Während die Exporte in die USA um mehr als 20 Prozent schrumpften, konnten die Ausfuhren nach Südostasien und Europa kräftig zulegen.

Die exorbitanten Zölle, die der amerikanische Präsident Donald Trump im April gegen China verhängte, können der Exportwirtschaft der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt bislang offenbar wenig anhaben. Chinas Ausfuhren konnten im April im Jahresvergleich um kräftige 8,1 Prozent zulegen. Ökonomen hatten lediglich mit einem Zuwachs von zwei Prozent gerechnet. Im März waren Chinas Exporte um 12,4 Prozent geklettert.

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Doch regional tun sich gewaltige Unterschiede auf. So fielen die Exporte Chinas in die USA im April um mehr als 20 Prozent. Die Ausfuhren in die zehn Asean-Staaten legten dagegen um 20,8 Prozent zu.

Vor allem Vietnam sticht hervor. Das Reich der Mitte lieferte im April 22,5 Prozent mehr Waren in das südostasiatische Land als im Vorjahreszeitraum. Es gilt als wahrscheinlich, dass viele Güter von dort aus weiter in die USA exportiert werden. Den USA sind solche Lieferungen über Drittländer ein Dorn im Auge.

Trump hatte im April die Zölle auf Einfuhren aus China in mehreren Schritten auf bis zu 145 Prozent angehoben. Peking reagierte auf jede Erhöhung aus Washington seinerseits mit Anhebungen der Zölle auf amerikanische Waren. Inzwischen erhebt China Zölle in Höhe von 125 Prozent auf US-Einfuhren.

Furcht vor einer De-Industrialisierung Europas

Auch die chinesischen Exporte in die Europäische Union konnten im April deutlich zulegen. Sie kletterten im Jahresvergleich um mehr als acht Prozent. In den europäischen Hauptstädten wuchsen zuletzt die Sorgen, China könne seine, ursprünglich für den amerikanischen Markt vorgesehenen, Waren nach Europa umlenken und damit eine «De-Industrialisierung» befeuern, wie es die Europäische Handelskammer in China formuliert.

Während Chinas Ausfuhren im vergangenen Monat zulegten, schrumpften die Importe um 0,2 Prozent. Das ist ein klarer Hinweis auf die nach wie vor schwache Binnennachfrage. Die Folge: Die Deflation hält sich hartnäckig.

Experten gehen davon aus, dass sich Chinas Exportbilanz in den kommenden Monaten verschlechtern wird, sollten die USA nicht von ihrem harschen Zollregime gegenüber China abrücken. Es brauche eine gewisse Zeit, bis sich die hohen Abgaben in den Bilanzen niederschlagen, heisst es.

Bieten die USA am Wochenende eine Zollsenkung an?

Am Donnerstag verdichteten sich jedoch die Hinweise darauf, dass Trump bereit sein könnte, die Zölle auf Waren aus dem Reich der Mitte zu senken. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg meldete, könnten die USA die Zölle schon in der kommenden Woche auf ein Niveau von unter 60 Prozent reduzieren.

Am Wochenende wollen Chinas stellvertretender Ministerpräsident He Lifeng und der amerikanische Finanzminister Scott Bessent in Genf über eine Entschärfung des Handelskriegs verhandeln. Eine schnelle Einigung ist allerdings keinesfalls sicher. Die chinesische Regierung wies wiederholt darauf hin, dass die USA als Land, das den Handelskrieg begonnen habe, den ersten Schritt bei einer Entschärfung tun müssten.

Fortschritte beim Streitthema Fentanyl

Die US-Regierung will offenbar auch eine Lockerung der chinesischen Exportbeschränkungen für seltene Erden erreichen. Eine Reihe amerikanischer Branchen leiden unter den Restriktionen. Darüber hinaus will Washington darauf hinwirken, dass China die Ausfuhren von Grundstoffen für das Opiat Fentanyl weiter einschränkt. Hier soll es Fortschritte geben.

Gleichwohl müssen die Erwartungen mit Blick auf einen möglichen Durchbruch in Genf gedämpft sein. «Die Administration verfolgt mit den Gesprächen einzig das Ziel, die Wirtschafts-Agenda <America First> von Präsident Trump voranzubringen, um faire und reziproke Handelsbeziehungen zu erreichen», sagte ein Sprecher des Weissen Hauses am Mittwoch. Jede Diskussion um eine Absenkung der Zölle sei reine Spekulation ohne jede Grundlage.

Fest steht, dass die beiden grössten Volkswirtschaften der Welt unter den hohen Zöllen leiden. So schrumpfte das Bruttoinlandprodukt der USA während des ersten Quartals um 0,3 Prozent. In China betrug das Wirtschaftswachstum zwischen Januar und März 5,4 Prozent. Jüngst häuften sich allerdings die Zweifel an den offiziellen Zahlen der chinesischen Behörden.

Notfallpläne für die chinesische Wirtschaft

In den Produktionszentren im Süden Chinas klagen immer mehr Firmen über ausbleibende Aufträge, viele Fabriken müssen schliessen oder entlassen Mitarbeiter. Chinas Machthaber schwören das Volk inzwischen auf harte Zeiten und bereiten «Notfallpläne» vor, wie es das Politbüro der Kommunistischen Partei unlängst formulierte.

Selbst wenn die USA am Wochenende versprechen, die Zölle auf Waren aus China zu reduzieren, lindert dies kaum die Leiden der chinesischen Wirtschaft. Zhang Ning, China-Ökonom der UBS in Hongkong, hatte im Januar vorgerechnet, was Zölle der USA auf China-Importe in Höhe von 60 Prozent bedeuten: Damit würde Chinas Wachstumsrate um 150 Basispunkte geschmälert.

Das dürfte der Regierung gar nicht gefallen, strebt sie doch für das laufende Jahr ein Wirtschaftswachstum von fünf Prozent an. Die Verhandlungen in Genf dürften darum erst der Auftakt für zahlreiche weitere – und zähe – Gesprächsrunden sein.

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