Freitag, April 25

Die IG Freiheit nimmt mit dem «Rostigen Paragrafen» jedes Jahr übereifrige Politiker und Beamte auf die Schippe.

Luzern wird überrollt von Touristen mit Rollkoffern. Wenn sie ihr Gepäck durch die Strassen rollen, sorgen sie für Unruhe und Lärm, und das allein, weil sie zu faul sind, den Koffer zu tragen. Dieser Meinung ist der Luzerner SP-Nationalrat David Roth. In jungen Jahren Juso-Präsident, echauffiert sich Roth nun in gesetzterem Alter über die Touristenströme, die in seine Heimatstadt einfallen. Er fordert Abhilfe. Und dazu zählt für ihn ein Verbot, Rollkoffer über Pflastersteine zu rollen. Wie ein solches Verbot durchgesetzt werden könnte, ob man die Rollkoffer-Touristen bereits am Bahnhof abfangen oder eher auf Kontrolleure und Geldbussen setzen soll, ist offen.

Optimieren Sie Ihre Browsereinstellungen

NZZ.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.

Bitte passen Sie die Einstellungen an.

Bürgerliche Bürokratie-Bekämpfer

Roth hat mit seiner Idee nicht nur für mediale Aufmerksamkeit gesorgt, er hat es auch auf die Kandidatenliste des «Rostigen Paragrafen» geschafft. Mit diesem Schmähpreis wird jedes Jahr das «überflüssigste Gesetz» oder der «unnötigste Vorstoss» ausgezeichnet. Hinter der Trophäe steht die IG Freiheit, eine vor bald zwanzig Jahren von Unternehmern und Politikern gegründete Gruppe, welche die Freiheitsrechte der Bürger gegenüber der staatlichen Bevormundung verteidigen will. Präsident ist der Zürcher SVP-Nationalrat Gregor Rutz, im Vorstand sitzen die Schwyzer FDP-Ständerätin Petra Gössi, der Appenzeller Mitte-Nationalrat Thomas Rechsteiner oder der Präsident des Gewerbeverbands Fabio Regazzi, Tessiner Mitte-Ständerat.

An Auswüchsen und Absurditäten, aus denen die Bürokratie-Bekämpfer jedes Jahr ihre Favoriten auswählen können, besteht kein Mangel. 2024 ging der «Rostige Paragraf» an die Zürcher Stadträtin Simone Brander, die damit für die Schaffung einer amtlichen Kompostkontrolle ausgezeichnet wurde. Wer in Zürich selber im eigenen Garten kompostieren möchte, muss dies den Behörden gegenüber nachweisen und damit rechnen, dass der private Komposthaufen von städtischen Angestellten kontrolliert wird.

In früheren Jahren wurde ein Gesetz für Grillhandschuhe als preiswürdig angesehen, ein ausgeklügeltes Reglement über Hundeverbotszonen, der Wechsel zu «gendergerechten» Strassenschildern in Genf, ein Verbot von Tragtaschen für Spirituosen oder eine Kindersitzpflicht für Kinder bis 12 Jahre. Auch die «Polizeistunde für Kuhglocken», bei denen die Bauern den Kühen um 22 Uhr die Glocken abnehmen mussten, wurde ausgezeichnet, ebenso die Idee, im Wald eine Vignettenpflicht für Nordic Walker einzuführen.

Wozu brauchen Polizisten Waffen?

Neben David Roth ist auch der grüne Lausanner Stadtrat Ilias Panchard ein aussichtsreicher Kandidat für den «Rostigen Paragrafen» 2025. Panchard hat ein Waffenverbot für die städtischen Polizisten gefordert, und das mit Erfolg. Der Polizeiverband hält es für keine gute Idee, wenn Polizisten waffenlos herumlaufen. Doch Panchard sieht hier kein Problem: Es reiche, wenn in Schiessereien geratene Polizisten andere Kollegen anfordern könnten, die ausnahmsweise mit einer Waffe ausgestattet seien.

Ebenfalls nominiert ist Eva Reinhard, Geschäftsleiterin von Agroscope, der Bundesstelle für landwirtschaftliche Forschung. Agroscope rief die Bevölkerung dazu auf, die eigenen Unterhosen zu vergraben, im Garten, auf einer Wiese oder auf einem Acker. Denn im Erdreich vergrabene Unterhosen zeigten, wie stark Humus das Bodenleben fördere. Für das Projekt liess sich die Bundesstelle nicht lumpen. Es wurde eine spezielle App entwickelt, auf der die Hobbyforscher ihre Ergebnisse eintragen können. Eine Karte zeigt all jenen, die sich für vergrabene Unterhosen interessieren, wo genau in der Schweiz solche bereits verbuddelt wurden. Die Unterhosenaktion zeigt trefflich, was vom Lamento zu halten ist, der Bund habe kein Geld und müsse an allen Ecken und Enden sparen.

Mit ihrer Forderung nach einer Luxussteuer auf Schmuck, teure Autos oder Jachten – nach dem Motto «Tax the Rich» – hat es die grüne St. Galler Nationalrätin Franziska Ryser auf die Kandidatenliste geschafft. Schliesslich rangiert auch der Zürcher Stadtrat mit seiner Wohnsiedlung «Tramdepot» unter den Nominierten. Die Überbauung ist nicht – wie man annehmen könnte – dafür gedacht, Leuten mit kleineren Einkommen zu einer Wohnung zu verhelfen. Nein, im «Tramdepot» sind auch Gutverdiener willkommen. Voraussetzung für einen Mietvertrag ist, dass die Mieter eine Autoverzichtserklärung abgeben. Kritiker sehen darin einen Vorboten für weitere rot-grüne Erziehungsmassnahmen – etwa die Vergabe von städtischen Wohnungen ausschliesslich an Vegetarier, Nichtraucher oder Abstinenzler.

Der «Rostige Paragraf» wird am 12. Mai in Zürich verliehen. Der Gewinner wird in einem Online-Voting bestimmt.

Exit mobile version