gäbe eine richtig gute Sauce, hausgemacht und nach allen Regeln der Kunst erst reduziert und dann montiert, und der Kellner schüttete am Tisch nur ein paar Tropfen formvollendet auf den Teller, um dann mit dem Saucenkännchen wieder in der Küche zu verschwinden. Gewiss, eine gute Sauce ist kostbar – aber es gibt nichts Schöneres, als wenn selbige zum Nachschütten nach Belieben des Gastes am Tisch gelassen wird. Vorausgesetzt, die servierte Flüssigkeit ist wirklich gut, intensiv, tiefgründig, balanciert, kurzum die perfekte Ergänzung zu Fleisch, Fisch, Gemüse.

Die ist nur leider selten, denn den klassischen Saucenansatz mit Röstgemüse oder Pilzen, mit Knochen oder Gräten sparen sich viele Restaurants. Stundenlanges Reduzieren und Köcheln, Abschmecken und Abseihen ist mühsam, und an Hilfsmitteln der Lebensmittelindustrie fehlt es nicht.

Sauce hollandaise und ihre Abkömmlinge

Natürlich braucht nicht jede Sauce lange Zubereitungszeiten. Bei manchen genügen gute Zutaten und Geschick. Die Sauce hollandaise zum Beispiel ist spätestens zur Spargelsaison in aller Munde, im wahrsten Wortsinne, aber nur in wenigen Fälle selbst aufgeschlagen. Verständlich, denn sie ist fragil, lässt sich, einmal fertiggestellt, nicht lange aufbewahren. Weil es derzeit noch keinen Spargel aus Schweizer Produktion gibt, empfiehlt sich ein Frühstück im «Dolder». Wer dort Egg Benedict bestellt, einen der Klassiker der internationalen Breakfast Cuisine, bekommt eine richtig gute Hollandaise.

Die berühmteste Abwandlung der Hollandaise nennt sich Béarnaise: Frischer Estragon sorgt hier für die unvergleichliche Note. In der «Kronenhalle» in Zürich gibt es eine Béarnaise als Begleitung zum Chateaubriand, dem gewaltigen Fleischstück für mehr als eine Person. Viel rarer die Sauce choron, eine Béarnaise, der Tomatenmark zugefügt wurde. In der Basler «Kunsthalle» gibt es sie bisweilen, aber gegessen habe ich sie dort noch nicht. Einzig die ohne Ei zubereitete Beurre blanc ist in so manchem Restaurant zu bekommen, oft ordentlich, manchmal herausragend: im «Marguita» in Zürich zum Beispiel, dort auch in Form einer Champagnersauce.

Bordelaise und andere dunkle Saucen

Viel mehr Aufwand als die hellen, auf Butter beruhenden Saucen verlangen die dunklen. Die, in denen der gesammelte Geschmack von Knochen beziehungsweise Karkassen und Gemüse vertreten ist. Im Zürcher «Choupette» serviert man die mit reichlich Rotwein zubereitete Sauce Bordelaise, eine der Abwandlungen der klassischen Sauce Espagnole, zum Rindsfilet. Christian Kuchler wiederum, Chef des «Schäfli» in Wigoltingen und per se ein Experte für Sauce, setzt schon einmal die Sauce Matelote auf die Karte, eine kräftige Ergänzung zum Fisch.

Auch die Portweinsauce ist eine Abwandlung der Espagnole: Rotweinsauce wird in diesem Falle zusätzlich mit Portwein verfeinert, die entstehende leichte Süsse passt zu so manchem Wildgericht. Eine hausgemachte Variante ist beispielsweise in der «Sauceria» zu haben, einem auf Saucen spezialisierten Restaurant in St. Gallen. Die Schweinsbratensauce aus dem Zürcher «Rosi» läuft übrigens ausser Konkurrenz: So etwas Feines wird man in der Schweiz kaum ein zweites Mal finden.

Chimichurri und Pfeffersauce sind unterschätzte Aromenbomben

Im «Château d’Ouchy» in Lausanne geht es um Fleisch vom Grill – und folglich darf hier auch eine Chimichurri nicht fehlen, die aus Kräutern, Zwiebeln, Knoblauch und Öl zubereitete Sauce. Sie ist natürlich auch in der «Beefbar» zu haben, in einer der neuen Errungenschaften der Gastroszene von St. Moritz. Genau dort gibt es auch noch die – anderswo aus der Mode gekommene – Pfeffersauce. Und wenn wir schon bei den raren Saucenvarianten sind: Um eine Sauce genevoise zu kosten, eine mit Rotwein zubereitete Sauce auf der Basis von Fischfond, könnte man die «Maison Wenger» ansteuern.

Für zwei Saucen indes habe ich bislang keine Quelle in der Schweizer Gastronomie gefunden. Um Frankfurter Grüne Sauce zu essen, eine aus sieben Kräutern hergestellte Spezialität, muss man wohl auch weiterhin nach Frankfurt ausweichen. Und die Sauce Jean Vignard, eine meiner Lieblingssaucen und im Nu zuzubereiten, hat es wohl ebenfalls noch nicht bis in die eidgenössische Gastronomie geschafft. Wie man sie zu Hause herstellt? Ganz einfach: je einen gehäuften Esslöffel Senf und Tomatenmark mit 2.5 Deziliter Weisswein zehn Minuten einkochen lassen, Rahm zugeben, reichlich Butter einschwenken. Prima zu Fisch, Poulet oder Gemüse!

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