Donnerstag, Oktober 31

Mit leichten optischen Retuschen und verbesserter Effizienz soll das erste als Batterieauto konzipierte Fahrzeug von VW den Durchbruch schaffen. Sein bestes Argument: tiefere Einstiegspreise.

Das ist kein gutes Zeichen: Nicht einmal drei Jahre nach seiner Markteinführung hat Volkswagen das Elektroauto ID.3 bereits aufgefrischt. Neben leichten Modifikationen an der Fahrzeugfront gab es insbesondere im Bereich der Software einige Neuerungen, die das Auto zum echten Elektro-Volkswagen wandeln sollen. Noch aber verkauft sich der konventionelle VW Golf in der Schweiz besser.

Vor allem beim Preis hat VW den ID.3 attraktiver gestaltet als bisher. Erhältlich ist er mittlerweile ab 39 200 Franken, er ist also fast 5000 Franken günstiger als bisher, was dem allgemeinen Trend der Autohersteller zu tieferen E-Auto-Preisen entspricht – der Tatsache zum Trotz, dass in Deutschland staatliche Prämien nun wegfallen. Der Markt beginnt dort nun zu spielen. In der Schweiz tut er dies bereits, sind die Subventionen doch eher homöopathischer Art.

Doch leider verfällt auch der Schweizer VW-Importeur Amag der alten Sitte des VW-Konzerns, wenig Grundausstattung zu bieten und hohe Margen vor allem bei den Optionen einzufahren. Der Testwagen ist mit dem Assistenzpaket Plus ausgestattet. Es enthält eine Alarmanlage und Fahrassistenten wie Rückfahrkamera und Notbremshilfe und kostet 2510 Franken extra. Die teuerste Option ist das Interieurpaket Plus Dunkel für 4510 Franken. Darin enthalten sind unter anderem beheizbare Vordersitze, Veloursbezüge und ein gut ablesbares Head-up-Display.

Insgesamt kostet der Testwagen mit allen eingebauten Extras 51 870 Franken. Ein voll ausgestatteter Tesla Model 3 mit Heckantrieb wäre preiswerter zu haben.

Interieur

Deutlich mehr als beim Aussendesign ist bei der Verbesserung des Innenraums im ID.3 passiert. Nach wie vor ist der Kofferraum mit 385 Litern für ein fünfplätziges Fahrzeug eher knapp bemessen. Doch die Gestaltung der Sitze, des Multifunktionslenkrads und des nun serienmässig 12 Zoll grossen Mitteldisplays sorgt für mehr Wohnlichkeit und Bedienungskomfort.

Die Funktionalität des Infotainments ist nun intuitiver gestaltet, und endlich gibt es im ID.3 dank neuer Software auch die Möglichkeit, Updates über die Datenwolke einzuspielen. Zudem ist alles etwas schlichter durchgestylt, es gibt nicht mehr unzählige gegeneinander verlaufende Linien und Nähte. Der ID.3 wirkt innen erwachsener als das Vorgängermodell.

Einen deutlichen Schritt nach vorne bedeutet auch das nun leider nur optionale Head-up-Display. VW ist nicht allein mit der zögerlichen Implementierung dieser praktischen und sicherheitsrelevanten Anzeige, auch andere Hersteller scheuen den Aufwand. Wer sich aber einmal an ein Head-up-Display gewöhnt hat, möchte es nicht mehr missen.

Irritierend ist allerdings, dass Funktionen wie eine zweite Zone bei der Klimaanlage, also unterschiedliche Temperaturregelung, je nachdem, wo man im Auto sitzt, extra kosten. Und dies nicht einmalig, sondern im Monats- oder Jahresabo. Solch versteckte Kosten erinnern ans Pay-TV und sind im Auto schlicht ärgerlich. Denn man kauft ein Auto mit bereits eingebauten Funktionen, die man aber erst gegen Entgelt freischalten muss.

Set-up

An der Fahrzeugabstimmung des ID.3 hat VW nichts verändert. Ein adaptives Fahrwerk kann als Option im Exterieurpaket Plus für 3380 Franken gekauft werden. Der Testwagen war jedoch nicht damit ausgerüstet. Weiterhin profitiert der ID.3-Fahrer dank im Fahrzeugboden integriertem Batteriepaket vom tiefen Schwerpunkt und von nur geringfügigen Wankbewegungen der Karosserie.

Gefallen hat der weiterhin gute Wendekreis von knapp über 10 Metern, was den Elektro-VW wendiger als manch anderes Fahrzeug macht. Doch den Vorteil der grösseren vorderen Radmulden nutzen auch andere Hersteller wie Fiat oder Smart, und dies sogar deutlich besser.

Etwas störend sind die Geräusche, die insbesondere die Vorderachse entwickelt, wenn der Wagen über Fahrbahnunebenheiten rollt. Ein deutliches Klopfen ist zu vernehmen, als sei eines der Gelenke in der Aufhängung bereits ausgeschlagen. Bei einem Auto zum Preis jenseits der 50 000-Franken-Schallgrenze erwartet man kein solches Rumpeln.

Antrieb

Erfreulicherweise gibt es den VW ID.3 in der Schweiz nur mit einer Leistung von 150 kW (204 PS), die schwächere Variante mit 104 kW bleibt anderen Märkten als Einstiegsmodell vorenthalten. Doch selbst die höhere Leistung ist für den fast zwei Tonnen schweren ID.3 gerade noch gut genug. Wirklich spritzig wie andere Elektroautos gibt sich der VW nicht.

Hinzu kommt, dass der Testwagen mit der kleineren Batterie und 58 kWh Nettokapazität ausgestattet war. Die von VW angegebene Reichweite von 429 Kilometern konnte nicht annähernd erzielt werden. Dies lag in erster Linie an den winterlichen Temperaturen während des Tests und andererseits an dem oft abgerufenen Maximaldrehmoment von 310 Nm, um den Wagen im Verkehrsfluss zu halten. Wer einen ID.3 kaufen möchte, wähle am besten die grössere 77-kWh-Batterie.

Ökonomie

Aufgrund der genannten Leistungsabfrage und der tiefen Temperaturen war der ID.3-Testwagen des Öfteren zu Gast bei der heimischen Wallbox. Insgesamt verbrauchte das Auto im Test 21,1 Kilowattstunden Strom je 100 Kilometer, was gegenüber dem vom Importeur angegebenen Mischverbrauch von 15,4 kWh / 100 km ein Plus von 33 Prozent ausmacht. Insbesondere aufgrund dieser – im Winter durchaus zu erwartenden – Differenz ist es unverständlich, dass der Testwagen nur mit der kleineren Batterie verfügbar war.

Was den Verbrauch hätte verringern können, wäre das gutgemeinte vorausschauende Fahrsystem, das etwa vor Kreuzungen und Ampeln die Geschwindigkeit selbsttätig verringert. Nur ist das Ausmass der Energierückgewinnung (Rekuperation) durch die Verzögerungsenergie sehr gering. Selbst bei längeren Bergabfahrten ist eine Zunahme der Reichweite nicht ablesbar. Das kann die Konkurrenz von Tesla, Renault und anderen besser.

Fazit

Wer einen VW ID.3 kauft, setzt auf eine bewährte Marke mit langjährigem Renommee. Ein Schnäppchen ist der Wagen nicht, ein herausragendes Design ist ebenfalls kein Attribut des Fahrzeugs, die Technologie gehört auch nicht zur Avantgarde. Insofern erinnert der ID.3 ein wenig an den altbewährten VW Golf. Und der soll ab 2028 in neunter Generation nur noch elektrisch angetrieben sein. Dann steht der ID.3 vielleicht schon im Museum.

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