Mittwoch, Oktober 9

Wochenlang räumten Experten die Trümmer des Unfalls weg. Die Kosten dürften höher ausfallen als bei der Havarie der «Costa Concordia» 2012.

Das 300 Meter lange Containerschiff «Dali», welches vor zwei Monaten den Stützpfeiler einer vierspurigen Autobahnbrücke beim Hafen von Baltimore gerammt hatte, konnte am Montag vom Unfallort abtransportiert werden. Die Francis Scott Key Bridge, mit einer Länge von 2,5 Kilometern, war in der Folge eingestürzt. Dabei kamen sechs Personen ums Leben.

Seit Dienstag ist der Hafen von Baltimore wieder rund um die Uhr für Frachtschiffe geöffnet. Doch der Hafen arbeitet mit beschränkter Kapazität: Der Kapitän des Hafens gab den bisher grössten und tiefsten Zugangskanal zum Hafen für den kommerziellen Schiffsverkehr frei. Er hat eine Breite von über 100 und eine Tiefe von 15 Metern. Eine fast doppelt so breite Fahrrinne soll laut Plänen der Küstenwache bis Ende Monat wieder befahrbar sein.

Am Hafen von Baltimore wurden vergangenes Jahr 52 Millionen Tonnen Güter abgewickelt. Im Bereich der Importe war Baltimore einer der zehn wichtigsten Häfen der Vereinigten Staaten. In den acht Wochen nach der Havarie liefen laut der Küstenwache 500 Handelsschiffe den Hafen von Baltimore an. Einfluss hatten diese Einschränkungen vor allem auf den Handel mit Kohle und Autos.

Trümmer und Stahlträger blockierten die Fahrrinnen

Die Bergungsarbeiten wurden durch verschiedene Faktoren erschwert. Der Gouverneur des Gliedstaates Maryland erklärte die Problematik vor vier Wochen im amerikanischen Sender CNN: «Wir haben ein Schiff, das fast die Grösse des Eiffelturms hat, in der Fahrrinne feststeckt, und die Brücke, die darauf liegt.»

Doch bevor die Aufräumarbeiten beginnen konnten, suchten Rettungskräfte und Taucher im Patapsco River nach vermissten Personen. Zum Zeitpunkt des Einsturzes befanden sich mehrere Arbeiter auf der Brücke. Sie führten Belagsarbeiten durch. Die Blaulichtorganisationen retteten zwei von ihnen, sechs kamen ums Leben. Das letzte Todesopfer konnte erst Anfang Mai geborgen werden.

Das Stahlgerippe der Brücke versperrte nach dem Kollaps den Zugang zum Hafen. Trümmerteile der Stützpfeiler blockierten die Fahrrinne. Damit die Bergung der Trümmer und des Schiffes beginnen konnte, mussten Arbeiter zunächst provisorische Fahrrinnen vorbereiten. Erst dadurch wurden einige Trümmerteile für die Bergungsschiffe zugänglich.

In der Folge schafften Experten Trümmer auf dem Grund des Patapsco River beiseite. Anschliessend zerteilten sie gigantische Brückenteile und Stahlträger, die in den Fluss gestürzt waren. Lastkräne hoben sie aus dem Wasser.

Die havarierte «Dali» verblieb bis Anfang dieser Woche am Unfallort. Laut der «Baltimore Sun» dauerte der Abtransport des Schiffes 21 Stunden und wurde wochenlang vorbereitet. Zuletzt musste ein Brückenteil, das auf dem Bug des Schiffes lag, mit Sprengsätzen zerkleinert und entfernt werden. Bis die letzten Trümmer beseitigt werden, dürfte es laut der Küstenwache bis Juni dauern.

Experten schätzen den Schaden, der durch die Havarie der «Dali» entstand, auf 4 Milliarden Dollar. Die Kosten für die Versicherer wären damit doppelt so hoch wie im Fall des Kreuzfahrtschiffes «Costa Concordia». Das Schiff rammte 2012 einen Felsen, lief auf Grund und kippte zur Seite. 32 Menschen kamen ums Leben.

Warum die «Dali» auf die Brücke prallte, ist noch immer Gegenstand von Untersuchungen. Ermittler befragten auch die 21-köpfige Mannschaft der «Dali», die aus Indien und Sri Lanka stammt. Vermutlich kam es auf dem Schiff zu einem Stromausfall.

Einige Tage nach dem Einsturz der Brücke sagte Präsident Joe Biden bei einem Besuch in Baltimore, seine Regierung werde alles daransetzen, um die für den Vorfall Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Zudem teilte Biden mit, dass die Brücke mit Bundesgeldern wieder aufgebaut werden soll.

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