Am Dienstag wollen Union, SPD und Grüne ihr gemeinsam geschnürtes Schuldenpaket durch den Bundestag bringen. Doch am Wochenende regte sich weiter Widerstand.

Der mögliche neue deutsche Kanzler Friedrich Merz zeigte sich am Sonntagabend verhalten zuversichtlich. Auf die Frage, ob das von Union, SPD und Grünen verhandelte Schuldenpaket am kommenden Dienstag die nötige Zweidrittelmehrheit im Bundestag bekommen werde, sagte er: «Es wird knapp, aber es wird gehen.» In allen drei Fraktionen sei noch Überzeugungsarbeit zu leisten, fügte er im Interview mit der ARD hinzu.

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Merz hat seit diesem Wochenende jedoch offiziell den ersten Abweichler in den eigenen Reihen. Der frühere CDU-Generalsekretär Mario Czaja sagte in einem Interview mit dem Portal «The Pioneer», dass er im Bundestag gegen die Pläne seines Parteichefs stimmen werde.

Das Schuldenpaket sei «nicht generationengerecht», so begründete Czaja sein Nein. Zudem sieht er in dem Vorhaben eine Abkehr von den Wahlversprechen der Union, und er warnte vor einem Vertrauensverlust gegenüber der demokratischen Mitte. In der CDU/CSU-Fraktion gingen viele mit Bauchschmerzen in die Abstimmung, sagte er.

Czaja ist mit dieser Ansicht nicht allein. Auch der CDU-Abgeordnete Jens Koeppen kündigte bereits an, den Sitzungen zum Schuldenpaket fernzubleiben. Für beide wäre es wohl die letzte Abstimmung im Bundestag. Czaja verpasste den Wiedereinzug, da er seinen Berliner Wahlkreis an die AfD verlor. Koeppen trat bei der Wahl im Februar nicht mehr an.

Viele scheidende Abgeordnete in Reihen von SPD und Grünen

An den beiden Abweichlern zeigt sich ein grundsätzliches Problem an dem Plan, die für das Schuldenpaket nötigen Grundgesetzänderungen noch rasch im alten Bundestag durchzubringen. Da Abgeordnete wie Czaja und Koeppen dem neuen Bundestag ohnehin nicht angehören, haben sie auch keinen unmittelbaren Schaden für ihre politische Karriere zu befürchten, wenn sie sich offen gegen ihre Fraktion stellen. Die Fraktions- und Parteispitzen müssen mit mehr Unsicherheit bei der Abstimmung rechnen.

Zusammen haben die Fraktionen von Union, SPD und Grünen im alten Bundestag zwar 32 Stimmen mehr, als für die Grundgesetzänderung nötig wären. Die Sozialdemokraten und die Grünen haben aber aufgrund ihrer enormen Wahlverluste noch deutlich mehr Abgeordnete, die wie Czaja und Koeppen aus dem Bundestag ausscheiden. Die Sozialdemokraten haben 86 Sitze verloren. Bei den Grünen sind es 33.

Die komfortable Mehrheit könnte daher auch schnell schwinden. An diesem Montag werden wohl alle Parteien in den Fraktionssitzungen noch einmal auf ihre Abgeordneten einwirken.

Neue Eilanträge beim Bundesverfassungsgericht gestellt

Indes versuchen mehrere Oppositionspolitiker, die Abstimmung noch zu verhindern. Die AfD wie auch die parteilose Abgeordnete Joana Cotar stellten abermals Eilanträge beim Bundesverfassungsgericht.

Die AfD begründet den Antrag damit, dass der Haushaltsausschuss des Bundestags keine Expertenanhörung zugelassen habe. Der Ausschuss hatte am Sonntag grünes Licht für das Schuldenpaket gegeben, inklusive der mit den Grünen vereinbarten Ergänzungen. Cotar bemängelt, es sei ihr aufgrund der Kürze der Zeit «gezielt unmöglich gemacht worden», sich mit dem veränderten Entwurf zu befassen, wie aus dem von ihrem Anwalt veröffentlichten Antrag hervorgeht.

Auch drei FDP-Abgeordnete kündigten an, gegen die Abstimmung vorzugehen. Der FDP-Politiker Florian Toncar begründete den Schritt gegenüber der Deutschen Presse-Agentur damit, dass nur drei Tage vor der endgültigen Abstimmung weitere gravierende Änderungen vorgelegt worden seien, etwa eine Regelung zur Klimaneutralität bis 2045. «Das lässt sich in der kurzen Zeitspanne nicht seriös diskutieren und abwägen», sagte er. Ähnlich lautende Anträge waren allerdings bereits in der vergangenen Woche seitens des Gerichts abgelehnt worden.

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