Viele Nepalesen sind enttäuscht von ihren Politikern und dem ewigen Streit im Parlament. Die Proteste in Kathmandu haben aber auch mit dem Einfluss der Hindu-Nationalisten in Indien zu tun.

Mehrere tausend Demonstranten sind diese Woche in der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu auf die Strasse gegangen. Der Grund ist ein ungewöhnlicher: Die Demonstranten fordern die Abschaffung der Demokratie und die Rückkehr zur Monarchie. «König, kehr zurück, rette das Land», riefen die Protestierenden.

Die Demonstration am Dienstag war die grösste von mehreren Kundgebungen in den vergangenen Monaten. Sie endete in gewaltsamen Ausschreitungen. 7000 Polizisten waren im Einsatz, sie stoppten die Demonstranten auf dem Weg ins Stadtzentrum und setzten Tränengas und Schlagstöcke ein. Es gab mehrere Verletzte.

Nepals Monarchie wurde 2008 abgeschafft. Hunderttausende Demonstranten hatten auf den Strassen für Demokratie gekämpft, bis der damalige König Gyanendra Shah abdankte. Seither ist Nepal eine Republik. Ein Premierminister, eingesetzt vom Parlament, leitet die Geschicke des Landes. Der ehemalige König Gyanendra lebt als Privatperson ohne Titel und Sonderrechte.

Populärer König wurde ermordet

Gyanendra Shah war im Sommer 2001 an die Macht gekommen, weil sein Bruder Birendra und dessen Familie an einem Tag ausgelöscht worden waren: Der Kronprinz Dipendra hatte nach einem Familientreffen den König und seine Verwandten erschossen und sich danach selbst gerichtet. Birendra war populär, noch heute hängen Bilder seiner Familie in Kathmandu, sie schmücken Wohnzimmer und Busse. Gyanendra konnte nie an die Popularität seines Bruders anknüpfen, er regierte bis zu seiner Abdankung zunehmend autoritär.

Trotzdem gibt es Nepalesen, die sich eine Rückkehr des Königs wünschen. Meist waren es nur wenige, vor allem jene, die direkt von der Monarchie profitiert hatten. Dass heute Tausende lautstark eine Rückkehr des Königs fordern, hat auch mit der Frustration über die gegenwärtige Politik zu tun. In gerade einmal 16 Jahren Demokratie hat Nepal bereits 13 Regierungen erlebt.

Nepals Parteienlandschaft ist zersplittert und kompliziert. Im Parlament werden ständig neue Koalitionen gebildet und kaum je echte Reformen auf den Weg gebracht. Nepal gehört noch immer zu den ärmsten Ländern der Welt. Und einige Politiker bereichern sich unverschämt.

Das offenbarte jüngst eine Recherche der «New York Times» über den neuen internationalen Flughafen im Touristenort Pokhara. Mehrere Ingenieure sagten, der Flughafen, finanziert von China, sei mangelhaft gebaut, weil Beamte und Politiker Geld für sich abgezweigt hätten. Im ersten Betriebsjahr 2023 kamen weniger als 300 internationale Passagiere am Flughafen an. Nepals Anti-Korruptions-Behörde untersucht den Flughafenbau derzeit.

Einfluss aus Indien

Es ist allerdings nicht nur der Frust über die Politik, die viele Nepalesen zu Monarchie-Nostalgikern macht. Die Proteste haben auch eine religiöse Komponente, die viel mit dem aus Indien überschwappenden Hindu-Nationalismus zu tun hat. Die Demonstrationen sind von der Rastriya Prajatantra Party (RPP) organisiert. Sie fordert nicht nur eine Rückkehr zur Monarchie: Nepal soll auch explizit ein Hindu-Königreich werden. Heute ist Nepal ein säkularer Staat, etwa achtzig Prozent der Bevölkerung sind Hindus, zehn Prozent Buddhisten, hinzu kommen Muslime und Christen.

Die RPP verfügt über starke Verbindungen nach Nordindien, zur indischen Regierungspartei BJP. Laut einem Bericht des amerikanischen Aussenministeriums erhält die RPP Geld aus dem Umfeld der BJP. Die RPP erklärte, der Bericht entbehre jeder Grundlage.

Der ehemalige König Gyanendra Shah traf vergangenes Jahr den prominenten BJP-Politiker Yogi Adityanath. Dieser ist Chef des grössten indischen Teilstaates, Uttar Pradesh, ein Hindu-Mönch, und gilt als einer der radikalsten Vertreter des Hindu-Nationalismus innerhalb der BJP. Adityanath empfing den ehemaligen König wie einen Monarchen.

Beobachter glauben, der ehemalige König sei auf der Suche nach Unterstützern für seine Sache in Indien. Gyanendra Shah hat sich bisher nicht öffentlich zu den jüngsten Demonstrationen in Kathmandu geäussert. Er hat allerdings auch nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er gerne auf den Thron zurückkehren möchte.

Die Hürden für eine Rückkehr der Monarchie in Nepal sind allerdings hoch. Das Parlament müsste sich selber entmachten. Alle grossen Parteien haben sich bereits gegen eine Rückkehr des Königs ausgesprochen.

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